Mehrere Generationen von opportunistischen Politikern (inklusive Fossillobby) haben uns in eine Abhängigkeit geführt, die nun eine Ministerin reduzieren muss, die von Gas ohnehin genau nichts hält. Ministerin Gewessler hat heute eine Pressekonferenz zum Gasausstieg (primär betreffend russischem Gas) gehalten - und dabein wenig Neues verkündet:
"Raus aus der Abhängigkeit", "Finanzierung Ukraine-Krieg", "Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen" sind nur einige der (wohl passenden) Worthülsen, die man seit Februar 2022 seitens Politik (und Gewessler) hört - wirklich passiert ist aber wenig bis nichts.
Wir hängen weiter wie ein Drogenabhängiger am russischen Pipelinegas und die Disversifizierung beim Gas kommt nicht wirklich vom Fleck. Besonders peinlich, dass der (wichtige) Lückenschluss einer Gasleitung in Richtung Deutschland (wo man längst schon reagiert hat) weiterhin nicht fix ist.
Das EU-Ziel, ab 2028 kein russisches Gas mehr in die EU zu transportieren erscheint aktuell absolut unrealisitisch (auch weil beim LNG-Gas viel Russengas nach Europa kommt) - gerade in Österreich wäre dies wohl nur möglich, so uns die Ukraine ab 2025 die Leitungen zudreht. Und man dürfte den Ukrainern (die durch den Transit natürlich auch ein wenig verdienen) dann gar nicht böse sein - schließlich leiten sie ja derzeit Blutgeld durch das Land...
2024 müssen wir uns jedenfalls noch keine Sorgen machen und ob der aktuell sehr hohen Speicherfüllstände in Österreich (zu 81% voll - der Winter ist diesbezüglich bestens gelaufen) sind die Gaslager auch für den Winter 24/25 mit Sicherheit gut gefüllt.
Der Gasverbrauch in der EU (und auch in Österreich) sinkt seit 2021 deutlich, immer mehr teures LNG-Gas wird (ziemlich umweltschädlich) mit Schiffen (aus den USA, Katar, aber auch oft aus Russland) nach Europa verbracht und ersetzt das billige russische Pipelinegas.
Als Binnenland hat hier Österreich weniger Möglichkeiten als Deutschland (wo man ruckzuck ein paar LNG-Terminals errichtet hat), sollte aber schleunigst trachten, die eine oder andere Gasleitung im europäischen Verbund zu errichten.
Besonders relevant ist hier auch die Einflußnahme auf die teilstaatliche OMV: Diese hat vor einigen Jahren einen wirklich schäbigen Vertrag mit der Gazprom abgeschossen, welcher bis 2040 läuft und eine "Take-or-pay-Klausel" (Abnahmegarantie) über rund 60 TWh beinhaltet. Der Ausstieg aus diesem Knebelvertrag wird aktuell rechtlich geprüft (immerhin lieferte Russland 2022 zu wenig Gas, 2023 sollen die Liefermengen wieder gepasst haben) - ist aber -solange man keine Alternativen zum russischen Gas hat- ohnehin umstritten...
Dem Vernehmen nach hat sich die OMV schon Gaslieferkapazitäten von 40TWh gesichert, die wohl in Europa als LNG ankommen würden...
Auch wenn sich der Gaspreis aktuell schon wieder deutlich beruhigt hat (an der heimischen Gasbörse kostet die MWh gerade rund 27 Euro...) - Heizen mit Gas bzw. Gas in der Industrie ist -aus Preisgründen und auch ob der unklaren Zukunftsaussichten- schwer out.
Die (noch immer hohen) Gaspreise sowie die günstige Witterung (hier darf man dem Klimawandel einmal dankbar sein) lassen den Gasverbrauch laufend fallen und Alternativen zum Gas werden immer begehrter:
So reduzierte sich die Stromerzeugung mit Gas von 10,15 TWh (entsprach 20,3% der Gesamtproduktion) im Jahre 2022 auf zuletzt 6,45 TWh oder nur noch 11,9% der Gesamtproduktion. Ein massiver Rückgang, da gute Wasserführung, mehr Windstrom und eine Explosion (auf noch niedrigem Niveau) von Photovoltaik den Einsatz von Gaskraftwerken reduzieren konnten.
Ein schönes Beispiel aus dem Privatbereich der Geldmarie: Ein Freund teilte mir gerade mit, sein Haus in wenigen Wochen auf Wärmepumpe plus 10 kWp-Photovoltaik plus 10-kW-Speicher umzustellen - zuvor war schon einmal ein Kachelofen ins Haus gekommen. Aktuelle Heizung: Gas.
Neben der laufenden "Bearbeitung" meinerseits war wohl auch die Gasrechnung sowie die aktuell hohen Förderungen (bzw. Wegfall der MWSt. bei Photovoltaikanlagen) "schuld" am Umdenken eines "Fossiljunkies" - erst wenn es im Geldbörserl drückt, denken viele um...
Leider werden wir aber noch einige Jahrzehnte Gas importieren müssen - und der Ausstieg aus Gas ist z.B. für viele Mieter gar nicht möglich. Hier ist natürlich weiterhin die Politik sehr gefragt. Ob es hier nach den Wahlen 2024 in Österreich intelligenter wird, bleibt zu bezweifeln. Vor dem Wahlen wird sich aber höchstwahrscheinlich mit der Blockierer-und-Bewahrer-Partei ÖVP nicht mehr viel erreichen lassen...
Tatsache ist aber: Die Energiewende hat längst begonnen und nimmt Fahrt auf - und auch Gas hat bei uns ein Ablaufdatum.
Noch ein Tipp für Menschen, die so rasch nicht aus dem Gas rauskommen: Jetzt unbedingt wieder Gaspreise vergleichen! Ob der extrem hohen Gaspreise (die 2024 wieder fallen sollten) haben 2023 99.651 Haushalte und Unternehmen den Gasanbieter gewechselt - das sind starke 7,9% der Gaskunden!
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Februar 2024