Den einstigen Glanz und die ehemalige Bedeutung der 1771 (2.9.1771 war der erste Handelstag) von Kaiserin Maria Theresia gegründeten Wiener Börse kann man als Tourist noch immer im 1. Wiener Gemeindebezirk erkennen - das Börsegebäude ist durchaus noch immer sehenswert.
Der Börsenhandel der diversen Segmente in Wien findet aber schon seit 2001 in der Wallnerstraße 8 (ebenfalls 1. Bezirk) statt - in der Wiener Börse (die eine der ältesten Börsen der Welt ist) selbst ist es ziemlich ruhig geworden.
Die Wiener Börse ist nach wie vor die einzige Wertpapierbörse in Österreich.
Sie ist eine 100-prozentige Tochter der CEE Stock Exchange Group (Holding mit Sitz in Wien), welche sich im Besitz von Banken und österreichischen Unternehmen befindet. Die CEE SEG hält auch Mehrheiten an der Budapester Börse, der Börse in Laibach (Ljubljana) und an der Prager Börse.
Anfangs war der Handel an der Wiener Börse eher auf Anleihen beschränkt. 1818 kam mit der Österreichischen Nationalbank die erste AG mit Aktien an die Börse.
Mitte des 19. Jahrhunderts folgten dann ob des industriellen Aufschwungs viele weitere Unternehmen und holten sich Geld an der Börse. Am 9.5.1873 kam es dann aber in Wien zum ersten Börsenkrach, welcher mit dem Ende von vielen Aktiengesellschaften (sowie vielen verzweifelten Menschen) endete. Zu dieser Zeit war die Wiener Börse oft der größte Aktienmarkt der Welt.
Erst der Ausbruch des 1. Weltkrieges stoppte die Konsolidierung am Wiener Markt - während dem 1. Weltkrieg war die Börse dann geschlossen um erst 1919 wieder eröffnet zu werden.
Hohe Inflation und eine gewaltige Wirtschaftskrise (die auch Folge des Krieges war) führten schon im März 1924 zu einen gewaltigen Crash in Wien. Die Wiener Börse blieb aber in Europa nach wie vor ziemlich bedeutend.
1938 (nach dem Anschluss an Deutschland) wurde die Wiener Börse dem deutschen Börsenrecht unterstellt, der Handel ging aber bis knapp vor Ende des 2. Weltkriegs weiter.
1948 wurde die Wiener Börse wieder eröffnet - ob vieler Verstaatlichungen blieb der Handel mit Aktien aber fortan sehr sehr dünn. Nur Anleihen wurden wieder vermehrt über die Börse gehandelt.
Nur der Brand der Wiener Börse am 13.4.1956 holte die Wiener Börse ein wenig aus dem Dornröschenschlaf - im Dezember 1959 kam es dann zur Wiedereröffnung. Der Handel mit Aktien sollte aber weiterhin kaum Bedeutung haben.
Erst 1985 wurde man international (und folglich auch national) wieder auf den Börsenplatz Wien aufmerksam. Ein US-amerikanischer Analyst hatte Wien entdeckt und empfohlen - die Kurse stiegen fast täglich massiv an.
Bei den wenigen gehandelten Optionsscheinen stiegen an manchen Tagen sogar Put- UND Call-Optionen (also quasi Wetten auf steigende und fallende Kurse) - so extrem war die Nachfrage nach den wenigen erhältlichen Wertpapieren in Wien und so extrem uninformiert war auch das Wiener Börsenpublikum...
Ob der damals recht antiquierten Kursbildungen kam es in vielen Werten oft gar nicht zu Transaktionen - die Kurszusätze "W" (nur Warenangebot, kein Geldumsatz), "rW" (hauptsächlich Ware, wenig Geldumsatz), "G" (nur Geldangebot, kein Warenumsatz) und "rG" (hauptsächlich Geldangebot, wenig Warenumsatz) dürften dieser Tage bei älteren Anlegern ein gequältes Lächeln (und wenig Verständnis für das damalige System) hervorbringen.
Die Auferstehung der Wiener Börse brachte auch einige Aktiengesellschaften an die Wiener Börse. Neben den staatlichen bzw. halbstaatlichen Unternehmen wie OMV, Verbund, EVN oder AUA gingen aber auch sehr viele neue Unternehmen an die Börse und holten sich Eigenkapital.
Viele dieser Unternehmen sind heute gar nicht mehr auf dem Kurszettel zu finden - entweder wurden sie übernommen (z.B. AUA oder Böhler-Uddeholm) oder gingen in Konkurs bzw. Ausgleich (z.B. Glanzstoff AG, Krems Chemie AG etc.).
1997 startete die Wiener Börse mit der Termin- und Optionenbörse ÖTOB (heute "derivatives markets.at") und stellte den unspektakulären Parketthandel ein. 1999 schon sollte das innovative Handelssystem XETRA folgen.
2001 folgte dann die Übersiedelung in die Wallnerstraße 8 - im neuen Jahrtausend war es mit dem Boom der Wiener Börse dann aber auch schon ziemlich vorbei. Der lange grasierenden Ostphatasie wich dann oft die Enttäuschung und neue Börsegänge blieben in Wien ziemlich aus. Und doch gab es auch in Wien immer wieder einige fette Jahre für Anleger zu verzeichnen.
Mit März 2014 ist übrigens der Terminmarkt an der Börse Wien Geschichte. Die Börse AG bietet seitdem den (zuletzt defizitären) Handel mit Derivaten nicht mehr an und überlässt diesen der deutlich erfolgreicheren europäischen Terminbörse EUREX.
Seit 2.1.1991 ist übrigens der ATX (Austrian Traded Index) der Leitindex der Wiener Börse. Der ATX löste damit 1991 den WBI (Wiener Börsekammer Index) ab.
Der Start des ATX erfolgte mit 1.000 Punkten. Der Tiefststand wurde am 13.8.1992 mit 682,96 Punkten erreicht - der Höchststand lag während des Handels am 9.7.2007 bei 5.010,93 Punkten, Schlusskurs war am 9.7.2007 dann 4.981,87.
Im ATX werden übrigens (im Gegensatz zu vielen anderen bekannten Indexwerten) keine Dividendenauszahlungen berücksichtigt - diese sind im ATX TR (ATX Total Return) berücksichtigt, der dadurch auch deutlich höher ist als der ATX selbst.
Mehr interessante Infos und Fakten zur Wiener Börse und zum ATX finden Sie bei den Linktipps.
Geldmarie-Linktipps: