Über den Herrn Putin wird man wohl auch in Zukunft nicht viel positives sagen können. In Sachen "Ausbau der Erneuerbaren" haben die Russen mit dem Überfall auf die Ukraine sowie dem folgenden Preisschub bei Energie aber durchaus einige Menschen zum Nachdenken über ihre Energieversorgung gebracht. Und das hat sich schon 2022 sehr positiv auf die Erneuerbaren ausgewirkt, wie die neuesten Zahlen des Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation & Technologie bezüglich "Innovative Energietechnologien" beweisen:
Dieser Tage haben sich die meisten Energiepreise ja schon wieder beruhigt. Österreichs Installateure und Elektriker hatten ob der extremen Energiepreise schon 2022 ein stressiges (und wohl auch fettes) Jahr, 2023 wird diesbezüglich (auch ob vieler schon 2022 georderten, aber noch nicht lieferbarer Anlagen) wohl ebenso fein.
Schon die Zahlen für 2022 zeigen, dass extrem viele Haushalte nun den Ölkessel bzw. die Gasheizung rausgeworfen haben und nun auf ökologischere bzw. modernere (und auf Dauer wohl auch günstigere) Heizsysteme setzen. So zog die Anzahl der neu installierten Biomassekessel 2022 um tolle 64% an. Zumeist handelte es sich dabei um Pelletsöfen (24.600 Stück, ein Plus von 87%), aber auch das längst unmodern gewordene Stückholz zog kräftig an und auch die Stückholz-Pellets-Kombi verkaufte sich 2022 deutlich häufiger.
Mit einem Plus von 60% im Vorjahresvergleich wird die Wärmepumpe in Österreich auch immer häufiger - und ist im Neubau ohnehin schon länger die Nummer 1. Mehr als 60.000 Stück Wärmepumpen wurden 2023 neu installiert, die meisten davon zwecks Heizung und Brauchwasser. Fast 450.000 Stück Wärmepumpen sind mittlerweile in Betrieb (oft in Kombi mit einer Photovoltaikanlage) - in einigen Jahren könnte die Wärmepumpe dann durchaus Nr. 1 bei den Heizsystemen sein (derzeit Fernwärme vor Erdgas).
Der Nachteil der Wärmepumpe: Diese benötigt relativ viel Strom und erhöht damit (deutlich stärker als das Elektroauto) den heimischen Stromverbrauch. Eine Abhängigkeit vom Strompreis (den immer noch häufig die teuren Fossilen dominieren) ist somit leider gegeben - hier optieren aber viele Menschen (wohl nicht zu unrecht) lieber für Strom als für Gas...
Ein Rekordjahr gab es 2022 für die Photovoltaik. Die extrem hohen Strompreise veranlassten sehr viele Hausbesitzer, Landwirte, Unternehmen etc., sich rasch eine Photovoltaikanlage auf die Dächer (und sonstwohin) montieren zu lassen. Der Boom bei den Photovoltaikanlagen war sogar deutlich sichtbar, wenn man nur mit diesbezüglich offenen Augen durch die eigene Wohngegend ging...
So errechnete man für 2022 einen Zubau von großartigen 1.009 MWp und konnte damit die Gesamtleistung auf nunmehr 3.792 MWp steigern. Eine Zahl, die diesen Sommer (ob viel weiterer Neuinstallationen in der ersten Jahreshälfte 2023) wohl schon deutlich höher ist. Vielleicht gibt es 2023 sogar gleich den nächsten Rekordzuwachs - denn viele Installateure und Elektriker konnten 2022 aus Zeit- und Materialgründen gar nicht mehr liefern.
Ob der hohen Nachfrage nach Wechselrichtern und Modulen zogen die Preise 2022 deutlich an (10 bis 20%) - und auch 2023 wird die Photovoltaikanlage wohl nicht günstiger werden. 90% der neuen Anlagen wurden mit Förderungen errichtet - ein guter Anreiz, der aber (nachdem die meisten Anlagen höchst profitabel sind) eigentlich wirtschaftlich gar nicht mehr notwendig wäre.
Ob es gelingt, bis zum Jahr 2030 insgesamt 13.000 MWp Leistung zu installieren, ist aber nach wie vor unsicher - noch mehr, wenn bis 2040 50.000 MWp installiert werden sollen. Derzeit werden ja primär Dächer mit Modulen bestückt - früher oder später wird hier wohl eine starke Diskussion in Sachen Agrar-Photovoltaik ausbrechen.
Der aktuelle Boom bei der Photovoltaik wirkt sich übrigens auch schon positiv (senkend) auf die Stromlast aus: Durch den Eigenverbrauch sinkt diese an sonnigen Tagen (bzw. vom Frühling bis in den Herbst) deutlich. Gerade unter Tags ist dieser Strom besonders wertvoll.
Mit den vielen neuen Photovoltaikanlagen kamen 2022 auch viele neue Speicher in die Haushalte und Unternehmen: 17.111 neue Stromspeicher wurden hier gezählt - was zum Jahreswechsel eine Gesamtanzahl von 37.130 Stück (mit Speicherkapazität 481,4 MWh) ergab. Auch schon durchaus helfend (insbesondere im Sommer) in Sachen Stromlastsenkung. Die meisten Speicher sind dieser Tage bummvoll (werden in der Regel kleiner dimensioniert als die Photovoltaikanlage) und leeren sich nur etwas in den dunklen Stunden. Für die Geldmarie sind Speicher aber noch zu teuer - diese machen derzeit primär in Sachen Autarkie Sinn und rechnen sich wohl erst, wenn die Strompreise länger auf dem Niveau 22/23 bleiben. Hier wage ich aber noch keine Prognose.
Rückläufig übrigens seit vielen Jahren ist die Solarthermie. Hat man diese vor vielen Jahren oft zwecks Warmwassererzeugung installiert, so hat hier die (größere) Photovoltaikanlage schon länger den Vorzug erhalten.
Wenig vom "Putin-Boom" ist hingegen noch bei der Windkraft zu sehen. Das ist primär damit zu begründen, dass hier seitens Regierungen in den letzten Jahren zu wenig in Sachen Förderung und Bewusstseinsbildung unternommen wurde und Windkraftwerke eine deutlich längere Planungszeit benötigen als die Photovoltaik (oft 5 bis 10 Jahre!).
Trotzdem sorgten zum Jahreswechsel 22/23 1.366 Windkrafträder für eine Leistung von 3.560 MW und eine durchschnittliche Jahresproduktion von 8,2 TWh. Das sind immerhin schon rund 11% des heimischen Stromverbrauchs. Durch die langen Genehmigungs-, Bau- und Anschlusszeiten wird es bei der Windkraft wohl schon jetzt sehr schwierig, die Ausbauziele bis 2030 zu erreichen. Insbesondere die Länder zeigen sich hier oft als Bremser - und ein Windrad lässt sich natürlich auch schwerer "verkaufen" als eine Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach...
Windkraft ist aber insbesondere dann sehr wichtig, wenn viel Wind geht: Im Herbst und im Winter reicht nämlich unsere Wasserkraft zumeist nicht aus, den Strombedarf Österreichs abzudecken - teure Importe von Kohle- und Atomstrom sind dann notwendig. Windkraftüberschüsse lassen sich in Österreich sehr gut mittels Pumpspeicherkraftwerken speichern - hier gilt es aber noch kräftig ins Netz (und auch den unpopulären Ausbau von Speicherkraftwerken) zu investieren. Denn produziert wird Windkraft zumeist im Flachland - Pumpspeicher sind hingegen in den Bergen gut aufgehoben...
In Summe: 2022 war ein feines Jahr für die Erneuerbaren - 2023 wird wohl ähnlich gut. Die Richtung stimmt - Probleme gibt es allerdings noch viele zu lösen.
Ad hoc-Meldung - Juni 2023