Mit dem Einzug von variablen Stromtarifen und vielen Stromanbietern gibt es zwar nunmehr deutlich mehr Angebot auf dem Strommarkt - sich hier den besten bzw. billigsten Stromtarif rauszupicken, ist damit auch ein Stückchen schwieriger geworden.
Vor ein paar Jahrzehnten bezog man den Strom noch beim lokalen Stromanbieter und war den jeweiligen Preisen auch ziemlich ausgeliefert. Mit der Marktliberalisierung kamen aber rasch neue Stromanbieter auf den Markt und schließlich wurde auch an den Stromtarifen gefeilt und neue Produkte entstanden.
Die Ansprüche in den diversen Haushalten werden aber ebenso immer individueller: Da verändert eine neue Wärmepumpe plötzlich das Nutzerverhalten, eine Photovoltaikanlage kommt aufs Dach oder ein Elektroauto in die Garage.
Der eine Haushalt hat ganztägig ziemlich gleichmäßigen Stromverbrauch, der nächste Haushalt hat deutliche Spitzenzeiten (Kochen, Wäsche, Geschirrspüler, Kühlen, E-Car laden etc.).
Da macht es schon absolut Sinn, sich (erstens) einmal zu informieren, ob es -über das Jahr gesehen- nicht deutlich günstiger geht als beim aktuellen Anbieter (der im Normalfall immer noch der Landes- oder Stadtversorger ist) und (zweitens) ob es nicht auch gescheit wäre, die Art des Stromtarifes ebenso einmal zu hinterfragen. Ein Fixtarif (wie früher üblich) muss nämlich nicht unbedingt vorteilhaft sein...
Bei den Tarifen gibt es nämlich mittlerweile 3 unterschiedliche Varianten, welche alle ihre Vor- und Nachteile haben. Einige davon haben wir hier (inklusive Kurzbeschreibung der Tarife) aufgelistet:
Fixtarife sind Stromtarife, die die meisten Österreicher bevorzugen. Diese Tarife bleiben nämlich für eine (laut Bedingungen) fixierte Zeit konstant und werden z.B. nur 1x im Halbjahr oder 1x im Jahr an einen Index angepasst.
Das kann z.B. der Österreichische Strompreisindex (ÖSPI) sein: Steigt dieser, so gibt es zum fixierten Stichtag dann eine Preiserhöhung für die Stromkomponente (Netzkosten und Steuer kommen natürlich immer noch dazu!), fällt dieser, so wird der reine Strompreis entsprechend günstiger. Ein Fixtarif hat daher (aus betriebswirtschaftlichen Gründen absolut notwendig) daher auch eine variable Komponente, bleibt aber längere Zeit konstant.
Bei den Landesversorgern sind diese Tarife zumeist etwas teurer als bei den Alternativanbietern - im Krisenfall halten diese dann aber auch bis zur nächsten Anpassung. So mussten z.B. in der Energiekrise 2022 plötzlich viele von vom Markt verschwundenen Alternativanbietern sich einen neuen Anbieter suchen - und das war gerade in dieser Zeit dann extrem teuer. Die Stammkunden waren da in dieser Phase deutlich besser dran - wurden aber natürlich später (zum vertraglich vereinbarten Termin) auch mit höheren Strompreisen konfrontiert.
Vorsichtige Stromkunden setzen demnach auf einen Fixtarif, der in der Regel doch teurer ist als die Varianten 2 und 3 (siehe weiter unten).
Sehr wohl gibt es aber auch solide Alternativanbieter, die Fixtarife anbieten, die auch Krisenzeiten (stark steigende Strompreise) gut überstehen - ab und an sollte man auch mit Fixtarif einen Strompreisvergleich anstellen!
Bei den Fixpreistarifen ist es aber auch möglich, dass es für manche Stunden (z.B. zwischen 22 und 6 Uhr) günstigere Fixpreise gibt als für den Rest des Tages, an dem der Normal-Fixpreis gilt. So werden "Wärmepumpentarife" für die Nachtstunden immer beliebter, früher oder später wird es wohl auch günstige Fixtarife für E-Car-Laden (in den Nachtstunden) geben...
Floatertarife sind Stromtarife mit variablen Preisen.
Sehr häufig sind diese mit einer monatlichen Preisfestsetzung verbunden (natürlich sind auch andere Intervalle wie vierteljährlich etc. möglich) - die Preise können aber auch Komponenten wie die Tageszeit (in der Nacht bzw. zu gewissen Zeiten billiger etc.) aufweisen.
Die Kosten richten sich dann nach einem vertraglich definierten Index - das kann z.B. ein Index der OEMAG sein oder auch ein Index der EEX (European Energy Exchange) oder vielleicht auch ein Index anderer Strombörsen.
Bei starken Ausschlägen nach oben wird man als Kunde diesen Tarif natürlich bei nächster Möglichkeit kündigen - ob es dann auf einem sehr sensiblen Markt (wie 2022) günstige Alternativen gibt, ist allerdings fraglich. Da kann man mit Floatertarifen dann auch schon einmal auf der Verliererseite liegen.
Stark steigende Strompreise sind also das Hauptrisiko bei den Floatern - die in normalen Zeiten (also bei gleichbleibenden, fallenden oder nur leicht steigenden Strompreisen) aber günstiger sind, als die Fixtarife. Teilweise sogar deutlich günstiger.
Wer einen Floatertarif abschließt, sollte aber nicht nur auf den Preis blicken - vielmehr auch auf die Bedingungen / sonstigen Konditionen! Lesen schadet hier nie.
Dynamische Tarife bzw. Stundentarife sind quasi die Weiterentwicklung der Floater.
Insbesondere das Installieren von Smart Meter (= moderne Stromzähler, in den meisten Haushalten Österreichs vorhanden) machte es möglich, nun auch Stundentarife für Strom anzubieten.
Ob der (insbesondere durch die Erneuerbaren) immer stärker schwankenden Stromproduktion werden Stundentarife laufend interessanter und man kann dann z.B. an Tagen mit viel Wasserstrom, Windstrom und Sonnenstrom von extrem niedrigen bis sogar negativen Strompreisen profitieren, die man z.B. dazu nutzen kann, starke Stromverbraucher (Elektroauto, Pool, Wärmepumpe, Geschirrspüler, Waschmaschine etc.) genau dann zu aktiveren, wenn der Strompreis für diesen Tag besonders günstig ist. Insbesondere an Wochenenden (mit weniger Stromlast) können da sogar Negativpreise resultierne.
Aktuell sind Stundentarife noch nicht sehr häufig im Angebot der Stromanbieter - nachdem dadurch aber die Stromerzeugungsspitzen geglättet werden kann (durch Mehrverbrauch in billigen Stunden mit hoher Überschussproduktion) könnten diese Tarife bei häufigerer Verwendung durchaus dazu führen, dass die "Stromkurve" wieder in runderen Bahnen verläuft und die starke Volatilität auf den Strommärkten etwas reduziert wird.
In Österreich hat sich hier der Anbieter aWATTar schon sehr früh einen Namen gemacht und lockt mit Stundentarifen. Hier wird (Stand 06/2024) z.B. der EPEX Spot AT 60 min, day ahead, herangezogen. Auf diesen am Vortag ermittelten Börsenpreis werden noch 3% zugeschlagen und 1,5 Cent pro kWh "Beschaffungskomponente" hinzugefügt - und man kann dann am nächsten Tag genau steuern, wann man Strom verbrauchen will...
Derartige Tarife sind natürlich insbesondere bei moderner Haustechnik plus Kombination mit intelligenten Apps sehr interessant und werden wohl früher oder später bei fast allen Stromanbietern zu sehen sein.
Ob des starken Ausbaus der Photovoltaik werden diese Tarife wohl von März bis Oktober deutlich günstiger sein als in den trüben Wintermonaten. Da kommt es dann natürlich auch auf die Stromerzeugung durch Windkraft an - und der Wasserstand in den Flüssen ist sowieso immer relevant für die heimischen Strompreise. Den aktuellen Gaspreis darf man dabei natürlich auch nicht aus dem Auge verlieren...
Für nervöse Menschen (ohne moderne Technik im Hintergrund) ist dieser Tarif vielleicht weniger geeignet - 24 unterschiedliche Strompreise am Tag könnten für Hektik sorgen... Wer sich allerdings mit den Grundlagen des Strommarktes beschäftigt hat und nicht hektisch wird, wenn die Strompreise von Stunde zu Stunde (von Tag zu Tag und von Jahreszeit zu Jahreszeit sowieso) deutlich schwanken, könnte dynamische Stundentarife durchaus bevorzugen.
Alleine die Möglichkeit, sein Elektroauto ab und an fast kostenlos zu laden (auf die Netzgebühren und Steuern darf man bei Berechnungen nie vergessen!) klingt schon sehr attraktiv - auch das Strommanagement mit Speichern (E-Car oder Batteriespeicher) bietet hier feine Möglichkeiten...
Ist man beim Stromtarif keine fixe Bindung eingegangen, ist eine Kündigung des Stromvertrages grundsätzlich mit einer Frist von 2 Wochen verbunden. Auch bei Preiserhöhungen oder Änderung der Geschäftsbedingungen hat man ein Kündigungsrecht via Widerspruch.
Hat man z.B. einen Jahresvertrag abgeschlossen, so ist dieser zum Ende des ersten Jahres immer zum Monatsletzten zu kündigen, nach Ablauf der Bindung kommen dann die oben genannten 2 Wochen zur Anwendung.
Achten Sie beim Umstieg auf einen neuen Stromtarif immer auf die Laufzeit/Bindung des Vertrages. In Phasen steigender Strompreise ist es vielleicht kein Fehler, auf einen Fixtarif mit längerer Laufzeit umzusteigen.
Beim Strompreisvergleich auch immer darauf achten, ob es sich dabei nicht um Lockangebote mit Einmalrabatten handelt. Diese gelten oft nur für das erste Jahr - dann wird es teurer. Entweder dann kündigen oder primär auf die angebotenen Tarife ohne Einmalrabatte blicken...
Hat man auch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und dazu vielleicht sogar noch einen Speicher, dann wird das Rechnen besonders schwierig. Sehr wichtig ist hier vordergründig der Eigenverbrauch, mit einem dynamischen Stundentarif, einem Stromspeicher (vielleicht sogar ein E-Auto in der Garage) und einer Photovoltaikanlage bedarf es wohl einer eigenen App. Solche Apps sind gerade im Kommen - aktuell muss man hier noch selber rechnen...
Beachten Sie bei der Tarifwahl auch unbedingt die Grundpreise (monatliche Fixgebühren) der Anbieter. Netzkosten und Steuer können Sie ohnehin nicht vermeiden - vergewissern Sie sich aber bei Angeboten, ob hier die Preise inklusive oder exklusive Steuern/Netzkosten angegeben sind!
Sehr praktisch sind diesbezüglich die hier folgenden Linktipps!
Geldmarie-Linktipps: