Während man in Österreich gerade intensiv über gefallene Einspeisetarife bei Photovoltaikstrom diskutiert und sich über einen unerwartet hohen Anteil an erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung freut, taucht wieder einmal das "Gasgespenst" auf:
Die OMV hat jüngst informiert, dass es schon bald zu einem möglichen Stopp von russischen Gaslieferungen nach Österreich via Gazprom kommen könnte - die Gazprom könnte damit tatsächlich die Leitungen nach Österreich zudrehen. Noch bevor es 2025 höchstwahrscheinlich die Ukrainer tun - denn dann läuft deren Transitvertrag mit der Gazprom aus.
Laut OMV hat nämlich ein "großes europäisches Energieunternehmen" im Ausland ein Gerichtsurteil erwirkt, wonach sie via Zwangsvollstreckung ein Pfandrecht auf europäische Zahlungen an die Gazprom hätten - und könnte somit bei wirksamer Vollstreckung (Inkrafttreten) des Urteils die fälligen Überweisungen an die Gazprom beanspruchen.
Das würde den Russen wohl kaum gefallen - ein Gaslieferstopp wäre wohl die logische Konsequenz.
Nachdem die OMV-Tochter OGMT beim in Österreich verfügbaren Gas einen Marktanteil von rund 30 bis 40% hat (davon wohl primär russisches Gas), wäre der Wegfall von Russland-Gas dann doch ziemlich erheblich. Laut OMV hat man sich aber bereits alternative Quelle gesichert und könnte bei einem Lieferstopp via Gazprom ruckzuck auf dieses Gas switchen.
Die gute Nachricht: Nach einem sehr milden Winter und einem stark reduzierten Gasbedarf in Österreich sind die Gaslager aktuell zu mehr als 77% voll, die gespeicherten 76,4 TWh entsprechen 83,96% des durchschnittlichen Jahresverbrauches Österreichs. Das aktuell gespeicherte Gas gehört zwar nicht nur Abnehmern in Österreich, die E-Control spricht aber trotz der OMV-Warnung davon, dass die Gasversorgung gesichert sei. Möge dem so sein...
Gerade im Sommer ist der Gasverbrauch deutlich geringer (kaum Gasverbrauch zum Heizen, fast kein Gasverbrauch in der Stromherstellung) und die Gaslagerstätten füllen sich stetig - der nächste Winter sollte also tatsächlich locker überstanden werden.
Interessant, dass z.B. am Dienstag dieser Woche fast kein Gas in die heimischen Gaslager strömte - ob es sich dabei schon um den avisierten Lieferstopp handelt, wird sich wohl schon in den nächsten Tagen klären.
Dass man die russischen Gaslieferungen schon jetzt zu 100% kompensieren könnte, hinterlässt natürlich Fragen: Der Lückenschluss bei den Gasleitungen nach Deutschland (Ausbau West-Austria-Gasleitung) soll bekannterweise ja erst 2027 fertig werden und ob es so einfach ist, die gesamten Lieferungen aus Russland rasch zu kompensieren, wird sich erst weisen.
An der Gasbörse CEGH reagierte der Gaspreis jedenfalls schon auf die Neuigkeiten und zog gestern von 33,10 Euro auf 35,77 Euro hoch. Am Donnerstag ging es mit abermals erhöhten 37,35 Euro aus dem Markt. Sollte tatsächlich ein Gaslieferstopp eintreten, sind noch höhere Preise durchaus wahrscheinlich. So arg wie noch 2022 wird es aber wohl nicht werden...
Steigen die Gaspreise bzw. wird Gas zur Mangelware in Österreich, wird dies spätestens im Herbst dann auch einen deutlichen Einfluss auf die Strompreise haben.
Die OMV hätte bei einer Vollstreckung des Urteils aber jedenfalls einen guten Grund, aus den Gas-Knebelverträgen gänzlich auszusteigen - russisches Gas ist leider ohnehin "Blutgeld".
Ad hoc-Meldung - Mai 2024