Ein wirkliches Ei hat gerade die Regierung gelegt: Das "EGG" (= Erneuerbaren-Gas-Gesetz) hat zwar nach einer gefühlten Ewigkeit nun den Ministerrat passiert, eine Umsetzung in dieser Form oder gar ein Einhalten der darin befindlichen Ziele scheint ziemlich unrealistisch. Das hat auch schon die SPÖ (welche man für eine 2-Drittel-Mehrheit im Nationalrat benötigt) signalisiert.
Wie auch beim Strom aus Biomasse (dessen Anteil an der Gesamtproduktion zuletzt sogar gesunken ist) scheinen die Ambitionen beim "grünen Gas" zwar hoch, müssen aber bei genauerer Betrachtung als ziemlich unrealistisch, ja sogar leicht gefährlich, betrachtet werden.
Aber der Reihe nach: Laut Regierungsvorlage möchte man es bis 2030 schaffen, den Anteil des Biogases bei den Versorgern auf mindestens 9,75% des verkauften Gases zu steigern. Das sind voraussichtlich um die 7,5 TWh Grüngas, die man 2030 dann produzieren sollte...
Klassisches Erdgas (u.a. die Importe aus Russland, aber auch die kleine Inlandsproduktion) soll somit Schritt für Schritt bzw. Jahr für Jahr im österreichischen Gasmix durch Biogas ersetzt werden.
Nachdem wir aber aktuell gerade einmal ca. 0,35% Biogas in den Gasleitungen haben und ein Ausbau mit Biogasanlagen auch nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen ist, scheint dieses Ziel (wie auch andere Klimaziele) absolut illusorisch zu sein.
2040 soll der heimische Gasbedarf gar zu 100% von Biogas gedeckt werden - auch das ist wohl ins Fantasiereich einzuordnen. Und die Minister bzw. Politiker von heute werden 2040 wohl kaum mehr im Amt sein...
Im Gesetzesentwurf inkludiert: Strafzahlungen von 15 Cent pro Kilowattstunde Gas bei Nichterfüllen der Ziele - Geld, welches dann von den säumigen Gasversorgern an die EGG-Abwicklungsstelle zu zahlen ist und der Errichtung neuer Biogasanlagen bzw. Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff dienen soll.
So diese Vorlage tatsächlich derart umgesetzt werden würde, kann man sich die Auswirkungen für die Gas-Endkunden schon gut vorstellen...
Die EGG-Gesetzesvorlage scheint nur ein populistischer Ablenkungsversuch in Sachen Nichttätigwerden der Regierung in Sachen Gasversorgung zu sein. Weder ist es klar, ob wir 2025 aus Russland überhaupt noch Gas bekommen (die Ukraine wird da wohl zurecht den Transithahn zudrehen) noch sind seitens Politik schon realistische Alternativen bezüglich Gaslieferungen bekannt.
Selbst um eine kurze Gasleitung zwecks Gasimport via Deutschland wird seit gefühlter Ewigkeit peinlich herumgeschwurbelt. Aber mit Ministerin Gewessler (die ich prinzipiell in Sachen Klimawandel sehr schätze) ist hier offensichtlich der Bock zum Gärtner gemacht worden und die ÖVP möchte mit dieser Vorlage wohl nur das landwirtschaftliche Klientel befriedigen...
2023 wurden in Österreich übrigens 75,6 TWh Gas benötigt - ein Minus von 12,5% gegenüber dem Jahr davor. Die warme Witterung (hier gilt es dem Klimawandel zu danken), die extrem hohen Gaspreise, die Wirtschaftsflaute, da und dort schon ein Ausstieg aus Gas in Richtung Erneuerbare bzw. Strom (Wärmepumpen!) und auch die deutlich geringere Gasmenge für die Stromerzeugung waren hier hilfreich, den Gasverbrauch deutlich zu senken.
Bleibt die Witterung in den Wintern mild und geht auch sonst der Ausstieg aus Gas solide weiter, sollte die extrem hohe Importabhängigkeit (sowie die benötigte Menge an Gas) in den nächsten Jahren deutlich sinken - Gas wird uns aber noch einige Jahrzehnte als "missing-link" zu den Erneuerbaren erhalten bleiben.
Aktuell wären Gewessler & ÖVP aber einmal gefragt, endlich Gasleitungen in den Westen anzugehen und auch weitere Optionen von inländischen Gasfeldern in Betracht zu ziehen. Die inländische Gasproduktion lag 2023 bei bescheidenen (und laufend sinkenden) 6,3 TWh - die technischen Möglichkeiten in Sachen "Gasförderung ohne grobe Umweltschäden" sind mittlerweile schon durchaus ausgereift.
Der vorliegende Regierungsentwurf ist leider völlig unrealistisch.
Ach ja: Für Gasverbraucher gibt es mittlerweile schon wieder viele günstige Angebote (siehe Linktipp) - früher oder später sollten Sie sich aber schon von der Gasheizung oder auch vom Gasherd trennen!
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Februar 2024