2024 wird für die heimische Stromproduktion ein prächtiges Jahr! Eigentlich ist es im Oktober ja nicht unüblich, dass Österreich primär Stromimporteur ist - die starken Regenfälle (leider mancherorts zu stark) haben aber die heimischen Flüsse und Seen wieder kräftig gefüllt und wenn die Laufwasserkraft gut läuft, ist Österreich auch zumeist Strom-Exporteur. So wie dieser Tage zuhauf. Sogar der Neusiedler See hat nach einigen Trockenjahren sogar wieder den Mittelwasserstand erreicht - ist aber natürlich für die Stromerzeugung nicht relevant...
Die vielen Niederschläge und die damit verbundene gute Wasserführung sowie auch der massive Ausbau der Photovoltaik seit 2022 (plus ein bisher sehr gutes Windangebot) haben zu einer Preisberuhigung bei Strom geführt und machen Österreich 2024 ziemlich sicher zum Stromexportland.
Laut ISE Fraunhofer (Daten ENTSO-E) betrug die Stromproduktion im Gesamtjahr 2024 in Österreich bisher (bis 15.10.2024) 48,69 TWh. Der Stromverbrauch lag dagegen nur bei 43,35 TWh.
45,28 TWh Strom wurden bisher mittels Ökostrom in Österreich erzeugt - das sind einerseits nette 93% der Gesamtproduktion und andererseits fast 2 TWh mehr Strom, als benötigt wurde. Durch diese Sondereffekte (viel Wasser, viel Wind) ist es demnach sogar durchaus möglich, dass Österreich 2024 das 2030er-Ziel "100% Netto-Grünstrom" erreicht bzw. sogar überbietet. So der Wasserstand weiter hoch bleibt und der Wind kräftig bläst, ist dieses "Traumziel" gar nicht mehr unmöglich - auch wenn nun in der kalten Jahreszeit vermehrt Gas zur Stromproduktion eingesetzt wird und auch die Stromimporte wieder ansteigen werden.
Von den bisher erzeugten 48,69 TWh kamen 26,94 TWh (55,3 Prozent) aus Laufwasserkraftwerken. Platz 2 geht an den Wind, der bisher für 7,30 TWh (15%) sorgte. Platz 3 geht mit bisher sensantionellen 5,38 TWh (11%) an die Photovoltaik, welche im Gesamtjahr 2023 gerade einmal auf 2,34 TWh kam, was 2023 noch 4,3% entsprach. Nachdem die Sonne nun aber laufend nachlässt, werden die 11% sich aber nun in den Restmonaten laufend reduzieren. Die "Zweistelligkeit" für Photovoltaik (die ja zusätzlich auch durch den Eigenverbrauch Stromproduktion vermeidet) ist aber noch drin...
Speicherwasser produzierte bisweilen 3,90 TWh (8%) und hält sich ziemlich konstant (und wertvoll), ähnliches gilt auch für die Biomasse, welche auf 1,41 TWh (2,9%) kommt.
Der einzige wesentliche Klimasünder in der heimischen Stromproduktion ist Erdgas, welches bisweilen auf 2,91 TWh (6%) kommt und damit noch klar hinter dem Vorjahreswert (6,46 TWh bzw. 11,9%) liegt. Erdgas kommt aber in den Herbst- und Wintermonaten dann deutlich häufiger zum Einsatz - insbesondere in den Früh- und Abendspitzen bzw. an Tagen mit wenig Wasser, Wind bzw. Sonnenschein. Darüber hinaus werden heimische Gaskraftwerke oft auch aus dem Ausland angefordert.
So toll die Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren in der Stromerzeugung auch sind - es resultieren daraus natürlich nicht nur Vorteile.
Durch den massiven Anstieg von Photovoltaikanlagen (und auch vereinzelt bei Windkraftwerken) entstehen da und dort im Netz schon ziemliche Überschüsse, die das Netz natürlich verteilen muss. Das führte schon 2024 zu massiven Kürzungen bei vielen Einspeisetarifen sowie auch zu Begrenzungen von Anlagen bis hin zu Nichtgenehmigungen von Neuanlagen.
Der weiterhin notwendige Netzausbau wird in den nächsten Jahren auch die Netzkosten massiv erhöhen - gut möglich, dass diese schon bald den Großteil der Stromrechnung ausmachen.
Durch den starken Ausbau der Photovoltaik inklusive extrem günstiger Bedingungen bei Wasser und Wind hat sich insbesondere im Hochsommer auch erstmals deutlich gezeigt, wohin der Wind weht: Die Stromspitze (der höchste Bedarf) ist nicht nun mehr um die Mittagszeit (wenn alle zum Mittagessen eilen) sondern plötzlich in den Morgenstunden sowie den frühen Abendstunden.
Die frühere Mittagsspitze wurde durch die vielen neuen Photovoltaikanlagen (die um 12h schon fest produzieren) fast gänzlich ersetzt - nur bei starker Bewölkung in ganz Österreich ist diese noch ab und an zu sehen. Wenn die Photovoltaikanlagen noch nicht bzw. noch wenig produzieren (Morgenstunden) bzw. wenn diese am späten Nachmittag dann abfallen und auch die Stromspeicher sich leeren, dann wird Strom wieder teurer.
An vielen Wochenenden im Sommer (mit viel Sonne) konnte man an den Strombörsen (zumeist am frühen Nachmittag) sogar deutliche Negativpreise beobachten!
Auch wenn 2024 wohl in der heimischen Stromproduktion ein absolutes Ausnahmejahr war (insbesondere bei der Wasserkraft) - der Ausbau der Erneuerbaren wird wohl weiter voranschreiten (bei der Photovoltaik aber wohl etwas langsamer als noch 2022, 2023 und 2024) und der Trend zu stark schwankenden Strompreisen sowie höheren Netzkosten wird anhalten.
Das ist natürlich auch den Energieversorgern bzw. Stromanbietern nicht entgangen und somit wird (teilweise auch ob kommender gesetzlicher Vorschriften) kräftig an der Produktpalette gearbeitet. "Flexible Stromtarife" sind das Schlagwort.
War es bisweilen zumeist üblich, den Strompreis 1x pro Jahr bzw. halbjährlich laut einem Index (z.B. ÖSPI) anzupassen, kommen nunmehr immer mehr flexible Strompreise auf den Markt, die diesen Namen auch verdienen.
Wer (wie mittlerweile die meisten Österreicher) einen Smart-Meter zur Strommessung hat, kann schon längere Zeit einen Floatertarif bei aWATTar (ein Pionier in Sachen Floater) abschließen - mittlerweile auch mit stündlicher Abrechnung und auch als "Floater für Einspeiser" (monatliche Anpassung).
Ganz neu am Markt auch ein Tarif der oekostrom AG - oeko Spot+ ist ebenso ein stündlich angepasster Stromtarif. Dazu bietet das Unternehmen auch die Option "smartSparen" an, die insbesondere für Besitzer von modernen Wärmepumpen, E-Autos oder PV-Anlagen interessant scheint:
Internetfähige Großgeräte werden dabei registriert und so gesteuert, dass diese dann Strom beziehen, wenn dieser am Markt besonders günstig ist. Das kostet im 1. Jahr gar nichts und dann 25% der erzielten Einsparung - ein offensichtlich fairer Deal...
Derartige Tarife werden wohl noch längere Zeit eher nur eine kleine (aber begeisterte) Zielgruppe ansprechen - diese wird aber von Jahr zu Jahr wachsen.
Noch längere Zeit wird der Ausbau der Erneuerbaren für hohe Schwankungen beim Strompreis sorgen - wer hier mit der Zeit (Technik) Hand in Hand geht, wird deutlich günstiger aussteigen.
Bis in den meisten Garagen Österreichs Elektroautos als Stromspeicher bzw. aber auch zum "Laden, wenn ess billig ist" stehen, wird aber wohl noch viel Wasser die Donau runterrinnen. Und dabei viel Ökostrom produzieren, auch kein Fehler.
Übrigens: So sehr Floatertarife bzw. Stundenfloater derzeit auch verlockend erscheinen - insbesondere im Winter könnten diese vielleicht gar nicht so vorteilhaft ausfallen. Durchaus möglich, dass die Strompreisunterschiede saisonal noch deutlich stärker ausfallen, als bisher.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Oktober 2024