Wie schon die Überschrift verrät, handelt es sich bei der Handelbilanz um eine Gegenüberstellung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs eines Landes (Importe - Exporte) über einen bestimmten Zeitraum (meistens über das abgelaufene Jahr). Weitere Bezeichnungen für die Handelsbilanz: Außenhandelsbilanz, Warenbilanz oder Warenhandelsbilanz. Sie ist eine wesentliche Grundlage für wirtschaftspolitische Reaktionen, welche insbesondere beim in Österreich lange Jahre geläufigen Begriff "Handelsbilanzdefizit" erforderlich sind bzw. waren.
In Österreich wird die Handelsbilanz von der Statistik Austria (Link unten) errechnet. Die 3 Komponenten der Handelsbilanz: 1. Intrastat (Warenverkehr mit EU-Ländern), 2. Extrastat (Warenverkehr mit Drittländern), 3. Korrekturen (Transithandel, Währungsgold und Lohnveredelungen).
Die Handelsbilanz Österreichs war über viele Jahrzehnte tiefrot - es wurde wesentlich mehr importiert denn exportiert. Im engen Kreis des EWR war der fleißige Handelsriese Deutschland ein übermächtiger Partner - weitere nennenswerte Partner gab es wenig.
Erst der EU-Beitritt sowie die Öffnung der Ostgrenzen und das Erschließen der Märkte im fernen Osten brachte einen Umschwung: 2002 gab es erstmals einen kleinen Überschuss und auch 2007 war leicht positiv. Auch ob des aufstrebenden Markts in China zogen die Importe dann aber wieder deutlich an.
In der Regel übersteigen die Importe somit weiterhin deutlich die Exporte - 2021 und 2022 sah man die hohe Energieabhängigkeit vom Ausland ganz massiv. 2023 wirkten sich insbesondere die sinkenden Energiepreise deutlich positiv auf die Handelsbilanz aus und es konnte fast eine ausgeglichene Bilanz erzielt werden. 2024 liegt (bei sinkendem Außenhandel) zum Halbjahr sogar ein Exportüberschuss vor.
Jahr | Einfuhren Mrd. Euro | Ausfuhren Mrd. Euro | Handelsbilanz +/- Mrd. |
---|---|---|---|
Halbjahr 2024 | 94,05 | 96,90 | +2,85 |
2023 | 202,78 | 200,76 | -2,02 |
2022 | 215,27 | 194,68 | -20,59 !!! |
2021 | 178,45 | 165,59 | -12,86 |
2020 | 144,42 | 142,57 | -1,85 |
2019 | 157,82 | 153,50 | -4,32 |
2018 | 156,06 | 150,07 | -5,99 |
2017 | 147,54 | 141,94 | -5,60 |
2016 | 135,67 | 131,13 | -4,54 |
2015 | 133,53 | 131,54 | -1,99 |
2014 | 129,85 | 128,11 | -1,74 |
2013 | 130,71 | 125,81 | -4,90 |
2012 | 131,98 | 123,54 | -8,44 |
2011 | 131,01 | 121,77 | -9,23 |
2010 | 113,65 | 109,37 | -4,28 |
2005 | 96,50 | 94,71 | -1,79 |
2000 | 74,94 | 69,69 | -5,24 |
Quelle: Statistik Austria, siehe Link unten - leichte Änderung jüngerer Zahlen noch möglich.
Die wesentliche Importgruppe mit "Überschuss" (bedeutend mehr Import als Export) ist "Brennstoffe und Energie" (Öl, Gas!) - hier gilt es wohl rasch einen Umschwung herbeizuführen und die Importabhängigkeit zu reduzieren. Russland lässt grüßen...
Die wesentlichen Exportgruppen Österreichs mit einem "Handelsbilanzaktivum" sind die Produktgruppen "Maschinen und Fahrzeuge", "bearbeitete Waren", "chemische Erzeugnisse" sowie "sonstige Fertigwaren".
Das Gros der Importe und Exporte Österreichs wird innerhalb von Europa (ca. 80%) betrieben, ca. 70% davon sind EU-Länder. Mit EU-Ländern wurde 2023 sogar ein "Handelsbilanzaktivum" (=positive Handelsbilanz) von 6,95 Mrd. Euro erzielt. Mit Drittstaaten (z.B. China oder Russland) sieht es hingegen schlechter aus - hier betrug der negative Saldo im Jahr 2023 noch 8,04 Mrd. Euro. 2022 war diese Bilanz mit -14,03 Mrd. Euro aber deutlich negativer.
Die mit Abstand höchsten Importe gab es aus Deutschland, weitere wichtige Länder bezüglich Import sind China, Italien, Schweiz, Tschechien, die USA, Polen, die Niederlande, Frankreich und Ungarn. Russland (Gasimporte!) ist hier 2023 von Platz 6 auf 11 abgerutscht. Bei den Importen ist insbesondere China immer wichtiger - auch wenn es 2023 für China ein deutliches Minus setzte.
Unsere "Lieblings-Exportländer": Deutschland, USA, Italien, Schweiz, Belgien, Polen, Ungarn, Frankreich, Tschechien und das United Kingdom.
Daß Österreich kein klassischer Industriestandort mehr ist, weiß wohl ohnehin jeder, der mit offenen Augen durch die Welt geht - daß wir als Dienstleistungs- und Kapitalverwaltungsland auch nach wie vor sehr viel Energieträger importieren müssen, sollte uns (auch wenn nicht gerade wieder ein neuer Ölpreisrekord aufgestellt wird) weiterhin schwer zu denken geben und zum baldigen Reagieren veranlassen - Energie "versemmelt" nämlich Jahr für Jahr unsere Handelsbilanz - und welche Diktatoren man mit Öl- und Gasimporten unterstützt, weiß man seit 2022 wieder deutlicher...
So gab es alleine im Segment "Brennstoffe und Energie" 2022 eine Rekordminus (Exporte minus Importe) von 18,74 Milliarden Euro - das entspicht fast dem gesamten Außenhandelsdefizit des Jahres 2022 (19,59 Mrd.). 2023 fielen dann zum Glück die Gaspreise und die Importsumme der Warengruppe "Brennstoffe und Energie" fiel trotz Mengenzuwachs von 4,2% wertmäßig um 32,7%. Die Gasimporte fielen 2023 trotz Mengenzuwachs von 6,8% wertmäßig um 45% niedriger aus.
Kriegt man früher oder später die Energieimportabhängikeit in den Griff, sind positive Außenhandelsbilanzen durchaus in Sicht!
Geldmarie-Linktipp: