Wer sich am Dienstag (1.9.09) die Sommergespräche mit Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll angesehen hat, fürchtet sich wohl (wie die Geldmarie), dass diesem Finanzminister irgendwann das "Vize" beim Vizekanzler abhandenkommt. Nein - nicht weil der derzeitige Kanzler so gut ist - sondern weil Finanzminister Pröll (zumindest derzeit) keine Antworten auf brennende Fragen hat.
Eine wesentliche Frage ist jedenfalls: Wie kann Österreich den hohen Schuldenstand, der durch die Finanzkrise noch wesentlich dicker wurde, abbauen. Diese Frage beantwortete der Finanzminister nur kryptisch: "Ausgabenseitig" sowie "später, wenn man genaue Zahlen hat". Wann dieses "später" denn kommt, blieb offen.
Im Zuge des Gespräches sagte Pröll auch, daß er wöchentlich schlechte Steuerzahlen auf den Tisch bekommt - somit sollte er (nebst vieler Studien von Wirtschaftsforschern & Co.) ziemlich genau wissen, wie die Lage der Steuernation sich am Jahresende sich darstellen wird.
Sogar die Geldmarie weiß hier einige Prognosen (die wohl ziemlich eintreffen werden und kein Geheimnis sind): 2009 wird die Staatsverschuldung 70% des BIP erreichen - bis 2011 wird diese sogar bis ca. 80% des BIP ansteigen. Wenn nicht schon bald saniert werden, zahlt man noch in Jahrzehnten die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise zurück.
Da die Geldmarie den Finanzminister aber für einen durchaus intelligenten Mann hält, gibt es hier wohl nur 2 Varianten:
Variante 1: Die nächsten Landtagswahlen werden abgewartet - reine Wahltaktik und Angst vor den Wählern.
Variante 2: Die Regierung ist wieder einmal handlungsunfähig (siehe: Gusenbauer/Molterer) und bringt kein Reformpaket zusammen.
Eine Mischung aus Variante 1 und 2 ist durchaus möglich.
Varinate 2 wird durch die Beobachtung gestützt, dass ausgabenseitige Reduktionen schon traditionell zum Scheitern verurteilt waren: Man denke nur an die (gescheiterten) Verhandlungen mit den Lehrern (vor einigen Monaten). Nun stockt gerade die (ebenso längst fällige) Reform der Krankenkassen. Man darf auch hier erwarten, dass bestenfalls ein schlechter Kompromiss resultiert - keine Reform, die diesen Namen auch verdient.
Man kann sich auch schon wieder auf ungustiöse und heuchlerische Imagekampagnen a la "möchten Sie den Job?" (der Ärzte) bzw. auf Betonierer der Gewerkschaften (der Lehrer oder der Beamten allgemein) vorbereiten, wo uns erklärt wird, das es billiger nicht geht.
Die Misere im Hause Österreich (das so schlecht nicht ist): Das (gestern auch angesprochene) "Primat der Politik" funktioniert im Hause der kleingeprügelten Großparteien (ÖVP,SPÖ) längst nicht mehr. Man hat zu viele Freunderln und Instanzen zu befriedigen - starke Politiker sind rar (bis unsichtbar) geworden.
Auch wenn die Geldmarie kein großer Freund der VP/FP-Regierung von 2000 ff. war: Hier konnten zumindest Reformen (zulasten der Popularität des kleinen Koalitionspartners) durchgebracht werden. Doch die nächsten Nationalratswahlen sind noch fern - es wird also wahrscheinlich einfach weitergewurstelt und der Schuldenberg bzw. Reformstau wächst und wächst.
Zahlen dürfen es die heute jungen Menschen (bzw. sogar die noch Ungeborenen). Ein klarer Bruch des (nie unterschriebenen) Generationenvertrags.
Wie sich der Schuldenstand der Republik Österreich in den letzten Jahren entwickelt hat, lesen Sie hier: Staatsverschuldung Österreich in Zahlen
Ad hoc-Meldung - September 2009