Im letzten Jahr fand das berüchtigte Sommerloch an den Börsen dieser Welt nicht statt - den dramatischen Kursverlusten der Hochblüte der Finanzkrise folgte eine veritable Frühlings- und Sommerrallye. Auch in Wien stieg der ATX bis in den Oktober stark an um dann in eine Seitwärtsbewegung zu verfallen.
Konnte der ATX im April 2010 immerhin noch mit fast 2.800 Indexpunkten aufwarten, so grundelt dieser nach den Währungsturbulenzen um den Euro und den Sorgen um europäische Staatshaushalte ziemlich unverschuldet (im Sog der großen Börsen) bei derzeit 2.230 Punkten herum. Damit liegt man derzeit nur unwesentlich unter dem Jahrestiefststand von 2.216 Punkten.
Im internationalen Vergleich liegt Wien damit eher in den hinteren Regionen. Der hohe Anteil von im CEE-Raum tätigen Banken (welche im ATX schwer gewichtet sind) trägt hier wohl auch noch ein wenig bei.
Dabei haben die meisten ATX-Werte im ersten Quartal (die ersten Halbjahreszahlen folgen in den nächsten Wochen) durchaus gute Zwischenbilanzen aufzuweisen. Zumeist liegen die Umsätze klar über dem (sehr schlechten) Vergleichsquartal aus 2009, die Gewinne sind aufgrund von diversen Konsolidierungsmaßnahmen häufig sogar angestiegen und liegen teilweisen sogar schon wieder auf "Vor-Finanzkrisen-Niveau".
Selbst bei Spätzyklikern sind fast durchwegs positive Entwicklungen zu vermelden - Und doch trauen sich die Anleger nur sehr zögerlich in Investments bei heimischen Aktiengesellschaften.
Auch in Sachen Neuemissionen tut sich schon lange nichts - erst im Herbst könnten EVN und Verbund frisches Kapital über die Börse aufnehmen. Dafür gab es in den letzten Wochen und Monaten wieder eine Reihe von Corporate Bonds (Unternehmensanleihen) zu kaufen, welche durchaus gut nachgefragt waren.
Fundamental gesehen sind Wiener Aktien derzeit jedenfalls viel zu günstig. Natürlich muss man auch bei den ATX-Werten noch "Stock-Picking" betreiben - so manches Unternehmen sieht wohl erst 2011 oder später wieder deutlich schwarze Zahlen. Und doch ist das KGV mancher "Blue Chips" derzeit sensationell tief. Risikobewusste könnten gerade jetzt in "Verlustunternehmen" einsteigen und auf den Turn-around hoffen.
Eine Sommerrallye wie 2009 wird es wohl heuer nicht mehr geben. Sollten sich aber die Ergebnisse des 2. Quartals 2010 ähnlich positiv präsentieren wie die des ersten Quartals, ist (bei stabilen Weltmärkten) auch in Wien durchaus mit einer Kurskorrektur nach oben zu rechnen.
Die weltweiten Konjunkturdaten sehen jedenfalls derzeit auch gar nicht so schlecht aus - einige notwendige Budgetsanierungen könnten den Optimismus an den Märkten aber weiterhin trüben.
Ad hoc-Meldung - Juli 2010