Wie sinnvoll es war, die Windkraft in Europa deutlich auszubauen, zeigte sich erstmals 2022 so richtig: Die Strompreise gingen durch die Decke (und bleiben dort wohl noch länger) und mit jeder Kilowattstunde Windstrom wird auch anteilig weniger Gas benötigt. Das zeigt sich insbesondere aktuell in Deutschland: Weht der Wind kräftig, wird deutlich weniger Gas und Kohle verstromt und die Strompreise sinken.
Und da Österreich besonders im (windreichen) Winter sehr von Energieexporten aus Deutschland abhängig ist, profitieren auch wir massiv von den deutschen Windkraftwerken - und füllen uns mit deutschem Windstrom auch gerne günstig die Pumpspeicherkraftwerke an.
Während Deutschland 2022 mehr als 25% seiner Stromerzeugung via Windkraftwerke erbracht hat, sind es in Österreich zur Jahreswende 2022/2023 etwas mehr als 11% des heimischen Stromverbrauchs. Da zeigt sich schon klar: Da hat sich jemand (die Politik) zu lange auf günstige Erdgasimporte, Stromimporte und die Wasserkraft verlassen - und muss aktuell rund 11,5% des Nettostrombedarfes importieren.
Bis 2030 möchte Österreich auf 100% Grünstrom (natürlich nur rechnerisch) kommen - die Zeit wird immer knapper, das Ziel rückt immer weiter in die Ferne.
Während die Photovoltaik 2022 ein wahres Boomjahr erlebte (2023 wird wohl ähnlich gut oder sogar besser), konnte die Windkraft in Österreich im Vorjahr nur relativ kleine Zuwächse vermelden.
Laut jüngsten Daten der Interessensvertretung IG Windkraft gab es 2022 einen Nettozuwachs von 68 Windrädern und einen Nettozuwachs von 289 Megawattstunden Leistung. Neue Windräder wurden 2022 90 Stück in Betrieb genommen (mit 328 MW Leistung) - nachdem aber auch 22 (kleinere) Anlagen abgebaut wurden (derzeit werden häufig ältere kleine Anlagen durch deutlich stärkere größere Windräder ersetzt), reduziert das natürlich den Zuwachs entsprechend.
Damit liegt der Zuwachs im Vorjahr auf dem Niveau des Jahres 2012 - und ist deutlich zu gering, um politisch immer wieder angekündigte Ziele auch nur irgendwie zu erreichen...
Zum Jahreswechsel 22/23 waren in Österreich somit 1.374 Windräder in Betrieb, deren Leistung liegt bei 3.586 MW. Dadurch können in normalen Windjahren 8,3 Mrd. kWh Strom erzeugt werden, was ca. dem Stromverbrauch von 2,4 Mio. Haushalten oder von etwas über 11% des österreichischen Stromverbrauchs entspricht.
Der Ausbau erfolgte auch 2022 wieder hauptsächlich in den "klassischen Windkraftbundesländern": In Niederösterreich waren es 39 neue Anlagen, im Burgenland 33 Stück, in der Steiermark 9 Stück, in Kärnten 8 Stück und in Oberösterreich wurde ein neues Windrad in Betrieb genommen. Erwähenswert hier Kärnten, welches sich im Bestand von 2 auf 10 Stück steigerte.
Niederösterreich ist mit 762 Windrädern (1.862 MW Leistung) klarer Windkraftkaiser, Burgenland mit 448 Windrädern (1.346 MW) klarer Kronprinz. Es folgt die Steiermark mit 114 Windrädern (294 MW), dann Oberösterreich (31 Windkraftwerke, 50 MW), nunmehr Kärnten (10 WR, 28 MW) und schließlich Wien mit 9 Windrädern (7 MW). In den westlichen Bundesländern (Salzburg, Tirol und Vorarlberg) ist die Windkraft immer noch nicht angekommen - hier baut man wohl lieber Seilbahnen und Schneekanonen...
Aktuell sind laut IG Windkraft 150 Windräder mit einer Leistung von 800 MW im Genehmigungsverfahren - bei einer aktuellen Genehmigungszeit von 5-8 Jahren (!) kann man sich grob ausrechnen, dass man (wird hier politisch nicht endlich beschleunigt) die Klimaziele im Bereich Windkraft weit verfehlen wird. Auch die letzten Ausschreibungen waren für die Windkraftwerksbetreiber nur wenig attraktiv.
Im Förderregime befinden sich derzeit (ob der hohen Strompreise am freien Markt) ohnehin kaum bzw. keine Windräder - die Betreiber vermarkten den Strom aktuell lieber selbst.
Auch wenn 2022 der Wind unter Durchschnitt wehte, war damit für die klassischen Windstromproduzenten ein wirklich fettes Jahr. Sehr wohl werden die Ökostrombetreiber seit 1.12.2022 mit der neuen "Übergewinnsteuer" massiv belastet: Bei Erlösen von über 140 Euro pro Megawattstunde im Stromverkauf (Grenze von Euro 180, wenn in grüne Energie investiert wird) schlägt die Steuer mit 90% (!) auf die Übergewinne zu.
Kaum wird Windkraft (und Photovoltaik) endlich so richtig rentabel und die einschlägigen Unternehmen könnten weiter kräftig investieren bzw. ihren dicken Schuldenrucksack etwas abtragen, schlägt die Steuer gewaltig zu. Aber hier gibt es sogar seitens der betroffenen Unternehmen oft Verständnis - schließlich sind die hohen Strompreise (und die dadurch resultierenden hohen Gewinne) ja der Preisfestsetzung via Merit-Order (wo derzeit in der Regel das teure Gas den Preis macht) geschuldet. Mit 14 oder 18 Cent pro Kilowattstunde lässt sich aber übrigens bei allen Erneuerbaren immer noch recht gut leben!
Aus einem geplanten Zuwachs von 427 MW im Vorjahr wurden also nur 289 MW - jährlich sollten es aber rund 500 MW sein...
Laut IG Windkraft sind 2023 nur in Niederösterreich, Burgenland und der Steiermark Inbetriebnahmen von neuen Anlagen in Sicht.
Ein Zubau von 240 MW für 2023 wird seitens IG Windkraft erwartet - das "Loch" zu den jährlichen 500 MW wird also laufend größer. Ende 2023 sollen damit 1.427 Windkraftwerke in Betrieb sein, 3.826 MW installierte Leistung am Netz.
So nicht die Politik Ausschreibungen attraktiver macht und aus Ankündigungen nicht Taten werden (die auch in die Amtsstuben von Gemeinden und Länder vordringen), sieht es mit den Ausbauzielen bei der Windkraft trotz Umweltministerin von den Grünen eher trüb aus. So manches Unternehmen investiert dann auch lieber im Ausland als in Österreich...
Während man als Privater bei der Photovoltaik oft selbst tätig werden kann (und sei es nur ein Balkonkraftwerk, welches sich aktuell sogar rechnen würde), ist man bei der Windkraft eher nur Zuseher oder Investor. Klein-Windkraftwerke sind nämlich ziemlich weit weg von der Rentabilität und auch noch nicht wirklich im Markt etabliert - wiewohl es da schon sehr viele Anbieter (aber noch wenig Erfahrungen) gibt.
Möchte man in Windkraft investieren, eignen sich zum Beispiel Aktien der Burgenland Holding, der EVN (ist sehr fossil, baut aber laufend Windkraft zu), der Windkraft Simonsfeld, der WEB Windenergie oder der oekostrom AG. Die Aktien der letzten 3 Windkraftpioniere sind 2023 schon deutlich teurer als noch vor 2 Jahren - haben aber langfristig ob der wohl weiterhin hohen Strompreise und des dadurch sehr rentablen Geschäftsmodells weiterhin gute Aussichten. Trotz Übergewinnsteuern, die hoffentlich (wie auch die extrem hohen Strom- und Gaspreise) bald der Vergangenheit angehören.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Jänner 2023