Wer sich in den nächsten Monaten und Jahren ein Elektroauto zulegt, stellt sich dieser Tage einige Fragen bezüglich Auftanklogistik (müsste ja eigentlich "Ladelogistik" heißen). Denn die meisten Elektroautos der aktuellen Generation haben nämlich Reichweiten zwischen 100 und 200 Kilometer - da ist das E-Car gegenwärtig eher nur als Stadtfahrzeug (bzw. für kurze Strecken) optimal eingesetzt.
Für längere Fahrten wird man die nächsten Jahre noch einen Zwischenstopp benötigen, welcher zumindest (bei Schnelllademöglichkeit) ein bis zwei Stunden dauert. Eine vollständige Ladung der Akkus aktueller -und bald auf den Markt kommender- Modelle dauert zumeist zwischen 7 und 9 Stunden.
Per 20.09.2010 vermeldet das "Elektrotankstellen-Verzeichnis in Österreich" (Link unten) sagenhafte 2.929 Elektrotankstellen in Österreich. Auf dieser Webseite kann man sich alle heimischen Stromtankstellen pro Bundesland ansehen: 1.245 Stück davon werden alleine in Niederösterreich verzeichnet, 419 in Oberösterreich und 352 in der Steiermark. Mehr Elektrotankstellen als Elektrofahrzeuge...
In Wien werden derzeit 123 Stromtankstellen gelistet, Schlusslicht ist Vorarlberg mit 58 Möglichkeiten einer Stromladung.
Sieht man sich diese netten Zahlen jedoch etwas näher an, kann von einer Vollversorgung aber noch keine Rede sein: Vielfach sind hier Privatleute, Gemeindeämter, Feuerwehren, Firmen etc. gelistet, welche bestenfalls nach telefonischer Vereinbarung ihre Stromdose zur Verfügung stellen.
Wirkliche Stromtankstellen (mit 24h Öffnungszeiten) sind derzeit noch selten, die Verrechnung für das Aufladen der Akkus ist noch sehr abenteuerlich.
Durch die derzeit noch geringen Reichweiten und die eher kleineren Ausführungen sind Elektroautos wohl zuerst im Stadtverkehr gefragt - oft wohl auch als Zweit- oder Drittwagen.
In Wien sieht es derzeit mit Ideen bezüglich Stromtankstellen noch sehr düster aus. Dabei wären Elektrotankstellen gerade im Stadtgebiet sehr gefragt - immerhin kann nicht jeder Wiener (gilt natürlich auch für Bewohner anderer Städte) das Stromkabel aus dem 3. Stock zum 500 Meter weit entferten Parkplatz legen. Hausbewohner mit Garage tun sich da schon etwas leichter...
Politik und Wirtschaft verschlafen hier einen deutlichen Trend, welcher auch den einen oder anderen "halbgrünen" Arbeitsplatz schaffen könnte - "halbgrün" desshalb, weil auch die Nutzung von Strom für Autos bei "ganz Grünen" sehr umstritten ist.
Aber immerhin: Wien schläft nicht ganz. In der neuen WIPARK-Garage in der Lehargasse (Wien 6) sind seit heute 6 Stellplätze zum Auftanken für Elektrofahrzeuge bereitgestellt.
Mit der Parkkarte kann man Parken und Tanken zugleich - beides wird dann vor der Ausfahrt aus der Garage gemeinsam mit der Parkkarte bezahlt. Klingt praktisch und professionell - und könnte ein Modell für viele Garagen werden.
Mit weiteren Stromtankstellen in WIPARK-Garagen ist jedenfalls zu rechnen - vorerst muss aber wohl der Boom bei den Elektroautos tatsächlich eintreffen. Auch muss man die Frage stellen, wieweit Besitzer von Elektroautos in kostenpflichtigen Parkgaragen parken wollen...
Der Stromlieferant der WIPARK-Stromtankstelle ist übrigens (nicht ganz unerwartet) die Wien Energie.
Fast hat man es ja für ein Gerücht gehalten: "Telefonzellen zu Stromtankstellen umbauen" geistert schon einige Zeit durch die Medien.
Seit ein paar Tagen gibt es aber tatsächlich das erste entsprechende Modell: Im niederösterreichischen Maria Taferl kann man seit 12.09 EVN-Strom an/neben der Telefonzelle zapfen.
Auch ein Projekt, welches durchaus Zukunft haben könnte - die Nutzung der Telefonzellen ist im Handyzeitalter ohnehin nur noch sehr gering. Ein anschließender Parkplatz ist dafür aber Voraussetzung.
Bei den gegenwärtigen Vorzeigeprojekten handelt es sich zwar um fundierte Ideen - die solide Versorgung bzw. ein dichtes Netz an Elektrotankstellen ist damit aber noch lange nicht gegeben bzw. in Sicht.
Bei den Elektroautos darf es keinesfalls zu folgendem Spiel kommen: Ohne Tankstellennetz kein Verkauf von Elektroautos - ohne Elektroautos keine Elektrotankstellen...
Neben den Landesversorgern (Stromlieferanten) sollten sich auch die Ölkonzerne (Tankstellen!) bald darauf einstellen, das ein Verschlafen eines Trends teuer werden kann. Der Einfluss der Poltik ist in den meisten dieser Unternehmen (z.B. OMV) ohnehin massiv - da darf schon die eine oder andere Million in die die Zukunft (und somit vielleicht auch daneben) investiert werden.
Auch gilt zu gewährleisten, dass hier eine volle Ladung Strom nicht 10 Euro kostet - anderswo die gleiche Menge dann um 20 Euro abgegeben wird. Abzocke sollte man gleich von Beginn an vermeiden und beobachten - die E-Control hätte hier sicher ein interessantes Aufgabengebiet. Das Definieren von Standards kann ebenso nur von offizieller Seite erfolgen.
Auch Betreiber von Einkaufszentren bzw. der Lebensmittelhandel sollten schon bald den einen oder anderen Ladeterminal installieren - auch wenn dort die Parkdauer wohl nur für einen Schnellladevorgang geeignet sind. Das könnte durchaus ein Umsatzmagnet werden und die Verweildauer im Einkaufstempel verlängern.
Neben Garagen, umgebauten Telefonzellen, Einkaufszentren, Tankstellen & Co. sollte man aber auch auf öffentlichen Gratisparkplätzen für eine Grundversorgung sorgen.
Die eine oder andere Parkzone, welche nur für Elektrofahrzeuge zur Verfügung gestellt wird (welche während dem Parken nachladen) würde in Städten sicher Sinn machen und wäre rasch installiert. Im Vorfeld sollte man diese Parkzonen aber unbedingt intelligent planen - und das kann schon ein paar Monate dauern...
Findet sich kein Betreiber, darf zur Finanzierung der Startphase ruhig ein wenig in die Stadtkassa gegriffen werden - dafür darf durchaus Geld vorhanden sein!
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - September 2010