Die Elektromobilität übt auf die Geldmarie durchaus seine Reize aus - wiewohl die Anschaffung eines Elektroautos wohl erst in einigen Jahren wirklich für alle interessant werden könnte. Zu teuer und zu wenig Reichweite - das sind die Hauptargumente, die (auch Stand 2024) noch gegen den Kauf eines "Stromers" als Haupt-PKW sprechen.
Im Sommer 2018 ergab sich aber zufällig die Möglichkeit, ein gebrauchtes, jedoch sofort fahrbereites Elektromoped zum Preis von 1.000 Euro zu erwerben - und da der Verkauf des Gatschhupfers schon einige Zeit zurücklag (und gerade kein Motorrad in der Garage stand) und auch das eigene Fahrrad schon sehr ramponiert (quasi unfahrbar) war, schlug ich zu:
Eine Motorrad der Marke IO Florenz, Erstzulassung 2011, Zweisitzer, grün mit weißen Blumenpickerl (nix für Maschos;-), Höchstgeschwindigkeit lt. Zulassungsschein 45 km/h, 142 Kilo Eigengewicht, Kilometerstand ca. 4.000 km, wurde aus Liesing geholt - schon die Probefahrt hat Riesenspaß gemacht!
Die IO Florenz sieht ein wenig aus wie eine Vespa, ist ein Produkt eines heimischen Unternehmens (iO Scooter GmbH aus Brunn am Gebirge) und wurde 2016 vom Vorbesitzer um rund 2.500 Euro von (schwachen) Blei-Akku auf Lithium-Akkus umgerüstet. Diese 4 Akkus befinden sich unter dem Sitz und sind mit einem Handgriff schwuppdiwupp herausgezogen - sehr praktisch für Menschen, die in der Wohnung bzw. im Büro laden müssen...
Für mich ist das nicht wirklich relevant: Geladen wird nämlich über einen Charger in der hauseigenen Garage - und zwar 100% Grünstrom aus der hauseigenen Photovoltaikanlage.
Ca. 3 Kilowatt Strom passen in die 4 Batterien, mit einer Ladeleistung von 600 Watt die Stunde sind die (komplett leeren) Akkus demnach in ca. 5 Stunden voll.
Der höchst seriöse Verkäufer sprach von maximal 30 Kilometern, die sich risikolos mit einer vollen Ladung ausgehen. Derart informiert, vermeidet man anfangs weitere Fahrten mit dem E-Moped und tastet sich langsam an das wirkliche Limit heran.
Waren es 2018 noch maximal Fahrten von 20 bis 30 Kilometer, so stand seit 2019 fest: Da geht noch mehr! Im Frühling 2019 wurden auch schon locker 50 Kilometer geschafft, ohne in den tiefroten Bereich zu kommen - die höhere Reichweite hängt natürlich sehr vom Gewicht des Fahrers ab. Und der Vorbesitzer war ein wenig größer und wohl auch schwerer...
Fährt man ständig Vollgas, wiegt selbst 100 Kilo oder mehr und das Moped plagt sich auch noch mit einem Beifahrer, sinkt die Reichweite natürlich deutlich.
Meine Empfehlung für Reichweitenangsthasen: Sich langsam an den "roten Bereich" herantasten und dann noch ein paar Runden um den Häuserblock fahren - damit hat man dann auch die Erfahrung, wieviel Reservestrom im Ernstfall wirklich noch bleibt...
Wie auch bei vielen Tank- bzw. Reichweitenanzeigen beim PKW fällt die Anzeige auch bei der iO zuerst nur sehr langsam (bei Vollspeed deutlich schneller, erholt sich dann aber bei Reduktion gleich rasch) - hier sollte man (wie beim Auto auch) eher nicht annehmen, dass bei "Halbzeit" noch einmal die gleiche Kilometeranzahl möglich ist!
Wer Moped- oder Motorraderfahrung hat, wird sich mit einem Elektromoped oder Elektromotorrad nicht sehr schwer tun: Dieses lässt sich fast so einfach fahren wie ein Fahrrad, ist aber natürlich deutlich schwerer als ein Rad bzw. auch ein E-Bike.
Weht der Wind günstig, werfen überholende oder vorausfahrende Autos Windschatten und ist man selber nicht zu schwer, nähert sich der Tacho fast sogar der 60-km/h-Marke und man muss im Stadtverkehr oft gar nicht mehr auf die Seite fahren. Besonders stark beschleunigt das Moped nach frischer Ladung und 2021 brachte ein Reifenwechsel auch ein paar zusätzliche km/h.
Die Beschleunigung von der Ampel weg ist nett - aber natürlich nicht mit einem E-Car oder gar einem Motorrad vergleichbar - da muss man sich schon ein E-Motorrad (kein E-Moped) zulegen, um diesbezüglich Porsche & Co. abzustauben;-)
Aber für den Stadtverkehr reicht die Power jedenfalls aus (mehr wäre ziemlich unnötig) - wer am Land bzw. in den Bergen wohnt, wird sich aber wohl stärkere Gerätschaft zulegen.
Apropos Land: Geländegängig ist ein solcher Mopedroller nicht wirklich (auch nicht dafür gebaut) - ein Ausflug in die Botanik (buckeliger Feldweg) endete Ende 2018 mit Kontaktproblemen. Derartige Wege demnach eher meiden (oder sehr langsam fahren) - auch in Sachen Schienen, Schlaglöcher etc. sind Reifen bzw. Stoßdämpfer nicht wirklich "the yellow from the egg" und es rumpelt gewaltig...
Das bisweilen negativste Erlebnis war aber jedenfalls ein Defekt bei einer Vollbremsung: Die Bremsen beim Hinterrad fetzte es dabei quasi heraus (technisch kann ich Ihnen das leider nicht kompetent beschreiben) - ich griff komplett ins Leere. Zum Glück hat der Rechtskommende damals auf seinen Vorrang verzichtet...
2023 folgte dann ein Reifenplatzer - auch nicht ganz ungefährlich...
Nochmalig zum Thema "Erschrecken": Oft reißt es Passanten (oder auch Moped und Autofahrer, wenn man sich bei der Ampel nähert) - das geräuscharme Auftauchen eines Elektromopeds sollte deren Fahrer ein wenig mehr Vorsicht walten lassen, als mit Benzinmofas & Co.
Dem Erschrecken folgt dann aber auch sehr häufig ein Erstaunen - mit einem E-Moped ist man nach wie vor ein Exot. Wenn das Moped dann auch noch derart knallig grün ist wie mein Exemplar, erntet man zumeist sogar nette bzw. zumindest erstaunte Blicke.
Weil die Geldmarie auch ein bisserl ein Schmähtandler ist, werden -gute Laune vorausgesetzt- gerne auch dicke Biker mit schwerem Gerät an roten Ampeln herausgefordert: "Wos is, Hazerl?". Ein (mitleidiges) Grinsen ist mir sicher - und wenn einer dann vollgas wegdüst, hat er schon verloren;-)
In Summe ist der Fahrspaß mit einem Elektromoped jedenfalls groß - auch das (in Wien evidente) Parkplatzproblem fällt natürlich völlig weg.
Gefahren wird jeder passende Weg vom Frühling bis in den Herbst (außer bei Regen) - und selbst an warmen Wintertagen macht das grüne Biest oft einen kleinen Ausritt...
500 Kilometer wurden 2018 (in wenigen Monaten) mit der iO Florenz zurückgelegt, 2019 wurden es dann schon 985 Kilometer, 2020 waren es (auch ob Corona) mit 523 deutlich weniger, auch 2021 waren mit rund 600 Kilometer die Fahrten überschaubar. 2022 wurden es dann mit rund 800 Kilometer schon ein wenig mehr, 2023 legte die IO dann 743 Kilometer zurück, 2024 waren es deren dann nur 572.
Um 2.000 bis 3.500 Euro kriegt man dieser Tage schon neue Mopeds oder Motorräder mit Reichweiten von (ehrlichen) 50 bis 100 Kilometer. Bei gebrauchten Elektromopeds (gibt es auch schon zuhauf) unbedingt darauf blicken, in welchem Zustand der Akku ist bzw. wann dieser gekauft wurde.
Wie auch beim normalen Auto/Motorrad/Moped gilt: Zu Fuß gehen, Radfahren oder Öffis verwenden ist jedenfalls gesünder bzw. auch billiger.
Fällt durch die Verwendung eines Elektromopeds aber z.B. der Zweitwagen weg oder lassen sich damit einge oder gar viele PKW-Kilometer vermeiden, so kann ein Elektromoperl für vielen Menschen schon großen Sinn machen!
Wie immer sind auch hier die Anschaffungskosten die "Krot", die es einmal zu fressen gilt!
Die laufenden Kosten selbst sind sehr überschaubar: 113 Euro kostet mich ein Jahr Haftpflichtversicherung, rund 50 Euro das Pickerl. Dazu kommen dann im Laufe der Zeit wohl auch noch ein paar Verschleißteile...
Für eine Vollladung des Mopeds sind 3 KW Strom vonnöten - mit diesem Euro pro Vollladung kann ich dann ca. 30-50 Kilometer fahren! Also maximale Kilometerkosten von 2-3 Cent - ziemlich genial, finde ich. Neuere Modelle unterbieten diese Kosten übrigens noch deutlich!
Bei mir sind die Stromkosten noch günstiger: Ich lade nur, wenn die Sonne gerade ausreichend Photovoltaikstrom produziert - also quasi gratis. Nimmt man es genau, entgehen mir pro 3 gelandenen KW ca. 20-50 Cent (für den sonst eingespeisten Strom, je nach aktuellem Tarif)....
Eher unangenehm wird es dann aber wieder, wenn die Akkus nachlassen bzw. ausgetauscht werden müssen - ca. 8 Jahre Lebensdauer wurden meinen Lithium-Ionen-Akkus attestiert, 2024 sollte demnach einmalig teuer werden bzw. zur Überlegung führen, ob das Moped weiterbetrieben wird. 2024 lief jedenfalls der Akku noch gut (dafür war der Starter-Kontakt eher fehleranfällig) - und so wird wohl auch noch 2025 damit gefahren...
Wie bei neuer Technik (die sich rasant überholt) oft üblich, bleibt natürlich auch noch die Frage, wieweit und wie lange man für dieses Fabrikat noch Ersatzteile bekommen wird - hier kann es natürlich noch zu unliebsamen Überraschungen kommen.
Wie auch immer: Die ersten 7 Jahre mit dem Elektromoped haben (trotz Defekten im ersten Jahr) großen Spaß gemacht!