Vor einem Jahr war es wohl wesentlich schwieriger, eine Prognose für das Jahr 2009 abzugeben. Denn selbst erfahrene Wirtschaftsforscher hatten mit einer derartigen Finanzkrise noch nicht (persönlich) zu tun gehabt. Zyklische Krisen sind normal - doch die Finanzkrise war ein ausgewachsener Krisenriese.
Mittlerweile sieht man die Wirtschaftslage zumeist schon etwas rosiger - teilweise vielleicht sogar zu rosig. Denn im Keller liegen wohl noch einige Wirtschaftsleichen - und die Spekulanten zocken schon wieder (unreguliert), als wäre nichts geschehen. Boni für alle!...
Natürlich kann man sich in Österreich den internationalen Entwicklungen nicht oder nur wenig entziehen. Die Geldmarie ist für 2010 neutral bis vorsichtig positiv eingestellt. Und doch sind national sowie international einige negative Überraschungen zu erwarten.
Spekulationsblasen wie zuletzt in den Emiraten können sich immer wiederholen. Auch Betrügereien im Großausmaß (Madoff) sind zukünftig nicht ausgeschlossen. Falsch gelaufene Currency Carry Trades könnten schon 2010 zu neuen Bankzusammenbrüchen und folglich zur Börsenpanik führen.
Bleibt abzuwarten, wieweit die jeweilige Finanzaufsicht dem bösen Treiben weiterhin zusieht bzw. ob die Staaten 2010 weiter die Finanzlandschaft fleißig mit Steuergeldern füttert. Die Rechnung kommt ganz sicher einmal auf den Tisch.
Auch in Österreich ist es nicht ausgeschlossen, dass noch die eine oder andere Bank ein ähnliches Schicksal erleidet wie die (besonders katastrophal agierende) Hypo Alpe Adria. Welch Affront gegenüber dem Steuerzahler, wenn die Kärtner Landesregierung dieser Tage eine neue Landesbank plant. Bitte nicht - das ist ja fast der Tatbestand einer gefährlichen Drohung...
Das BIP wird 2010 wieder deutlich positiv sein. Nach einem Minus von ca. 3,5% im Jahr 2009 könnte es einen Zuwachs von knapp über 1% geben. Wie schon angedeutet: Wenn alles gut geht. Ein deutlicheres Wirtschaftswachstum dürfte aber für die nächsten paar Jahre eher ausgeschlossen sein - zu stark werden die Nachwirkungen der Finanzkrise ausfallen.
Glaubt man den Wirtschaftsforschern, erreicht die Arbeitslosenrate 2010 den Höhepunkt um dann weiter hoch zu bleiben. Nach einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von ca. 4,7% im abgelaufenen Jahr wird die Arbeitslosenquote 2010 auf durchschnittlich 5,3% steigen. Die Geldmarie rechnet sogar mit 6% oder mehr. Um wieder in deutlich schwarze Zahlen zu kommen werden nämlich die meisten Unternehmen Jobs abbauen - aber nicht nachbesetzen. Die eine oder andere gröbere Firmenpleite (wie z.B. Quelle) wird wohl auch 2010 anstehen.
Die Wirtschaftskrise hat 2009 die Inflation kurzfristig sogar in den negativen Bereich gebracht. Im Jahresschnitt waren es dann bescheidene 0,5%. 2010 rechnen die Experten mit einer Inflationsrate von ca. 1,5% (im Jahresschnitt).
Erst zuletzt hat man gesehen, dass die Inflation maßgeblich durch den Rohölpreis beeinflusst wird (1% bis 1,5%). Nachdem im Vorjahr der Ölpreis sehr niedrig war, wird es die nächste Monate wohl wieder eine Eins vor dem Komma geben (vielleicht sogar eine Zwei) - das ist aber keinesfalls ein Vorbote einer (von manchen befürchteten) Hyperinflation. Die kommt (wenn überhaupt) wohl erst in ein paar Jahren. Mitte 2010 wird die Inflation dann wieder ein "normales" Ausmaß haben - vorausgesetzt, der Ölpreis bewegt sich nicht zu stark.
Die nächsten Jahre leben wir kräftig auf Pump. Und zwar zulasten der zukünftigen Generationen. Die Staatsverschuldung beträgt 2009 ca. 4,6% des BIP und wird lt. Wirtschaftsexperten 2010 auf 5,6% des BIP ansteigen. Dazu kommt noch der Rucksack der Hypo Alpe Adria (welchen sich die Republik Österreich Ende 2009 umschnallen musste) - und da könnten noch einige negative Überraschungen drin sein.
Seitens Politik wurde 2009 noch kein (ausreichender) Gedanke an eine Budgetsanierung "verschwendet" - wenn man 2010 nicht endlich deutlich gegensteuert, befindet man sich bald in der Gesellschaft von Ländern wie Griechenland, Italien oder Ungarn. Schwere Budgetsünder.
An Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen wird man a la longue wohl nicht vorbeikommen. Primär solle man sich aber endlich der Ausgabenseite widmen. Angesichts der politischen Konstellation (geschwächte "große" Koalition) ist hier aber nicht viel Reformwille erkennbar - die Gewerkschaften, Pensionistenvertreter, Beamtenbonzen und die armen Ärzte ("wollen Sie den Job?") werden wieder kräftig gegensteuern. Passieren wird wenig bis nichts.
Wahrscheinlichstes Szenario: Ein paar Steuern werden erhöht (Mineralölsteuer neu!) und Minireförmchen (ohne Strukturänderung) folgen.
Anstatt kräftig Geld in Zukunftsprojekte zu investieren (thermische Sanierung, Windkraft, Solarenergie etc.), sind hier nur Pseudoförderungen zu erwarten - die Zukunft kann warten. Weiterwursteln.
Mehrheitlich schreiben die heimischen börsenotierten Unternehmen sogar 2009 Gewinne. Rückläufige Umsätze und Gewinne standen aber an der Tagesordnung.
2009 gab es fast durch die Bank starke Kursanstiege - aber von einem äußerst niedrigem Niveau (die Geldmarie riet schon Anfang 2009 zum Kauf). 2010 wird es dann schon viel selektiver - die Spreu wird sich vom Weizen trennen.
War 2009 noch immer von Gewinneinbrüchen die Rede, so werden sich diese medialen Schlagzeilen 2010 hoffentlich nicht sehr häufig wiederholen. Denn die Vergleichsbasis 2009 ist niedrig - und viele Betriebe hatten schon im 3. und 4. Quartal 2009 halbwegs brauchbare Zahlen zu vermelden.
Konsolidierung ist auch 2010 das Schlagwort. Ab Jahresmitte kann man dann auch (im Vergleich der Quartalszahlen des Vorjahres) deutlicher einschätzen, ob der eine oder andere Betrieb stetig auf der Gewinnerseite landen wird.
Unternehmen, die schon 2009 Jahresgewinne verzeichnen und einen positiven Quartalstrend aufweisen kann man wohl recht verlässlich kaufen - soweit man den Bilanzen trauen darf...
Für 2010 erwartet die Geldmarie einen leichten Anstieg (10 bis 20%) im ATX. Schwache Phasen (die sicher kommen werden) zu selektiven Zukäufen von Qualitätsaktien nutzen.
Die Kapitalmärkte (Aktienmärkte) haben aber auch 2010 einen großen Vorteil: Die Zinsen sind im Keller (bei den Leichen) und werden dort auch noch ein wenig verweilen. Für 2010 erwartet die Geldmarie im Euroraum keine nennenswerten Anstiege des Zinsniveaus. Schlechte Nachrichten für Sparer - gute Nachrichten für Kreditnehmer.
Watschen wird es 2010 jedenfalls für die Autoindustrie geben. 2009 noch durch Verschrottungsprämie subventioniert, werden 2010 einige Käufer fehlen. Einige Automarken könnten 2010 entweder gänzlich vom Markt verschwinden oder einen chinesischen (asiatischen) Eigentümer erhalten.
Die Bankbilanzen werden 2010 noch immer im Zeichen hoher Risikovorsorgen (Abschreiben von faulen Krediten) stehen. Bestenfalls werden die heimischen Banken 2010 ein stabiles Jahr verzeichnen - kommt ganz drauf an, was da noch im Hintergrund schlummert...
Auch die Versicherungen werden 2010 ein ganz schwaches Jahr abliefern: 2009 half oft noch der Index (automatische Wertanpassung und Prämienerhöhung) - 2010 wird man die Prämienfreistellungen, Storni und das schwächere Konsumverhalten (Autokäufe) deutlich spüren. Und in wirtschaftlich schlechten Zeiten (viele Arbeitslose) steigt auch der Hang zum Versicherungsbetrug stark an - auch hier kosten viele kleine Schäden den Versicherungen großes Geld.
Schon die Wintersaison 2009/2010 wird wohl mit einem Minus für den heimischen Tourismus enden - für die Sommersaison 2010 erwartet die Geldmarie auch leichte bis mittlere Rückgänge. Wer kein Geld hat, kann auch nicht auf Urlaub fahren - und die Bank gibt auch immer seltener Kredit... Das werden auch viele Hoteliers spüren - das eine oder andere Hotel wird man schon 2010 günstig erwerben können. Von der Bank.
Der Konjunkturmotor brummt 2010 zwar wieder etwas stärker - aber leider immer noch mit Öl. Der Ölpreis könnte (ginge es nach der Geldmarie) durchaus am derzeitigen Niveau (70 bis 80 Dollar das Barrel) verweilen - das würde der Erholung der Weltwirtschaft dienlich sein. Ein stärkerer Anstieg (wie 2008) ist wohl nicht zu erwarten - zwischenzeitlich (gibt es keine oder wenige schlechte Nachrichten) könnte der Ölpreis aber schon wieder bei 100 Dollar vorbeisehen. Hoffentlich nicht weit mehr - das würde das Wirtschaftswachstum wieder stark dämpfen.
Fast alle Rohstoffpreise stiegen 2009 stark an. Auch die allseits (auch in Österreich) beliebte Krisenwährung Gold konnte sich 2009 hoher Zugewinne erfreuen. 2010 könnte der Goldpreis (bei entsprechender Nachrichtenlage) weiter steigen - 1.200 bis 1.300 US-$ sind durchaus drin. Einen starken Rückfall (unter 1.000 Dollar) sieht die Geldmarie derzeit eher nicht - zu stark ist noch die Angst vor weiteren Beben in der Finanzlandschaft.
Und solche Beben sind auch 2010 noch allemal möglich - weltweit und natürlich auch in Österreich!
Ad hoc-Meldung - Jänner 2010