Seitdem die Notlage der Signa Holding (und einige zum unübersichtlichen Konzerngeflecht gehörenden Firmen) bekannt wurde, stürzen sich viele mit Häme auf Rene Benko & Co., die es "eh schon immer gewusst" haben. Dabei ist Benko nur das prominente Gesicht einer Branche, die viele Jahrzehnte nicht viel falsch machen konnte und vielfach stinkreich wurde - die Immobilienbranche.
5 Milliarden Schulden seitens Signa Holding werden kolportiert, Aktiva (die noch "zerfließen" könnten) von 2,7 Milliarden Euro ebenso. Für viele Geldgeber von Signa & Co. (damit sind die unzähligen Subfirmen mitgemeint) wird es wohl einen Totalausfall setzen - nur wer sich seine Kredite besichern hat lassen (wie wohl einige Banken), wird zumindest auf ein wenig Substanz zurückgreifen können.
Signa bzw. Benko stehen hier aber nur stellvertretend für eine Branche, die spätestens 2022 ziemlich in Bedrängnis gekommen ist:
Lange Jahre profitierte die Immobranche von niedrigen Zinsen und viel Geld am Markt, welches auf unendliches Wachstum und Wertzuwachs bei Immobilien aller Art hoffte. Das ging in der Regel auch sehr gut - bis 2022 die gewaltige Blase platzte. Zwar nicht via "Explosion", dafür schleichend und wohl auch nachhaltig.
Die Pleite der Signa ist nur der mediale Höhepunkt (hoffentlich bleibt es dieser auch) einer Krise, die sich eigentlich schon viele Jahre anbahnt:
Billiges Geld und kaum vorhandenes Eigenkapital in der Branche waren klare Voraussetzungen dafür, dass sich bei starken Marktveränderungen früher oder später die Marktlage bei Immobilien verschlechtern wird - zu lange lief das einfache Konzept des Immobilieninvestments gut.
"What goes up, must come down", sang schon Tom Petty in "Learning to fly" - der Höhenflug der Immobranche endete nunmehr 2022 massiv: Steigende Zinsen, nachlassende Nachfrage und auch strengere Kreditbedingungen waren die Grundlage für die aktuelle Bruchlandung so mancher Immobilienunternehmen. Und so manche Immobilienpreise waren schlichtweg auch schon zu hoch und für "Normalsterbliche" nicht mehr leistbar.
Nachdem die Geldmarie auch das Crowdinvesting in Immobilien testet (mit kleineren Beträgen), kann man schon aus den dort gemachten Erfahrungen schließen, dass das "einfache Immobusiness" seit 2022 einen massiven Knick hinnehmen musste und so mancher Totalausfall droht bzw. schon Tatsache ist. Aber wer in Nullzinsphasen 7% auf ein Investment versprochen bekommt, sollte schon wissen, dass hier auch Ausfälle nicht unwahrscheinlich sind.
Die Probleme im Immosektor sind natürlich kein rein österreichisches Problem - überall im europäischen Ausland hat die Branche die gleichen (oben genannten) Troubles.
Hinzu kommt auch die derzeit sehr schwach laufende Wirtschaft (Rezessionsphase) - die wohl auch noch 2024 keine wirklichen Sprünge machen wird. Wie lange nun die Konsolidierung der Immobilienbranche andauert, ist aktuell (auch mangels fehlender Erfahrungswerte - in den letzten Jahrzehnten konnte man in dieser Branche wirklich nicht viel falsch machen, es ging stetig bergauf) schwer zu beurteilen.
Geld ist aber natürlich nach wie vor da und wird früher oder später auch wieder in Immobilien fließen. Je schneller die Zinsen nach unten gehen, desto rascher wird sich auch die Branche wieder erholen. Und der Ausfall von einigen Marktteilnehmern kann langfristig oft auch positiv sein. Um den Herrn Benko muss man sich jedenfalls wenig Sorge machen - der hat sich wohl schon ein solides und unantastbares Privatvermögen aufgebaut. So smart darf man den Herrn schon einschätzen...
Auch wenn die Signa-Pleite (sowie wohl auch weitere Pleiten, die weniger intensiv kolportiert werden) heftig ist - es trifft hier vielfach keine Armen. Die kreditgebenden Banken können diese Pleite (bei derzeitigen Rekordgewinnen) wohl locker wegstecken, 2024 wird es aber wohl mit Rekordgewinnen eher vorbei sein und die "non-performing-loans" werden deutlich mehr. Trotz Besicherungen sind Immokreditausfälle für Banken natürlich negativ.
Was man aus der Signa-Pleite schon (politisch und regulativ) mitnehmen sollte: Solche undurchsichtigen Konstrukte wie das Signa-Geflecht sollten verunmöglicht werden. Eine stärkere Regulierung (= Bilanzlegungspflichten für derarige GmbH-Ansammlungen) ist unbedingt notwendig.
Ad hoc-Meldung - Dezember 2023