In den letzten Wochen mehrten sich die positiven Berichte über die Entwicklung der Wirtschaftskennzahlen. So wurde auch in Österreich die BIP-Prognose wieder angehoben - von zuletzt 1,3 Prozent Plus ausgehend, wird die Wirtschaft im Lande heuer wohl um ca. 1,6 Prozent wachsen.
Auch die Arbeitslosenzahlen entwickelten sich in den letzten Monaten sehr positiv, die Inflation ist moderat und die Sommersaison im Tourismus verlief 2010 überraschend gut.
Aus den eingangs genannten Entwicklungen sollte man aber noch keine voreiligen Schlüsse ziehen - die Finanzkrise 2008 wird nämlich noch lange ihren Schatten auf die meisten Volkswirtschaften werfen.
Die Börsen nehmen diese noch kommenden Probleme derzeit vorweg: Trotz toller Zahlen der meisten Unternehmen (welche schon wieder in Richtung Vor-Finanzkrisen-Niveau gehen) bleiben die großen Kursanstiege heuer aus.
Auch wenn man der Eurozone aktuell für 2011 ein BIP-Wachstum von 1,5 Prozent zutraut (Österreich liegt hier mit einer Prognose von 1,6% ziemlich im Schnitt, Deutschland könnte um 2% wachsen) - diese Zahlen sind noch sehr vorsichtig zu sehen.
Kaum ein europäisches Land hat seine Hausaufgaben in Sachen Budgetsanierung schon erledigt. Österreich schon gar nicht.
In Österreich wurden sogar die Gespräche über eine (schwer notwendige) Budgetsanierung ob Regionalwahlen (Burgenland, Steiermark, Wien) in den Herbst verschoben. Nun fallen die Blätter von den Bäumen und die einstigen Großparteien (ÖVP und SPÖ) erhielten jüngst in Wien einer schweren Denkzettel verpasst.
Die arge Niederlage der Großkoalitionäre bei den Wahlen in Wien wird sich nun wohl auch sehr negativ auf die anstehenden Budgetverhandlungen auswirken: Keine Partei darf noch weiter an Profil verlieren (diese Angst war schon in den letzten Monaten evident) - "Blockieren, Streiten und am Schluss dann einen schlechten Kompromiss aushandelt" scheint wieder vorprogrammiert.
Strukturreformen, die diesen Namen auch verdienen? Derzeit wohl keine Chance.
Und doch ist ein Budget zu erstellen (will man sich nicht auf Neuwahlen einlassen) - welches mit Sicherheit die Lähmung der Politik weiter voranschreiten lässt und auch der Wirtschaft 2011 nichts Gutes tun wird.
Ein derzeit hoher Euro wird auch die heimische Exportwirtschaft schon sehr bald schädigen (ist aber nicht unwahrscheinlich, dass der Euro angesichts einiger Problemländer in Europa wieder unter Druck kommt), die Bauwirtschaft wird unter der Streichung von einigen Projekten in den nächsten Jahren sehr leiden, die Arbeitslosigkeit wird bestenfalls auf dem derzeitigen Niveau verharren.
Ob der Tourismus weiterhin solide läuft (einen Boom kann man nicht erwarten), hängt wohl auch stark von der weiteren Entwicklung der europäischen Konjunkturlokomotive Deutschland ab.
Auch die heimischen Banken sind noch nicht fein raus: Die stark in der Ostregion engagierten Banken hängen ganz stark von der wirtschaftlichen Entwicklung in diesen Ländern ab - die diesbezüglichen Aussichten sind derzeit noch immer alles andere als rosig.
Darüber hinaus sollte man auch nicht vergessen, dass derzeit immer mit Zahlen aus dem Katastrophenjahr 2009 (BIP: -3,6%) verglichen wird - da sehen die Zahlen eben noch recht gut aus. Doch erst im nächsten Jahr ist der Vergleich wieder einigermaßen aussagekräftig.
Und last, but not least, wird auch der private Konsum ziemlich unter den notwendigen Sparmaßnahmen der Regierung leiden. Zuletzt stark gestiegene Rohstoffpreise und Energiepreise werden wohl auch die Inflationsrate wieder über die Lohnabschlüsse treiben.
Die halbwegs guten Prognosen für 2011 darf man derzeit jedenfalls anzweifeln.
Ad hoc-Meldung - Oktober 2010