Am 1.1.2011 führt Estland als 17. Land der EU den Euro ein. Das kleinste und nördlichste Land aus dem Baltikum (ca. 1,3 Mio. Einwohner, Hauptstadt Tallinn) ersetzt damit die Estnische Krone - für 15,6466 Kronen erhält man einen Euro.
Auch wenn der Euro ob Problemländer (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien etc.) 2010 eher negativ im Gerade war und sich der Jubel um den Euro somit in Grenzen hielt: Estland ist tatsächlich eine kleine Bereicherung für die Eurozone.
Estland trat nahezu ohne Schulden 2004 der EU (sowie auch der NATO) bei und hatte Jahr für Jahr hervorragende Wirtschaftsdaten geliefert. Die zumeist liberale Regierung hielt die Staatsschulden (im Gegensatz zu vielen anderen Ex-Ostblock-Staaten) absolut in Grenzen und verzeichnete Jahr für Jahr starkes Wirtschaftswachstum:
Auch wenn das Budgetdefizit heuer mit ca. 2,4% des BIP leicht negativ ausfallen wird - Estland liegt mit einer Gesamtverschuldung von nur ca. 9,6% des BIP im absoluten europäischen Spitzenfeld. Ein Schuldenstand, um den viele (natürlich auch Österreich) Estland beneiden.
Die hauptsächlich aus Esten (ca. 69%) und Russen (ca. 25%) bestehende Bevölkerung hat aber sehr wohl noch ein Problem: Die Arbeitslosigkeit ist in Estland mit ca. 17% sehr hoch, die Abwanderung von jungen und gut ausgebildeten Bevölkerungsteilen (z.B. nach Finnland) ist ebenfalls kein Vorteil. Auch werden die Esten den Russen am Arbeitsmarkt vorgezogen - ein Relikt aus den Zeiten der Sowjetunion an welchem Estland wohl noch einige Jahre knabbern wird müssen.
Mit soliden Wachstumsraten (2010: ca. 2,4%, 2011: ca. 4,4%) könnte man aber die Arbeitslosenquote weiter senken - eine Abgabenquote von ca. 36% (Österreich: ca. 44%) lässt hier noch Luft zum Atmen.
Schon dieser Tage kann man bei Ebay jede Menge Euromünzen aus Estland erwerben - die Münzen werden mit einiger Sicherheit zu gefragten Sammlerstücken. Während noch einige Münzen aus den kleinen Euroländern Zypern oder Malta es via Urlauber nach Österreich schaffen, so ist die Verbreitung von estnischen Euromünzen über Europa kaum zu erwarten.
Erfahrungsgemäß sollte man aber solche Münzen nicht jetzt erwerben (wo die Nachfrage stark ist) - sondern noch ein wenig zuwarten. Für ein paar Cent aus Estland hohe Eurobeträge hinzulegen macht wohl weniger Sinn.
Eine interessanter Anbieter von Festgeld (auch in Österreich tätig) kommt ebenfalls aus Estland: Die BIGBANK.
Die Internetbank aus Tartu versucht sich seit einiger Zeit mit hohen Zinsangeboten auf dem lahmen heimischen Festgeldmarkt (in Deutschland dürfte die BIGBANK da erfolgreicher sein). Der Eurobeitritt Estlands könnte der Bigbank in Sachen Einlagensicherung durchaus Flügel verleihen - trotz 50.000 Euro Einlagensicherung waren hier noch viele Anleger skeptisch.
Vielleicht auch mit dem Hintergrund der sogenannten Tigerstaaten aus Europa: Auch Irland zählte man einst dazu - die Bankenlandschaft Irlands ist mittlerweile ein Sanierungsfall...
Bezüglich Estland und BIGBANK sollte man sich hier aber weniger Sorgen machen müssen - Estland ist (bisweilen) ein europäischer Musterschüler. Möge es so bleiben.
Willkommen in der Eurozone!
Ad hoc-Meldung - Dezember 2010