Den zweiten Tag in Folge begeben sich die Börsen weltweit auf Talfahrt. Kein Wunder: Die letzte Woche von US-Präsident Trump angekündigten neuen Zölle für die halbe Welt sorgen einerseits für Kopfschütteln und andererseits auch ein wenig für Panik.
Das Kopfschütteln (welches ja eigentlich bei jeder Wortmeldung bzw. bei allen Postings von Trump angemessen ist) resultiert primär aus der Berechnungsart der Zölle: Beträgt das Handelsdefizit der USA mit einem Land bzw. einer Region z.B. 70%, wurde (in den meisten Fällen) die Hälfte des Defizits als neuer Zollsatz angekündigt.
Wer hier wirtschaftlichen Verstand sucht, der sucht vergeblich. Derart willkürliche Zollhöhen einzuführen ohne auf die exakten Warenströme zu achten, ist fahrlässig, dumm und naiv. Denn es wird natürlich nicht gelingen, binnen weniger Tage oder Wochen den "Importüberschuss" mit heimischer Produktion zu kompensieren...
Beispiel: Würde Österreich nun einen 40%igen Zoll auf Waren und Rohstoffe aus Kasachstan einführen (weil Kasachstan einfach sehr viel mehr Öl nach Österreich exportiert als Österreich Waren etc. nach Kasachstan exportiert), wäre das binnen weniger Tage an den Tankstellen zu spüren. Viele Warenströme kann man in einer globalisierten Welt nicht binnen Tagen oder Wochen umleiten - das hat sich schon in der Pandemie (Masken ausgerechnet aus China...) oder in der Energiekrise (massiver Anstieg von Öl- und Gaspreisen) gezeigt.
Hier mit einem "Wumms" zu agieren, ist natürlich Trump-Style und zeigt auch, dass die Berater des Präsidenten (und natürlich Trump, aber das wusste man ohnehin schon) in Wirtschaftsfragen ziemlich ahnungslos sind. Oder auch machtlose Marionetten...
Die Holzhammerpolitik Trumps kann aber natürlich auch ein gewaltiger Bluff (ohne Rücksicht auf Verluste, die gerade an den Börsen passieren) sein: Trump haut mit den Zöllen kräftig auf den Tisch und seine "Experten" können dann die diversen Handelspartner erpressen.
Denn tatsächlich haben die USA ein massives Handelsbilanzdefizit (und auch eine Staatsverschuldung, die in der EU schon längst ein Defizitverfahren mit EU-Verwaltung ergeben hätte) mit fast allen Ländern und besonders stark in Asien. Produzieren im billigen Asien und dann im Westen verkaufen ist schon einige Jahrzehnte in den westlichen Staaten en vogue - denn in Asien & Co. sind Löhne, Sozialstandards oder Umweltauflagen eher zu vernachlässigen...
Beobachtet man Trump & Co. schon seit einigen Jahren, ist aber festzustellen, dass jede Menge angekündigte "Revolutionen" aber dann doch recht schnell abgesagt bzw. verschoben wurden (beruhigend z.B. für Panama, Kanada oder Grönland) - mit einiger Sicherheit wird das auch mit den Zöllen so gehandhabt werden.
Wenn diese Zölle nicht schon sehr bald wieder zurückgenommen bzw. stark gesenkt werden, scheppert es nämlich zuerst kräftig in den USA! Schon in einem oder in 2 Monaten nach Zolleinführung resultiert daraus ein gewaltiger Inflationsauftrieb, hoher Schaden für die Importeure und auch die Exporteure in den USA werden wohl unter sicher folgenden Gegenzöllen leiden. Steigende Inflation wird dann auch durch steigende Arbeitslosigkeit begleitet: So geht Trumps "Make America great again"...
Bleiben die Zölle (was ich nicht glaube), leidet die USA wohl besonders stark darunter. Ein neuer "Zollkrieg" würde den Welthandel natürlich massiv reduzieren und auch Österreich wäre in einigen Bereichen stark davon betroffen. Für 2025 schätzten die Fachleute das zusätzliche BIP-Minus ob der US-Zölle auf 0,2 Punkte - was die Rezession 2025 hierzulande noch weiter verstärken würde.
Fallen die USA als verlässlicher Partner zumindest temporär weg (auch das ist nicht gänzlich auszuschließen), so gilt es im Wirtschaftsbereich vielleicht einmal kräftig umzudenken: Vielleicht sollte man ja doch nicht weiterhin die gesamte Produktion nach Asien verschieben, sich neue Absatzmärkte suchen (z.B. Kanada, Südamerika, Afrika, Asien, Australien...) und insbesondere in wirtschaftlich schwache und politisch doch einigermaßen stabile Länder in EU-Nähe investieren. Wenn ein paar Transportschiffe und Tanker weniger auf den Weltmeeren unterwegs sind, ist das eigentlich auch kein Fehler...
Halten die USA die Zölle hoch, wird sich insbesondere Asien auch mehr am -gar nicht so kleinen und auch vermögenden- Absatzmarkt Europa orientieren. Das erhöhte Warenangebot sorgt dann auch dafür, dass die Inflation in der EU eher gedämpft wird.
Die virtuelle Geldvernichtung, die da gerade an den Börsen geschieht, wird aber meiner Ansicht nach relativ bald enden. Entweder Trump & Co. verhandeln bald oder der Unmut der Kapitalisten in den USA wird lauter. Diesen Druck würde dann wohl auch Trump verstehen...
So Trump da nicht bald einlenkt, wird es massive Gegenzölle geben (da wären dann weitere Börsenpanik angebracht) und die EU wäre auch gut beraten, den Trump-Freunden Bezos, Zuckerberg oder Musk gleich einmal ein paar fette neue Steuern und Vorschriften in Aussichten zu stellen. Trump versteht nämlich nur die harte Tour.
Nachtrag 10.4.2025: Die am Vortag plötzlich verkündete (vorerst 90-tägige) "Zollpause" (mit Ausnahme von China) bestätigt wohl eher die "Bluff-Annahme". Dazu reihen sich nunmehr (wohl berechtigte) Vorwürfe der Marktmanipulation - die politische Insider durchaus ausgenützt haben könnten. Denn mit stark fallenden wie auch mit stark steigenden Kursen lässt sich wunderbar Geld verdienen...
Ad hoc-Meldung - April 2025