Gute Nachrichten in schwierigen Zeiten gefällig? Bittesehr: 2023 wird in Sachen Stromproduktion in Österreich ein sehr positives Jahr. Wenige Tage vor Jahresende ist dies schon fix und die folgenden Zahlen von ISE Fraunhofer zeigen deutlich, dass hierzulande in Sachen Dekarbonisierung der Stromerzeugung endlich etwas passiert. Wiewohl dies auf Faktoren beruht, die sich die heimische Politik nur zum Teil auf die Fahnen heften darf...
Die Zahlen sehen jedenfalls erfreulich aus: Bei einer Gesamt-Nettostromerzeugung von bisher (Stand 19.12.2023) 51,93 TWh entfallen 45,03 TWh (86,7%) auf Erneuerbare und nur 6,90 TWh (13,3%) auf Fossile. Das sind (auch wenn in den letzten Tagen des Jahres die Fossilen üblicherweise noch ein wenig zulegen) absolute Rekordwerte für die Erneuerbaren. Im Vorjahr lag der Anteil der Erneuerbaren noch bei 78,4%.
Die heimische Stromproduktion steht und fällt immer schon mit der Wasserführung der Flüsse bzw. auch ein wenig der Speicherseen.
28,97 TWh Strom durch Laufwasserkraftwerke wurden bisher im Jahr 2023 gewonnen - das sind starke 55,8% der gesamten Nettostromerzeugung Österreichs. Im gesamten Vorjahr waren es noch 24,1 TWh bzw. 48,3% des Gesamtstromkuchens.
2023 wird jedenfalls ein Jahr mit guter bzw. sehr guter Wasserführung (auch der Neusiedler See hat sich übrigens schon recht gut erholt) - starke Niederschläge führten sogar dazu, dass Österreich im November 2023 ausnahmsweise (in den Wintermonaten fast nie der Fall) zum Stromexporteur wurde und auch bisweilen im Dezember nur wenig Strom importieren muss.
Auf Platz 2 der Stromproduzenten in Österreich wird 2023 erstmals die Windkraft landen: Bisher 7,84 TWh Produktion mittels Windkraftwerken sind ein Anteil von 15,1% und wird auch 2023 wieder einen neuen "Stromernterekord" für die Windkraftbranche bringen. Der Zuwachs fällt aber 2023 eher bescheiden aus (Vorjahr 14,4%) - Windkraftbetreiber kämpfen nach wie vor mit viel Bürokratiehürden bzw. auch Lokalpolitik und Windkraft-Gegnern. Auch der zögerliche Netzausbau sorgt hier oft für Probleme.
Abgerutscht auf Platz 3 der Stromerzeugung ist Gas. Gaskraftwerke sind besonders in der kalten Jahreszeit wichtig für die heimische Stromerzeugung, werden aber oft auch bei Stromengpässen eingeschaltet. Mit bisher 6,29 TWh Produktion aus Gaskraftwerken kommt Gas auf einen Anteil von bisher 12,11% und wird in den restlichen Tagen des alten Jahres die Windkraftproduktion nicht mehr einholen. Im Vorjahr hatte Gas noch einen Anteil von 20,33% - die hohen Gaspreise (aber auch die warme Witterung und die Verfügbarkeit von Alternativen) haben aber dazu geführt, dass man auch in der Stromproduktion Gaskraftwerke immer seltener einsetzt.
Das ist gut so und hilft auch die (leider notwenidgen) Gasvorräte in den Speichern weiter hoch zu halten.
Ziemlich konstante 7,95% der Stromproduktion kommen 2023 aus Speicherkraftwerken, welche bisher 4,13 TWh Strom produziert haben und damit schon jetzt über dem Vorjahr (3,94 TWh) liegen.
Der Aufsteiger des Jahres kommt dann auf Platz 5: Die Photovoltaik. Wurden 2022 noch 0,98 TWh (1,96% Anteil) Strom via Photovoltaikanlagen erzeugt, so sind es 2023 bisher schon stolze 2,31 TWh (4,45%). Das ist zwar in Summe ein noch eher bescheidener Anteil an der Gesamtmenge, Sonnenstrom wird aber im Regelfall genau dann erzeugt, wann man ihn braucht (tagsüber, da ist der Stromverbrauch höher als in der Nacht).
Darüber hinaus haben sich 2022 und 2023 viele Haushalte auch einen kleinen Stromspeicher installieren lassen - das hilft zusätzlich, den Strombedarf zu reduzieren und somit die Netze zu entlasten.
Ab und an sorgen die Photovolatikanlagen aber sogar schon für eine Überlastung der Netze - so kommt es bei der Genehmigung von Photovolaikanlagen schon da und dort zu Verzögerungen bzw. Ablehnungen oder aber auch einer Größenbeschränkung.
Hier ist natürlich die Politik gefragt, rasch und flexibel Gelder und Gesetze für den Netzausbau zur Verfügung zu stellen. Trotz eines sehr guten Jahres für die Erneuerbaren ist das Vorhaben, 2030 rechnerisch 100% des Stromverbrauches in Österreich mit Erneuerbarenproduktion abzudecken, schon ziemlich in die Ferne gerückt.
Und ein so gutes Wasserführungsjahr wie 2023 wird es wohl nicht immer spielen bzw. die Explosion der Photovoltaikanlagen auf privaten Dächern ist auch eher den hohen Strompreisen ob des Russland-Überfalls auf die Ukraine geschuldet denn einer nachhaltig orientierten Politik!
Verlierer des Jahres in der Stromproduktion ist übrigens die Biomasse, welche 2022 mit einer Produktion von 2,50 TWh noch einen Anteil von 5,01% hatte und derzeit bei 1,36 TWh (2,62%) liegt. 0,84 TWh bzw. 1,62% der Stromerzeugung entfallen übrigens bisweilen auf die Müllverbrennung.
Ob 2024 ein ähnlich gutes Jahr in Sachen Erneuerbare wird, bleibt abzuwarten: Die -mit Abstand- wichtigste Sparte Laufwasserkraft hängt naturgemäß von den Niederschlägen ab - und die sind schwer vorhersehbar...
Bei der Windkraft sind wieder leichte Zuwächse zu erwarten (so der Wind auch konstant bläst), bei der Stromerzeugung aus Gas ist wohl 2023 eher ein Ausnahmejahr (2024 wird wohl wieder etwas mehr Gas verstromt). Speicherkraftwerks-Strom wird wieder relativ konstant bei 8-10% liegen und die Photovolaik wird 2024 wohl weiter kräftig ausgebaut (wiewohl wahrscheinlich nicht mehr so intensiv wie noch 22 und 23) und über 5% Anteil an der Gesamtproduktion kommen.
Durchaus möglich/wahrscheinlich, dass der Anteil der Erneuerbaren an der Gesamtstromproduktion 2024 sogar wieder leicht sinken wird - zu gut war 2023 die Wasserführung...
Während die Stromproduktion in Österreich langsam ökologisiert wird und insbesondere die Netzbetreiber vor neue Aufgaben stellt, wird sich der Stromverbrauch 2024 wohl wieder steigern. Da trägt wohl auch die Verlängerung der Strompreisbremse ihren Teil dazu bei - sehr wohl aber auch der (noch langsame) Ausstieg der Industrie aus den Fossilen sowie auch die Transformation von Verkehr (E-Autos) und Heizen (Wärmepumpen) hin zum Strom. Wenn dieser mittels Erneuerbaren gewonnen wird ist das ja eine durchaus erfreuliche Entwicklung. Wir sind mittendrin und das ist gut so.
Nachträglich (Stand per 2.1.2024, Quelle ISE Fraunhofer) noch die "endgültigen" (kleine Abweichungen noch möglich) Zahlen der Nettostromerzeugung 2023 in Österreich:
Gesamtproduktion: 54,00 TWh, davon 46,99 TWh (87%) Erneuerbar, 7,01 TWh Fossile (13%).
1. Laufwasser: 30,19 TWh (56,1%), 2. Wind 8,26 TWh (15,3%), 3. Gas 6,38 TWh (11,81%), 4. Speicherwasser 4,25 TWh (7,87%), 5. Solar/Photovoltaik 2,35 TWh (4,4%).
Weiters: Biomasse 1,40 TWh, Müll 0,88 Twh, Sonstige 0,19 TWh.
Ad hoc-Meldung - Dezember 2023Geldmarie-Linktipp: