Österreich ist in Sachen Stromerzeugung bekanntlichermaßen ja ein ökologischer Musterschüler - der trotzdem noch einige Hausaufgaben zu erledigen hat.
Insbesondere im Sommer (bei langen Dürrephasen) kann es schon ab und an passieren, dass ob schwacher Wasserführung unserer Bäche, Flüsse und Stauseen die Stromerzeugung durch den Einsatz von Gas bzw. durch Stromimporte unterstützt werden muss - insbesondere, wenn die Sonne nicht ausreichend scheint und auch der Wind nur schwach bis gar nicht weht.
Der einstige Stromexporteur Österreich ist in den letzten Jahren immer mehr zum Stromimporteur geworden: Insbesondere günstiger Sonnen-, Wind- und auch Kohlestrom sowie leider auch (bei Stromimporten unvermeidlich) ein wenig Atomstrom fließen dann aus Deutschland und Tschechien zu uns ins Netz.
2019 war aber in Sachen Stromimporte bisweilen gar nicht so negativ: Viel Schnee/Wasser auf den Bergen, ein niederschlagsreicher Mai, überdurchschnittlicher Ertrag bei der Windkraft sowie auch viele Sonnentage (Photovoltaik!) könnten das erste Halbjahr 2019 sogar einen Exportüberschuss gebracht haben. Zahlen dazu haben wir leider noch nicht gefunden.
Solides Ökostromangebot auf dem europäischen Markt (und insbesondere in Deutschland) hat dazu geführt, dass sich die Strompreis an den Börsen im Vergleich zum Sommer/Herbst 2018 im ersten Halbjahr 2019 deutlich beruhigt haben, nun ist aber schon wieder ein Trend zu höheren Preisen zu beobachten.
Beobachtet man die aktuelle heimische Stromproduktion (lt. APG-Statistik, siehe Link, Werte vom 25.7.2019), kann man auch ziemlich genau ableiten, warum die Strompreise (derzeit bei der Strombörse EXAA zumeist um 45 bis 55 Euro pro Megawattstunde) nun wieder anziehen und bald sogar noch deutlicher steigen könnten.
Zwischen knapp über 4.000 Megawatt bis zu 8.000 MW betrug am 25.7.2019 die aktuelle Leistung bei der Stromerzeugung in Österreich. In Wintermonaten sind das an normalen Tagen um rund 1.000 bis 2.000 MW mehr - die immer heißeren Sommertage (Kühlung, Klimaanlagen!) erfordern aber nun auch schon im Sommer oft höhere Produktion.
Besonders niedrig ist die Stromproduktion zwischen 1 und 5 Uhr in der Nacht. Dann stehen die ersten Leute auf, frühstücken, fahren ins Büro, gehen in den Stall, werfen die Maschinen in den Fabriken an, nehmen die Öffis in Betrieb: Die Stromproduktion wird gesteigert und erreicht im Normalfall um die Mittagszeit ihren Höhenpunkt.
An normalen Tagen flacht dann die Stromproduktion (und auch der Strombedarf) nach 11.45h (Essen, Mittagspause!) deutlich ab - selten aber doch kommt es aber vor, dass sogar die Deutschen von uns plötzlich etwas Strom benötigen. Während aus dem Norden (Tschechien, Deutschland) im Normalfall immer mehr Strom importiert wird als exportiert, exportieren wir im Normalfall fast laufend in die Schweiz, nach Italien, Slowenien und Ungarn.
Gibt es in Deutschland weniger Wind und Sonne (wurde dort besonders stark ausgebaut), können die Deutschen ob Eigenverbrauch weniger exportieren und somit muss in Österreich mangels möglicher Billigimporte selbst Strom produziert werden, der dann nicht immer sehr ökologisch ist.
Eine Konstante ist die Stromproduktion ob Import und Export natürlich keinesfalls - daher hat die APG auch viel Arbeit und Mühe, ständig die richtigen Strommengen im Netz zu haben.
Importe und Exporte sowie Produktion und Verbrauch punktgenau zu organisieren ist eine Diplomarbeit, die die APG aber gut im Griff hat.
Damit sind wir auch schon bei den Energiearten, die in Österreich an normalen Sommertagen zwischen 4.000 und 8.000 MWh produzieren:
Die Wasserkraft ist in Österreich mit Abstand die wichtigste Energiequelle bei der Stromerzeugung. Auch wenn die Flüsse derzeit fast überall Niederwasser aufweisen (im Sommer und nach Hitzeperioden üblich) - 2.500 bis 3.000 MWh werden laufend erzeugt. Hier kann man auch in Tageszeiten mit wenig Verbrauch ein wenig das Wasser rückstauen und dann stärker ablaufen lassen, wenn mehr Strom benötigt wird bzw. dieser teurer verkauft werden kann (in Spitzenzeiten sowie im Normalfall untertags).
In Österreichs Energiewirtschaft auch sehr wichtig und erfolgreich: Die Speicherkraftwerke. In Zeiten mit viel Energiebedarf und guten Strompreisen (wie aktuell gegeben) wird hier laufend aus den Speichern Wasser abgelassen und somit Strom produziert. Zwischen 500 und 1.300 MWh waren es am 25.7.2019 - mit den Speicherkraftwerken lassen sich auch punktgenau und rasch Stromschwankungen im Netz ausgleichen bzw. werden damit vermieden. Tu felix Austria - gut das wir so viele hohen Berge und Flüsse haben...
Immer wichtiger werden am Strommarkt auch unsere Pumpspeicherkraftwerke: In deren Speicher wird in Zeiten von Stromüberschüssen Wasser billig raufgepumpt, ist Strombedarf vorhanden bzw. möchte man das Netz stabilisieren, wird dieses wieder über das Speicherkraftwerk abgelassen. Eine geniale Sache, die am 25.7. bis zu 1.700 MW Leistung zur Verfügung stellte und den ganzen Tag über beansprucht wurde. Speicherkraftwerke sollten weiter ausgebaut werden - insbesondere auch um -nach dem notwendigen Ausbau der Erneuerbaren wie Wind und Sonne- Überschüsse rasch aufnehmen zu können. Auf wirklich brauchbare Alternativen in Sachen Stromspeicher wird man nämlich wohl noch einige Jahre warten müssen - aber da passiert gerade sehr sehr viel...
Im Sommer (wie auch im Winter) auch sehr wichtig für die heimische Stromerzeugung: Gas. Gas wurde zwar im 1. Halbjahr 2019 ob sehr guter Wasserführung noch wenig gebraucht (die heimischen Gaslagerstätten sind schon im Juli fast voll!), in Zeiten ohne Niederschlag und geringer Wasserführung (wie aktuell) ist Gas aber ähnlich wichtig und effektiv wie die Speicherkraftwerke und die Pumpspeicherkraftwerke. Strombedarf kann sehr schnell mit diesen Kraftwerken abgedeckt werden - ebenso rasch kann man die Gaskraftwerke auch wieder abdrehen. Am 25.7 wurden vor allem von 9h bis 18h viel Gas "verstromt" - zur Mittagszeit entsprach das einer Leistung von fast 1.700 MWh.
Einen großartigen Tag hatte ob Sonnentag in Österreich auch die Solarenergie/Photovoltaik: Übers Jahr gesehen sind wir hier in Österreich zwar erst bei peinlichen 1-2% der Gesamtstromerzeugung, knapp nach Mittag können die Photovoltaikanlagen aber schon fast 1.000 MWh zur Verfügung stellen. Und die Sonne scheint (wenn sie scheint) auch genau dann, wann Strom besonders stark benötigt wird: Am Tag.
Einen schwachen Tag gab es hingegen bei den Windkraftwerken: Hitze und Hochdruckwetter lassen den Wind kaum wehen - nur in den Morgen- und Abendstunden kam der Wind im Osten ein wenig auf und wehte bis zu 500 MWh ins Netz. Das Jahr 2019 verlief aber bisweilen für die Windkraftsparte hervorragend - 2.500 bis 3.000 MWh sind hier schon möglich und wurden auch schon gesehen.
Auch Kohle wird derzeit verstromt: Die konstanten 300 MWh kommen wohl von der EVN in Dürnrohr, welche derzeit gerade die letzten Lagerbestände an Kohle verbrennt und noch heuer das vorletzte Kohlekraftwerk Österreichs schließt. Gut so.
Konstante 100 MWh bietet auch die Müllverbrennung - Strom aus Müll macht Sinn, ist aber in der Gesamtbetrachtung kaum relevant.
Ebenfalls konstate Stromleistung produziert die Biomasse: 240 MW sind hier aber eher auch bescheiden. Über 300 MW hatte man da schon, auslaufende Förderungen, Pleiten und die Erkenntnis, dass Strom aus Biomasse ohne Förderungen derzeit keine Chance hat, lassen die Biomasse derzeit in Österreich eher am "Abstellgleis" landen. Ganz vernachlässigen sollte man diese Sparte aber trotzdem nicht!
In Summe: Trotz schwacher Wasserführung und wenig Wind ist der heimische Strommix aktuell durchaus o.k. - geht die Hitze aber weiter und die billigen Stromimporte bleiben aus (Deutschland!), so ist für den weiteren Sommer und auch dem Herbst wieder mit steigenden Strompreisen zu rechnen.
Stromverbrauch sowie Stromlastflüsse (Import-Export) werden wir dann nächste Woche einmal genauer unter die Lupe nehmen;-)
Wie sich die Stromproduktion in Österreich an einem Herbsttag zusammensetzt, ist hier zu lesen: Stromproduktion Österreich, Herbst 2019
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Juli 2019