Bei der Einführung anno 2003 wurde sie von Schwarz-Blau noch als großer Wurf gefeiert - dieser Tage ist die Begeisterung um die "Abfertigung Neu" seitens Politik schon deutlich leiser geworden. Die Begünstigten (Arbeitnehmer wie auch seit 2008 Selbständige) ärgern sich über die schwachen Erträge und Wirtschaftsfachleute bzw. Finanzprofis (wie z.B. Anlegervertreter Wilhelm Rasinger) fordern sogar grundlegende Reformen der Veranlagungsmodalitäten der Vorsorgekassen.
Zweifelsohne hat es die Abfertigung Neu für viele Menschen ermöglicht, ab 2003 auch einen Abfertigungsanspruch zu erwerben - insbesondere bei Berufen mit besonders kurzer Beschäftigungsdauer bzw. saisonalen Pausen konnte man im Altsystem keinen Anspruch erwerben.
Ca. 60% der unselbständig Erwerbstätigen sind mittlerweile im neuen System - zählt man dann auch noch die Selbständigen dazu (die seit 2008 auch 1,53% der Einkommen an eine Mitarbeitervorsorgekasse abführen müssen), kommt man schon auf ca. 80% der Erwerbstätigen.
Bei den dieser Tage wieder zugestellten Jahresauszügen wird sich aber wohl die Mehrheit der Kunden von Vorsorgekassen wieder geärgert haben: Die durchschnittliche Performance der Vorsorgekassen lag nämlich im Vorjahr bei +0,2% - ein klarer Realwertverlust (die Jahresinflation lag 2011 bei 3,3%).
Einzig die noch sehr junge Mitarbeitervorsorgekasse "Fair Finance" machte mit einer fast sensationellen Performance von +9,67% einen tollen Jahresgewinn - gab aber zu, dass sie bei der Veranlagung der Kundengelder im Vorjahr auch Glück hatte.
Während man zum Start der Vorsorgekassen noch mit einer (aus heutiger Sicht völlig illusorischen) jährlichen Performance von ca. 6% gerechnet hatte, sieht die Realität 9 Jahre danach schon deutlich anders aus: Zwischen 2 und 3% konnten die Vorsorgekassen bisweilen im Schnitt verdienen - also bestenfalls die Inflationsrate...
Ein kleines Beispiel aus der Praxis: Die Geldmarie ist seit 2008 bei der VBV-Vorsorgekasse. Entspach das Guthaben zum 31.12.2010 noch genau den bisherigen Einzahlungen (die spärlichen Erträge aus 2008 bis 2010 wurden von Verwaltungskosten und Spesen aufgefressen), so fuhr die VBV im Vorjahr sogar ein Veranlagungsergebnis von minus 1,11 Euro ein - der Saldo liegt per 31.12.2011 sogar um ca. 14 Euro unter den Einzahlungen.
Sehr wohl müsste die VBV Vorsorgekasse nun bei Pensionsantritt (Jobwechsel für Selbständige ist ja schwer möglich) die 14 Euro drauflegen (wegen der Kapitalgarantie) - eine lukrative Veranlagung sieht aber anders aus.
Da hilft es auch nichts, wenn die VBV ein Werbe- und Infoblatt beilegt, welches eine "tolle Performance" (ca. 30% seit 2003, womit die VBV unter allen Vorsorgekassen, welche seit 2003 am Start sind sogar führend ist!) suggeriert - seit 2008 sieht das Ergebnis allerdings sehr traurig aus.
Zur Entschuldigung der negativen Vorsorgekassen sei aber gesagt: 2008 und 2011 waren wirklich keine tollen Veranlagungsjahre - wer schon länger dabei ist, dürfte schon deutlich im Plus sein.
Wirtschaftskammerboss Leitl oder auch Anlegerschützer Rasinger sind schon vorgeprescht - die Geldmarie zieht nach: Die bisherigen Erfahrungen mit den Vorsorgekassen sollten schön langsam (aber sicher) in kleinere Reformen münden.
So ist es wohl kaum notwendig, 10 unterschiedliche Vorsorgekassen (mit riesigem Verwaltungsaufwand) zu betreiben. Schon alleine durch häufigen Jobwechsel ergibt es sich ab und an, dass Guthaben bei mehreren Vorsorgekassen (je nach Auswahl des Arbeitgebers) vorhanden sind - dieser Aufwand würde sich durch Zusammenlegung einiger Vorsorgekassen deutlich reduzieren. Banken und Versicherungen (die die Anteile an den meisten Vorsorgekassen halten) wären hier einmal gefragt - weniger Verwaltungsaufwand würde sich wohl auch positiv auf die Erträge auswirken. Das große Geschäft für die Inhaber solcher Vorsorgekassen waren die ersten Jahre jedenfalls nicht...
Auch über die Mindestbindung (ab 36 Beitrittsmonaten kann man bei Kündigung oder Einvernehmlicher schon auf das Guthaben zugreifen) sollte man diskutieren - bei einer neuen Mindestbindung von z.B. 7 oder 10 Jahren würde sich dann zumindest das Guthaben deutlicher in Richtung Vorsorge entwickeln (die gerade Menschen mit häufigem Jobwechsel bzw. aus den einkommensschwachen Schichten benötigt). Besteht (wie derzeit) die Möglichkeit, auf das Guthaben zuzugreifen, wird es auch zumeist ausbezahlt (und mit 6% Lohnsteuer versteuert) - die schwache Performance der meisten Vorsorgekassen trägt hier sicher dazu bei, das Geld anzufordern. Der Vorsorgegedanke bleibt hier eindeutig auf der Strecke.
Auch die häufigen Auszahlungen und Überträge von kleinen Guthaben (von Vorsorgekasse zu Vorsorgekasse) sorgen für hohen Aufwand und könnten leicht eingeschränkt bzw. unterbunden werden - sogar über einen höheren Steuersatz bei Auszahlung könnte man diskutieren.
Während Leitl und Rasinger die (teure) Kapitalgarantie in Frage stellen, würde die Geldmarie hier nichts ändern. Den Anspruchsberechtigten sollte aber z.B. ab einer Mindesteinlage von 2.000 Euro die Wahlmöglichkeit gegeben werden, wie (mehr oder minder riskant) das Guthaben zu veranlagen ist. Denn wer in ein paar Jahren dann doch vielleicht ein solides Guthaben angespart hat, möchte dieses in den letzten Jahren vor Auszahlung (bzw. vor Rentenzahlung) wohl auch wirklich gesichert wissen. Die zuletzt schwachen Jahre sind ein deutliches Argument für eine solche Regelung.
Der Reformbedarf bei der "Abfertigung Neu" ist jedenfalls evident!
Ad hoc-Meldung - März 2012