Deutschland: Gut gemacht! Per 15.4.2023 gehen die letzten deutschen Atomkraftwerke vom Netz - nur mit einigen Monaten Verspätung laut ursprünglichen Plänen (31.12.2022), welche ob der möglichen Energieknappheit durch den Ukraine-Krieg im Winter zu einer kurzen Laufzeitverlängerung der noch laufenden Kernkraftwerke Deutschlands führten.
Der Winter ist nun (sehr solide) überstanden, die Gaslager sind gut gefüllt und somit steht dem Abdrehen der restlichen 3 Kernkraftwerke nichts entgegen.
Der im Juli 2011 (nach dem Fukushima-Unglück) beschlossene Atomausstieg Deutschlands war durchaus eine heftige Übung. Im Gegensatz zu Österreich (wo das fertige Atomkraftwerk Zwentendorf nach Volksentscheid gar nicht in Betrieb ging) gibt es in Deutschland seit 1961 Kernkraftwerke und im Jahr 2010 betrug (lt. Fraunhofer ISE) der Anteil der Atomkraft an der Nettostromerzeugung Deutschlands noch fette 24,8%. Damit war Atomkraft auch die Nummer 1 unter den Stromquellen.
Dieses Viertel Atomstrom galt es nun sukzessive zu ersetzen - und das idealerweise nicht mit Braun- oder Steinkohle, die in Deutschland auch sehr massiv zur Stromerzeugung eingesetzt wurden und werden.
Dass dies aber eindrucksvoll gelang (auch mit hohen Förderungen und folglich auch hohen Strompreisen für die Deutschen), sei mit folgenden Zahlen dokumentiert:
Aus den 24,8% Atomstromanteil in der Nettostromerzeugung im Jahr 2010 wurden 2015 nur noch 15,9% - Atomkraft fiel auf Platz 3 der Erzeugungsquellen zurück. 2020 waren es dann nur noch 12,5% Atomstromanteil. Im Vorjahr (2022) lag die Atomkraft überhaupt nur noch auf Platz 7 bei den Quellen - 6,7% an der Erzeugung wurden errechnet. Und in den ersten Monaten 2023 fiel der Atomstromanteil auf bescheidene 4,6% - das Abschalten per 15.4.2023 wird demnach nicht zu Stromengpässen führen.
Deutschland hat den Wegfall von Atomstrom aber nicht nur mit Kohle kompensiert (was einfacher wäre - beide Varianten sind sehr stabile Stromlieferanten und somit sehr wertvoll für stabile Netze) - sondern auch sehr viel in den Ausbau der Erneuerbaren investiert.
Wurden 2010 gerade einmal 19,1% erneuerbare Energieträger in der Stromerzeugung Deutschlands erfasst, so waren es 2022 schon 49,6%.
Lag der Anteil von Windstrom 2010 noch bei 7,2%, so war der Wind 2022 mit 25,1% der Stromerzeugung schon Nummer 1!
Auch der Strom aus Photovoltaik (Solar) wurde massiv ausgebaut und trägt dieser Tage untertags (wo ohnehin mehr Strom benötigt wird als in der Nacht) auch schon massiv dazu bei, dass Deutschland ein Stromexportland geworden ist: 2010 waren es noch bescheidene 2,2% der Stromerzeugung, 2022 schon nette 11,8%.
Sehr stark (aber auch teuer) hat Deutschland auch die Biomasse zur Stromerzeugung gefördert: Die liegt aktuell bei 8,5% Anteil an der Stromerzeugung.
Auch wenn der Anteil von Fossilen (primär Braunkohle, Steinkohle und Gas) in der Stromerzeugung in Deutschland 2022 mit 43,5% noch immer sehr hoch ist: Die Energiewende geht nicht von heute auf morgen - und Deutschland hat zumindest deutlich bewiesen, dass man Probleme nicht nur mit Ankündigungen löst.
Hier könnte sich Österreich jedenfalls ein Beispiel nehmen und sich nicht weiterhin auf die ursprünglich guten Zahlen (Wasserkraft sei dank) verlassen: Der Strombedarf wird nämlich laufend höher, die Exportabhängigkeit ebenfalls und die Wasserkraft gerät mit dem Klimawandel auch in Österreich ziemlich unter Druck.
Da nützt es nichts, wenn ein paar Tage (wie wohl in den nächsten Tagen) die Flüsse wieder besser gefüllt sind: A la longue müssen da noch viel mehr Windkraftwerke, Photovoltaikanlagen, Geothermieprojekte, Speicherkraftwerke (mangels schon funktionierender Alternativen notwendig) und auch Biomasseanlagen her.
Wer heute noch in unseren Breiten auf Atomkraft (die CO2-technisch und als Grundlastproduzent ja positiv zu bewerten wäre) steht, sollte sich einmal bei seriösen Quellen erkundigen, was die jüngsten Atomkraftwerke in Europa preislich für die eigene Stromrechnung bedeuten. Das sollte auch die letzten Atom-Befürworter umdenken lassen. Von Endlagern oder gar Kraftwerksunfällen gar nicht zu reden...
Atomausstieg Deutschland: Bravo, Übung gelungen! Es geht was, wenn die Poltik will und sich auch traut.
Ad hoc-Meldung - April 2023