Angesichts der angeschlagenen Wirtschaftslage in der Eurozone ist es fast ein wenig überraschend, dass die EZB heute die Leitzinsen um weitere 0,25% auf nunmehr 4,5% angehoben hat.
Die bereits 10. Anhebung hintereinander lässt den Schluss zu, dass die EZB primär am Abwürgen der noch immer hohen Inflation (Euroraum über 5%) interessiert ist - dabei aber Gefahr läuft, das Wirtschaftswachstum (bisweilen nur 0,8%) gänzlich zum Erliegen zu bringen.
Auch die Einlagensätze für Banken werden erhöht - nach 3,75% erhalten die Banken nunmehr 4% für geparkte Gelder.
Schon im Vorfeld der EZB-Tagung wurde teilweise erwartet, dass man die Leitzinsen nun nicht mehr erhöht - die aktuelle Erhöhung sollte aber nun die vorerst letzte Erhöhung (vielleicht auch für viele Jahre) sein.
Schon derzeit besteht in Europa massive Rezessionsgefahr - und eine Stagflation (=hohe bzw. steigende Inflation bei nicht oder nur leicht wachsender Wirtschaft) ist schon gegenwärtig gegeben und auch für Teile von 2024 zu befürchten.
Die Leitzinserhöhung ist natürlich eine schlechte Nachricht für Kreditnehmer bzw. hoch verschuldete Unternehmen. Es bleibt aber zu hoffen, dass die Inflation nun im Jahresrest 2023 doch noch deutlich zurückgeht und die EZB spätestens 2024 (zwecks Vermeidung von Rezession) die Zinsen wieder schrittweise nach unten schraubt.
Während Kreditnehmer voraussichtlich also noch ein paar Monate durchhalten müssen, wird es für konservative Anleger aber wohl bald spannend:
Insbesondere bei Direktbanken gibt es mittlerweile wieder Zinssätze für Festgelder (mit fixer Laufzeit und fixen Zinsen), welche die Bezeichung "Zinsen" auch wirklich verdienen:
So bietet derzeit die Kommunalkredit Austria auf 1 Jahr Bindung immerhin 3,50%, die Renault Bank direkt und die Santander beide 3,30%.
Auf 3 Jahre Bindung hat die Kommunalkredit Austria 3,60% im Angebot (ab 10.000 Euro) - man sieht auch deutlich, dass sich die Banken bei längeren Laufzeiten mit den Zinssätzen weiterhin zurückhalten. Auf längere Sicht (ein paar Jahre) werden wohl wieder niedrigere Zinssätze bzw. sogar eine Zinsflaute wie vor 2022 erwartet.
Dies zeigt auch der Zinssatz, den die Kommunalkredit derzeit für 10 Jahre Laufzeit bietet: 3,60% ist nur ein Zehntelpunkt mehr als für 1 Jahr Laufzeit.
Wer ebenfalls der Ansicht ist, dass die Zinsen schon bald (oder im nächsten halben Jahr) wieder ins Sinken kommen, kann sich durchaus überlegen, ob es nicht in den nächsten Monaten sinnvoll ist, längere Bindungen mit Fixzinsen einzugehen.
Aktuell sind die 3 bis 4 Prozent Bestzinsen beim Sparen zwar noch immer ein Realwertverlust, fallen die Zinsen aber wieder deutlich, könnte man damit in den nächsten Jahren vielleicht sogar den Gelderhalt schaffen. Was bei Sparprodukten mit Einlagensicherung schon länger nicht mehr der Fall war...
Eile ist derzeit aber wohl noch nicht geboten - immerhin wurden die Leitzinsen gerade wieder erhöht. So bei den nächsten Zinssitzungen der EZB aber die Erhöhungswelle beendet wird oder gar eine Leitzinssenkung ansteht, dürften sich auch die Sparzinsen beim Festgeld wieder rasch reduzieren.
Ad hoc-Meldung - September 2023