Die heimische Bahn sorgte in letzter Zeit eher nur für Negativschlagzeilen. Spekulationen, schwere Verluste, Umsatzrückgänge, Einstellung von Nebenbahnen, laufender Austausch der Chefetage etc. Vor einigen Tagen präsentierte der neue ÖBB-Chef Kern voll Elan einige Sanierungsabsichten. Kritik seitens der ÖVP blieb nicht aus - in Wahlzeiten auch nicht weiter verwunderlich.
Für die schwer defizitären ÖBB standen dieser Tage die Lohnverhandlungen an der Tagesordnung. Angesichts der staatlichen Budgetnöte und der ohnehin angespannten Finanzlage der heimischen Bahn durfte sich die Arbeitnehmerseite (Gewerkschaft) keine zu hohen Erwartungen machen.
Erstaunlicherweise wurde ohne großes Getöse (Streikdrohungen etc.) schon heute ein Abschluss der Lohnrunde für Eisenbahner bekanntgegeben:
Bezieher von kleineren Einkommen erhalten bei den ÖBB rückwirkend per 1.7.10 einen Mehrbetrag von 35 Euro (fix). ÖBB-Angestelle mit einem Einkommen über der Höchstbeitragsgrundlage (4.110 Euro) gehen hingegen leer aus.
Bei Bezügen bis 2.100 Euro brutto bedeutet dies zumindest eine Inflationsabgeltung (1,7%) - darüber steigt man schlechter aus bzw. verzeichnet sogar einen inflationsbedingten Realeinkommensverlust (soweit aus der Inflation keine Deflation wird, was gegenwärtig nicht anzunehmen ist).
In Summe bedeutet das für die jährliche ÖBB Mehrkosten von ca. 25 Mio. Euro. Im Vorjahr legte man noch 44 Mio. Euro auf die Gehälter drauf. Über die gesamte Belegschaft gelegt, bedeuten dies durchschnittliche Lohnsteigerungen von 1,27%.
Auch wenn Staatssekretär Lopatka (ÖVP) den moderaten Lohnabschluss noch immer für zu hoch erachtet (da das Unternehmen ja defizitär ist): Die ÖBB werden damit wohl das Vorzeigebeispiel für die anstehenden Herbstlohnrunden (vor allem im staatsnahen Bereich) liefern.
Fixbeträge für niedrigere Einkommen, Nulllohnrunden für höhere Gehälter. Könnte durchaus Sinn ergeben.
Absolute Nulllohnrunden scheinen angesichts der noch zu beschließenden Belastungen für die Steuerzahler (Stichwort: Budget 2011) derzeit nicht sinnvoll. Auch wenn die Wien-Wahl schon in 2 Wochen geschlagen ist: Verteilungsgerechtigkeit wird wohl in den nächsten Jahrzehnten eine große Rolle spielen...
Auch bei den Pensionserhöhungen für 2011 könnten sich die Verhandler am ÖBB-Abschluss orientieren. Denn auch die Finanzierung der Pensionen ist ja bekanntlich (wie auch die der ÖBB) mit Milliardenzuschüssen durch den Steuerzahler verbunden - und auch hier wäre es wohl gerechter, hohe Pensionen einige Zeit einzufrieren und nur die kleineren Pensionen moderat zu erhöhen. "Gerechter" natürlich nur in Bezug auf die Verteilungsgerechtigkeit - nicht aber in Sachen Leistungsprinzip (auch dieses könnte man bei vielen Pensionisten wohl hinterfragen).
Für die Herbstlohnrunden abseits der staatlichen Bereiche scheinen derartige Lohnrunden aber angesichts der zuletzt recht guten Konjunktur eher unwahrscheinlich. Am 30.09 starten traditionell die Metaller mit der Übergabe der Forderungen. Man darf gespannt sein.
Ad hoc-Meldung - September 2010