Für 2030 hat sich die Regierung vorgenommen, den Strombedarf Österreichs zu 100% (oder mehr) mit Erneuerbarer Energie (Wasser, Photovoltaik, Wind, Biomasse etc.) abzudecken. Dies natürlich nur rechnerisch - denn der Einsatz von Gas in Spitzenzeiten (in welchen die Erneuerbaren auch auslassen können) wird wohl noch länger notwendig bleiben, auch Stromimporte mit Strom aus diversen Quellen sind natürlich laufend an der Tagesordnung.
So man aber heuer im Inland rechnerische 100% des Jahresstromverbrauches via Erneuerbaren schafft, wäre dies natürlich ein großer Erfolg. Denn in den letzten Jahrzehnten hat man sich zu sehr auf die starke Wasserkraft verlassen und auch von günstigen Stromimporten aus dem Ausland profitiert.
Seit dem Überfall der Russen auf die Ukraine ist aber einiges in Bewegung gekommen (wiewohl z.B. der Ausbau bei der Windkraft bzw. der Biomasse noch immer deutlich zu langsam voranschreitet) - und 2024 könnte sogar ein Ausnahmejahr werden!
Laut Daten von ISE Fraunhofer (via ENTSO-E-Daten) war in Österreich schon 2023 ein durchaus brauchbares Jahr in Sachen Erreichen von Klimazielen in der Stromerzeugung.
Eine Nettostromerzeugung von 54,34 TWh für 2023 wird hier ausgewiesen - das deckte fast den Stromverbrauch von 56,61 TWh. Andere Quelle besagen sogar, dass es 2023 sogar einen kleinen Exportüberschuss gab.
Von den 54,34 TWh wurden nette 47,25 TWh via Erneuerbaren hergestellt - das sind immerhin 87%. Die restlichen 13% (7,09 TWh) entfielen auf Fossile.
Mit 30,47 TWh Stromproduktion kamen die Laufwasserkraftwerke wieder klar auf die Spitzenposition in der heimischen Stromproduktion - 56,1% der Gesamtproduktion entfielen auf Laufwasser. Mit 8,26 TWh lag die Windkraft schon auf Platz 2 (15,2%). Erdgas lag mit 6,46 TWh auf Platz 3 und kam noch auf 11,9% der Stromproduktion. 8% (4,34 TWh) entfielen dann auf Speicherkraftwerke und immerhin schon 4,3% (2,34 TWh) waren Solarstrom (Photovoltaik).
2024 stellt diese Zahlen aus dem Vorjahr bisweilen aber in den Schatten:
Bis 4.6.2024 konnten nämlich fette 26,54 TWh (von benötigten 23,65 TWh) produziert werden. Davon entfielen 89,3% auf Erneuerbare und nur 10,7% auf Fossile. Stellt man den Exportüberschuss den Fossilen gegenüber, resultiert da aktuell sogar ein vorzeitiges Erreichen der Klimaziele für 2030!
Doch genauso wie Wetter nicht Klima ist und eine Schwalbe auch noch keinen Sommer macht, ist dieses sensationelle Zwischenergebnis für die Stromproduktion 2024 nur zu kleinen Teilen der Politik geschuldet:
Im bisherigen Jahresverlauf können sich nämlich gleich 3 "Stromerzeugungsvarianten" über ein Ausnahmejahr freuen: Die wichtigen Laufwasserkraftwerke in den heimischen Flüssen sind nämlich schon das ganze Jahr außergewöhnlich gut beschäftigt - die Wasserführung liegt weit über dem Durchschnitt. Auch wenn dieser Tage gerade einige Kraftwerke aus Sicherheitsgründen (Hochwassergefahr) das Wasser rasch abfließen lassen müssen...
13,93 TWh (52,5% der Gesamtproduktion) wurden bisweilen schon mit Laufwasser produziert, 1,74 TWh (6,6%) entfielen auf die Speicherkraftwerke, die derzeit auch sehr gut gefüllt sind.
Die 4,77 TWh der Windkraft sind auch ein prächtiges Ergebnis (18% der Gesamtproduktion) - Winter und Frühling waren bei der "Windernte" sehr ertragreich. Auch wenn es hier anzumerken gilt, dass der Ausbau der (insbesondere im Winter wichtigen) Windkraft nur sehr zögerlich voranschreitet.
Dies kann man hingegen nicht von der Photovoltaik behaupten, die seit 2022 boomt: Die bisweilen im Jahr 2024 bis heute (4.6.) erzeugten 2,24 TWh entsprechen schon jetzt fast dem Ertrag aus dem Gesamtjahr 2023 und sind immerhin schon 8,4% der Jahresstromerzeugung 2024. Gut möglich, dass sich auch 2024 wieder die Erzeugungsmenge aus der Photovoltaik verdoppelt und 2025 sogar schon 10% der Erzeugung möglich sind. Ab September sinken die Erträge von Solaranlagen dann wieder deutlich - die 10% sind daher für 2024 wohl noch nicht drin.
Im Laufe des Sommers könnte die Photovoltaik-Stromerzeugung sogar einige Zeit die Stromjahres produktion aus Gas überholen, ab dem Herbst dreht sich dieses Spiel dann aber wieder zugunsten von Gas, welches bisher auf 9,7% der Stromerzeugung (2,57 TWh) kam.
Der Photovoltaik muss man aber auch anrechnen, dass hier mittlerweile auch sehr viele Batteriespeichersysteme (insbesondere in Privathaushalten) im Einsatz sind, welche auch den Strombedarf im Netz massiv reduzieren. Zahlen gibt es da leider noch keine.
Im Mai 2024 wurden übrigens tolle 98,8% der Stromerzeugung mit Erneuerbaren geschafft - Gas wurde nur ganz wenig verwendet, was auch zwecks Befüllen der Gaslagerstätten kein Fehler ist...
Während der Photovoltaikboom in Österreich eher ein Werk von Putin, Politik und explodierenden Strompreisen anno 2022 und 2023 ist und wahrscheinlich 2024 seinen Höhepunkt erreicht (zumindest was die Neuinstallation betrifft), sind die tollen Zahlen seitens der Laufkraftwerke sowie der Windkraftwerke ziemlicher Zufall.
Mit der starken ersten Jahreshälfte plus weiterem Ausbau aller Erneuerbaren scheint es jetzt schon fast fix, dass Österreich 2024 ziemlich klar ein Stromexportland bleiben wird.
Die Sonne scheint bis weit in den September noch stark (Photovoltaik), die Gewässer sind derzeit prall gefüllt und auch der Wind wird ziemlich verlässlich ab dem Herbst wieder stärker wehen.
Die bisherige Stromerzeugung im Jahr 2024 wird aber mit einiger Sicherheit nicht so sensationell weiterlaufen: Vom Hochwasser bis zum Niederwasser ist es nicht so weit wie man denkt - und die eine oder andere Hitzewelle im Sommer 2024 bzw. auch längere Abschnitte ohne Niederschlag scheinen vorprogrammiert.
Im Sommer kann das untertags schon nett von der Sonne kompensiert werden, fehlt diese aber (z.B. in den Abendstunden) und weht auch kein Wind, feiern die Stromimporte sowie die Fossilen wieder fröhliche Stunden. Und die Energiepreise ziehen dann auch wieder in die Höhe.
Ein "Rechnerisch 100% Ökostrom 2024" wird sich demnach wohl nicht ausgehen, die Stromerzeugungsbilanz 2024 könnte aber durchaus nett ausfallen. Was aber noch lange keine Garantie ist, dass es wieder so ein Ausnahmejahr gibt - und was die Politik auch dazu treiben könnte, sich zu sehr auf den Ausnahmezahlen von 2024 auszuruhen. Ich behaupte sogar weiterhin, dass sich die Ausbauziele/Ökostromziele 2030 nicht ausgehen!
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Juni 2024