In den letzten 2 Jahrzehnten ist Österreich über das Gesamtjahr hinweg betrachtet zum Stromimporteur geworden. Zu sehr hat man sich auf die sehr gute Stromversorgung mit den Wasserkraftwerken verlassen und schließlich den Strommangel mit Importen (insbesondere aus Tschechien und aus Deutschland) ausgeglichen. Die Stromimporte zogen fast Jahr für Jahr an und es brauchte schließlich den Überfall Russlands auf die Ukraine (und die folgende Energiepreiskrise) um in die heimische Stromversorgung endlich Schwung zu bringen. Und auch ein wenig Glück...
Im Normalfall ist die Strombilanz in Sachen Import-Export in den ersten 3 Monaten eines Jahres schon ob der geringen Wasserführung im Winter sowie des hohen Stromverbrauches ziemlich negativ (also deutlich mehr Importe als Exporte). Das erste Quartal 2024 ist aber hier (so besagen es die Zahlen von ISE Fraunhofer) aber eine absolute Ausnahme und Österreich konnte sogar bilanziell in allen 3 Monaten zum Stromexporteur werden. Wiewohl der Überschuss zumeist bescheiden ausfiel, eine durchaus höchst erfreuliche Tatsache!
Lt. ISE Fraunhofer wurden in den ersten 3 Monaten 2024 in Österreich 15,26 TWh Strom erzeugt, der Strombedarf lag hingegen nur bei 14,78 TWh.
Nette 83,8% der Stromerzeugung erfolgten mit erneuerbaren Energieträgern, wobei das Gros der Erneuerbaren wiederum von der Laufwasserkraft kam.
7,34 TWh wurden via Laufwasserkraft produziert, im 1. Quartal 2023 waren es noch 5,24 TWh gewesen. Der warme Winter und auch einiger Niederschlag führten zu einer für die Wintersaison ausgezeichneten Wasserführung und somit rotierten die Laufwasserkraftwerke fast laufend gut.
Sehr fein lief zum Jahresanfang 2024 aber auch die Windkraft: 3,22 TWh Erzeugung im ersten Quartal 2024 sind (trotz wenig Zubau) deutlich mehr als noch vor einem Jahr, als von Jänner bis März 2023 noch 2,57 TWh Strom via Windkraftwerken produziert wurden.
Wie stark derzeit die Photovoltaik wächst, zeigt sich auch an den Zahlen für das (eigentlich eher ertraglose erste Winterquartal): 730 GWh erfasste ISE Fraunhofer in Sachen Stromerzeugung mit Solartechnik - im Vorjahr waren es erst 177 GWh gewesen...
Dieser Zuwachs an Grünstrom wirkt sich auch positiv (=negativ bei den Zahlen) bei der Stromproduktion aus Gas aus: Nach 2,93 TWh im ersten Quartal 2023 wurden im ersten Quartal 2024 nur noch 2,32 TWh Strom via Gas erzeugt. Gas wird aber in der Stromerzeugung (wenn z.B. wenig Wasser, Wind oder Sonne vorhanden ist/sind) weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
Haben früher die Freunde der Fossilen (Gas, Erdöl, Kohle) bzw. die Atomstromlobby die Erneuerbaren noch als "teuer" bezeichnet, so zeigt sich nun immer deutlicher: Viel Ökostrom macht den Strompreis billiger.
Dies zeigt sich schon an der interessanten Tatsache, dass die noch vor rund 2 Jahren täglich zu sehende "Mittagsspitze" (rund um 12h der höchste Stromverbrauch) fast gänzlich ausfällt und durch "Morgenspitze" und "Abendspitze" (wenn die Photovoltaikanlagen noch nicht voll sind und die Stromspeicher leer bzw. nicht gut gefüllt sind) ersetzt werden. Kommt dann die Sonne in Österreich (und auch Deutschland) raus, wird der Strompreis deutlich günstiger und der Verbrauch sinkt auch (ob des Eigenverbrauches bei Photovoltaik).
Gibt es wenig Stromverbrauch (wie z.B. über die Osterfeiertage) und viel Stromproduktion (viel Wind und Sonne sowie gute Wasserführung), kann der Strompreis an den Börsen sogar schon einmal die eine oder andere Stunde ins Minus sinken - wie es auch am Osterwochenende zu beobachten war.
Gute Bedingungen für die Erneuerbaren führen zu niedrigen Strompreisen: Dienstag, 2.4.2024 lag dieser bei der Strombörse EXXA z.B. bei 38-43 Euro die Megawattstunde (also 4-5 Cent die Kilowattstunde), für den Mittwoch sind 70 bis 80 Euro pro MWh zu bezahlen. Strompreise, wie sich Haushalt oder Industrie nur wünschen kann...
Das erste Quartal 2024 war aber auch ein Ausnahmequartal - ausruhen sollte sich die Politik auf diesen feinen Zahlen keinesfalls! Denn einerseits war der Winter wieder einmal sehr mild und brachte auch einigen Regen mit sich - die für Österreich sehr wichtige Wasserführung war demnach außergewöhnlich gut.
Auch die Winderträge waren von Jänner bis März 2024 ziemlich sensationell - so hat z.B. die Weinviertler Windkraft Simonsfeld ob Dauerwind schon nach 3 Monaten im Jahr 2024 die Produktionsmenge des Jahres 2011 überboten und liegt bei 37,4% der Jahresprognose. Wenn nun den ganzen April kein Wind wehen würde, wäre man immer noch im Plansoll...
Für den Rest des Jahres darf man sich zwar weiterhin auf starke Produktionssteigerungen bei Photovoltaik (noch immer werden viele neue Anlagen montiert) und bei Windkraft (hier geht der Ausbau leider noch sehr langsam) freuen - die Erträge aus der Wasserkraft sind hingegen weniger sicher. Insbesondere sollte man beachten, dass der warme Winter auch weniger Speicherwasser in den Bergen belassen hat und so manche Hitzewelle dann auch zu Niedrigwasser führen kann bzw. wird.
Hinzu kommt auch noch die große Frage, ob Österreich via Ukraine auch 2025 noch russisches Gas importieren kann - ein Transitstop via Ukraine könnte die heimischen Gaspreise (und damit auch die Strompreise) wieder deutlich in die Höhe treiben. Die Gaslager in Österreich sind aber derzeit so voll, wie wohl noch nie per Anfang April...
Keine Frage - die tollen Zahlen von der Stromproduktion sind sicher eine gute Nachricht. Stellen aber nur die ersten Kilometer eines Marathons dar. Die per 2030 angestrebten 100% (bilanziell gerechneten) Grünstrom aus Österreich sind noch immer meilenweit entfernt - aber selbst die dümmsten Politiker sollten dieser Tage erkennen, dass Grünstrom nicht nur ökologisch vorteilhaft ist sondern auch ökonomisch sehr sinnvoll ist.
Und die Haushalte sollten sich nicht auf Strompreisbremsen oder Zuschlüsse verlassen sondern rasch einmal nachsehen, ob der eigene Stromanbieter nicht deutlich zu teuer ist. Ein Anbieterwechsel ist dieser Tage in den meisten Fällen schwer anzuraten!
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Ad hoc-Meldung - April 2024