Der Budgetsanierungsversuch der Bundesregierung liegt nun seit einigen Tagen vor und wird auch schon wieder heftig von Interessensvertretungen zerpflückt. Es ist durchaus anzunehmen, dass hier noch einige Korrekturen (welche mit Mindereinnahmen verbunden sind) folgen werden.
Während man gerade wieder Pensionen und Beamtengehälter minimal erhöht (um Geld, welches eigentlich nicht mehr da ist) und Bauabschnitte des umstrittenen (weil extrem teuren) Koralmtunnel an die Strabag vergibt, steigen die Staatsschulden Tag um Tag, Stunde um Stunde.
Haben Sie gewusst, dass Österreich per heute (29.10.2010) ungefähr 191 Milliarden Schulden hat und dass dieser Schuldenberg schon Anfang 2011 die 200-Milliarden-Marke knacken wird?
Und wissen Sie auch, dass jeder heimische Staatsbürger dadurch derzeit eine Schuldenlast von ca. 25.500 Euro tragen muss? Sie hätten das Geld gleich? Gratulation - dann sehen Sie sich gleich einmal auf den heimischen Straßen um und versuchen Sie zu beurteilen, ob das für andere Menschen auch zutreffend ist. Wahrscheinlich eher selten...
Natürlich ist Österreich ein reiches Land, welches in internationalen Vergleichen (Vermögen, Lebensqualität, Arbeitslosenrate, Sicherheit, Gesundheitssystem, Pensionen etc.) immer wieder im (positivem) Spitzenfeld landet - die Abgabenquote in Österreich (derzeit ca. 43%) ist aber auch entsprechend hoch und schadet auf längere Sicht der Wettbewerbsfähigkeit.
Natürlich soll sich Österreich bezüglich Sozialstandards nicht in Richtung Schwellen- und Entwicklungsland zurückentwickeln - häuft man jedoch weiterhin ungehemmt immense Staatsschulden an (mit welchen die wirtschaftliche Entwicklung des Landes nicht Schritt halten kann), droht auch hierzulande der Finanzkollaps: Griechenland lässt grüßen.
Sie halten das für unmöglich bzw. unwahrscheinlich? Nun ja - lesen Sie einfach weiter...
Die Ausgangslage: Ende 2009 betrug die Staatsverschuldung Österreichs knapp über 185.000.000.000 Euro (In Worten: 185 Milliarden). Das entspricht 67,5% des heimischen Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Trotz mittlerweile wieder halbwegs solider Konjunktur (das BIP wird in Österreich heuer um ca. 1,4% ansteigen) wirken derzeit noch die Konjunkturpakete und Ausgaben für die Finanzkrise kräftig nach und werden den Schuldenstand Österreichs bis Ende 2010 auf ca. 70,2% des BIP ansteigen lassen. Die Neuverschuldung Österreichs beträgt 2010 ca. 4,5% des BIP.
Auch 2011 (trotz kommender Budgetsanierung) steigt der Schuldenstand Österreichs weiter an - derzeit rechnet man für 2010 mit einem BIP-Wachstum von ca. 1,8 bis 2%, einer Neuverschuldung von ca. 3,2% des BIP (optimistisch, lt. Plan der Bundesregierung) und einem Gesamtschuldenstand von ca. 72,6% (realistische EU-Schätzung).
2012 soll lt. Bundesregierung die Neuverschuldung mit 2,9% wieder unter der von der EU vorgegebnenen Grenze von 3% liegen. 2014 würde die EU Österreich dann (nach heutigen Annahmen) eine Neuverschuldung von ca. 2,2% zutrauen.
Vor einigen Jahren legte die EU die Staatsschuldengrenze bei 60% des BIP fest - eine durchaus nicht unintelligente Marke, welche Staaten noch realistisch erlaubt, die Staatsverschuldung auch kontrollieren zu können. Nur 2007 konnte Österreich diese Marke erreichen (59,8%) - seitdem stiegen die Schulden deutlich an und liegen - wie schon erwähnt - derzeit bei ca. 70% des BIP.
Wie weit diese (halbwegs gesunde) 60%-Marke nun entfernt liegt, beweist eine Studie des (unverdächtigen) IHS (Institut für höhere Studien):
Wächst das BIP in den nächsten Jahren immer um jeweils 2% (was aus derzeitiger Sicht sehr optimistisch ist) und der Staat macht ab sofort keine Schulden mehr (Nulldefizit - was derzeit sehr unrealistisch erscheint), würde man diese 60%-Marke trotzdem erst 2026 erreichen!
Bei einem durchschnittlichen Defizit von 1% pro Jahr (auch eine harte Vorgabe, welche derzeit noch immer nicht in Sicht ist) und einem BIP-Wachstum von 2% würde es gar bis ca. 2064 dauern, bis man wieder Staatsschulden unter 60% des BIP hat.
Achtung, Ironie: Und bis 2064 wird es ja sicher keine Finanzkrise mehr geben und das Wachstum in einem europäischen Wohlfahrtsstaat wird ob unserer jungen und kinderfreundlichen Bevölkerung ja ungebrochen bleiben...
Das ist Ihnen alles ohnehin "Wurscht" oder "Blunzn" - denn das Jahr 2064 erleben Sie statistisch gesehen ohnehin nicht mehr? Und Kinder haben Sie auch keine? Keine in Österreich untypische Haltung.
Aber nicht zu früh freuen: Steigt nämlich die Staatsverschuldung weiterhin derart dramatisch an, sind schon in den nächsten Jahren massive Eingriffe ins heimische Sozialparadies (in welchem sich immer noch sehr viele Maden im Speck wohlfühlen) notwendig.
Die Bonität des Schuldners Österreich ist nämlich schon jetzt stark in Gefahr: Ohne Sanierung der Staatshaushalte (welche einnahmen- und ausgabenseitig erfolgen muss) hat Österreich schon in wenigen Jahren eine Bonität, welche der Bonität Griechenlands stark ähnelt. Und griechische Zustände möchte hierzulande wohl keiner erleben...
Ergo: Auch Österreich wird in den nächsten Jahren noch mehrmals in einen sauren Apfel beißen müssen und massiv sparen. Die aktuelle Budgetsanierung ist hier nur der Anfang einer Serie von Reformen, Steuererhöhungen, Kürzungen von Sozialleistungen etc.
Auch wenn VP-Vizekanzler Pröll für seine Klientel sehr gut verhandelt hat: Gerade über Vermögensteuern wird man in den nächsten Jahren sehr viel sprechen (müssen). Und die Bauern werden auch nicht ewig um einen Sanierungsbeitrag herumkommen. Massensteuererhöhungen (wie derzeit) verträgt die heimische Gesellschaft nicht mehr oft - auch Einkommen- und Lohnsteuern sind eher am Limit (außer in den höchsten Einkommensschichten).
Wer das politisch umsetzen soll, bleibt weiterhin offen. Spricht man mit den Menschen nicht ehrlich ("es ist kein Geld mehr da") und rettet sich politisch weiter von Legislaturperiode zu Legislaturperiode (wie in den letzten Jahrzehnten), wird eines Tages ein gewisser H.C. Strache (oder ein anderer -beliebig austauschbarer-Populist) die Sanierung des Landes übernehmen müssen. Ob das wünschenswert ist...?
Klicken Sie einfach auf den Link unten und beobachten Sie ein Weilchen die aktuelle Staatsverschuldung: Ein wirtschaftlich denkender Mensch, der auch ein wenig über den Tellerrand (und in die wirtschaftliche Zukunft) blicken kann und will, wird verstehen, dass die Politik in den nächsten Jahren nichts mehr verteilen kann - im Gegenteil.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Oktober 2010