Politisch hat sich in der ersten Jahreshälfte bisweilen wenig getan: Der eine Regierungspartner schlägt vor, der andere Regierungspartner weist zurück. Ausnahmen bestätigen die Regel und werden dann via schlechtem Kompromiss (Beispiel: tausche Grundsicherung gegen Transparenzdatenbank) geregelt.
Aufgrund im Herbst bevorstehender Wahlen sowie harter Budgetverhandlungen im Dezember 2010 dürfte heuer das politische Sommerloch recht klein ausfallen.
Gegenwärtig tobt ein Streit um die Anhebung der Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer ("Einheitswerte") bzw. um die Erhöhung der Grundsteuer selbst.
Die Positionen sind recht klar bezogen: Die ÖVP (via Finanzminister Pröll) spricht sich (als "Bauernschutzpatron") gegen eine Erhöhung der Grundsteuer aus - die SPÖ (via Wien-Bürgermeister-Häupl) wagt sich (immerhin ist schon fast Vorwahlzeit) mangels klassischer "Grundbesitzerklientel" ein wenig in die Offensive und möchte über eine Reform bzw. der Erhöhung der Grundsteuer zumindest nachdenken.
Aus der Politikersprache übersetzt bedeutet dies seitens Häupl und SPÖ wohl ein klares Ja zu einer (wie auch immer aussehenden) Erhöhung der Grundsteuern und kann schon fast als mutiger Vorstoß gewertet werden.
Selbst Gemeindebund-Präsident Mödlhammer spricht sich für eine "maßvolle Erhöhung" der Grundsteuern aus - immerhin brauchen viele Gemeinden nach der Finanzkrise dringend höhere Einnahmen (ein Großteil der Einnahmen aus der Grundsteuer geht an die Gemeinden). Mödlhammer wart aber auch (nicht zu Unrecht) vor einer zu starken Erhöhung, welche sich ober der Weiterverrechnung an Mieter auch auf die ohnehin schon hohen Mietpreise und Wohnkosten auswirken würde.
Auch wenn die ÖVP immer so gerne den Mittelstand für sich reklamiert - die Grundsteuer ist eigentlich eine klassische Massensteuer. Grundbesitzer können diese Steuer nämlich auch auf Mieter abwälzen - von der Grundsteuer bleibt somit fast niemand verschont. Wer mehr Grundbesitz hat, zahlt natürlich auch mehr Grundsteuer. Verteilungsgerechtigkeit ist hier durchaus vorhanden - die Charakteristik einer Vermögenssteuer ebenso.
Über eine Grundsteuer kann man natürlich grundsätzlich lange diskutieren ("Warum muss ich für meinen Besitz nochmalig und laufend Steuern zahlen?") - tatsächlich ist die Grundsteuer in Österreich mit 580 Mio. Jahresaufkommen fast eine Bagatellsteuer und im internationalen Vergleich tatsächlich sehr gering.
Nur 26 Mio. Euro resultieren daraus aus landwirtschaftlich gewidmeten Flächen ("Grundsteuer A") - der Rest aus den restlichen Immobilien und Gründen ("Grundsteuer B").
Die Berechnungsgrundlage "Einheitswert" ist eine antiquierte, fragwürdige und schon sehr lange nicht mehr adaptierte Größe. Im landwirtschaftlichen Bereich fand die letze Anhebung der Einheitswerte 1973 statt - die Einheitswerte für die Grundsteuer B wurde in den 1980ern angehoben.
Diese Absonderlichkeiten sind auch dem Verfassungsgerichtshof nicht entgangen - der VfGH hat für den Oktober 2010 eine Überprüfung der aktuell geltenden Regelung (Einheitswerte) angekündigt.
Es wäre demnach also gar nicht so unwahrscheinlich, dass die gegenwärtigen Debatten nicht die Atemluft wert sind, welche sie verbrauchen.
Eine einfache Lösung für heimische Politik-Mimosen: Der VfGH verlangt eine Reform, diese "muss" dann rasch gemacht werden und erfolgt dann in Form einer sogenannten "moderaten Anpassung" - und fast zufällig resultieren dann ein paar Mehreinnahmen für Gemeinden und Budgetloch. Wäre doch eine typisch österreichische Paradelösung?;-)
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Juni 2010