Die Banken haben in den letzten Jahren eher gute Zeiten verzeichnet: Zum Nullzins ausgeliehenes Geld ließ sich wunderbar in Kredite umwandeln und die NPL-Quoten (Kredite die nicht rückbezahlt werden) waren auch ob staatlicher Corona-Hilfen relativ überschaubar. Kein Wunder also, dass die Banken nun angesichts weiterhin hoher Gewinne in den Fokus der (oft populistischen) Politik geraten.
So fordern einige (Oppositions-) Politiker nun wieder eine höhere Bankenabgabe und aktuell hat Sozialminister Rauch und der VKI die niedrigen bzw. nicht vorhandenen Habenzinsen auf Girokonten in die Diskussion gebracht. Auch wenn der VKI nun eine Klage gegen die Bank Austria auf den Weg gebracht hat - eine "Sommerlochdiskussion", wie die Geldmarie meint.
Die Geldmarie stand ja einige selbst im Solde der Bank Austria und sieht daher die Entwicklungen auf dem Bankensektor (bzw. auch der Bank Austria) mit einem besonders kritischem Auge - bei der aktuellen Diskussion um die Habenzinsen auf Girokonten tendiere ich aber eher zur "Bankenmeinung".
Denn schon früh lernt man in der Bankenausbildung: "Girokonten dienen dem Zahlungsverkehr". Sind also ziemlich eindeutig kein Sparprodukt...
Soweit Habenzinsen auf dem Girokonto bezahlt wurden, waren diese immer schon extrem niedrig - schließlich sind diese Gelder für die Bank ja auch nicht wirklich wertvoll da diese jederzeit abgerufen werden können. Wenn schon Kritik, dann sollte man diese eher an den Sollzinsen für Kontoüberziehungen üben, welche dieser Tage schon oft wieder zweistellig ausfallen.
Hier gilt es aber festzuhalten, dass es sich hier um unbesicherte und nicht verbriefte Kredite handelt - die also für die Banken das höchste Risiko darstellen. Für Private sind solche Überziehungen extrem teuer und sollten auch in den meisten Fällen (außer vielleicht ganz kurzfristig) vermieden werden - ist man längere Zeit im "Dauerminus", sollte man unbedingt auf einen geregelten Privatkredit umschulden. Der ist in der Regel deutlich günstiger.
Ja, es ist schon ein wenig traurig, dass die Banken zumeist nur Null, 0,01% oder 0,1% Habenzinsen für die Guthaben auf Girokonten bezahlen. Es ist dieser Tage aber schon sehr einfach geworden, nicht benötigte Guthaben mit einer einfachen Umbuchung auf eine Sparform umzubuchen.
Für ungebundene Einlagen ("Tagesgeld") kriegt man bei vielen Direktbanken derzeit 1 bis 2 % Zinsen (via Aktionszinsen derzeit sogar oft mehr), kann man das Geld einige Zeit entbehren, so gibt es für "Festgeld" (gebundene Einlagen) noch deutlich mehr. Kritik seitens Politik & Co. wäre hier eher daran angebracht, dass beim Tagesgeld und beim Festgeld in Österrreich der Markt nicht derart gut funktioniert wie z.B. in Deutschland, wo die Bestzinsen dieser Tage etwas höher sind als bei uns.
Auch sollte man durchaus Kritik daran üben, dass viele "Großbanken" schlichtweg keine attraktiven Angebote für Tagesgeld und Festgeld anbieten - hier kann sich der mündige Konsument aber sehr rasch und selber wehren, indem er die Gelder einfach zu den Direktbanken umbucht!
Eine Verbandsklage gegen den Bankensektor in Sachen Habenzinsen hat meines Erachtens wenig Sinn: Maximal kann man die Banken wohl dazu zwingen, einen Mindestzinssatz von z.B. 0,01% auf Girokonten einzuführen - die Gestaltung dieses Zinssatzes an die Sollzinsen zu koppeln, wäre wohl ein ziemlich unmögliches und auch unlauteres Vorhaben.
Steigen die Sollzinsen von 8% auf 12% (wie z.B. zuletzt oft der Fall), kann man die Habenzinsen nicht an diese koppeln - denn immerhin handelt es sich beim Giroguthaben um Zahlungsverkehrgeld welches die Bank nicht 1:1 bei der EZB anlegen kann...
So sehr man die Großbanken in Sachen Gebühren, Weitergabe von Zinsanstiegen im Sparbereich oder auch der Filial- und Bankomatenanzahl seitens Konsumentenschutz und Politik im Auge behalten sollte - der aktuelle Vorstoß bei den Girokonto-Habenzinsen geht wohl ins Leere...
Ad hoc-Meldung - August 2023