Die Diskussion in Sachen Klimaschutz wird uns wohl oder übel auch die nächsten Jahre und Jahrzehnte begleiten - da ist es vielleicht gar nicht so uninteressant zu wissen, wie in Österreich Strom produziert wird. Der Stromverbrauch wird wohl auch in den nächsten Jahren ansteigen - und die E-Wirtschaft steht vor vielen Herausforderungen.
Daher setzen wir nun unsere kleine Serie fort (über die Stromproduktion in Österreich im Sommer 2019 haben wir schon berichtet) und möchten Ihnen einmal -in vereinfachter Form- verdeutlichen, wie sich die Stromproduktion in Österreich in den jeweiligen Jahreszeiten zusammensetzt.
Dazu haben wir wieder auf der aufschlussreichen Homepage der APG (siehe Link ganz unten) nachgesehen, wie sich denn die heimische Erzeugung an einem ziemlich normalen Herbsttag (Dienstag, 19.11.2019) zusammensetzt bzw. verändert und auch (in groben Zügen) hinterfragt, warum das so ist.
Im Normalfall ist Österreich im Herbst schon längere Zeit Stromimporteur: Weht in Deutschland durchschnittlich der Wind und gibt es auch Sonne, dominiert der dadurch niedrigere Strompreis auch in Österreich die Stromproduktion. Günstiger Strom aus Deutschland und Tschechien wird importiert und dient auch häufig dazu, in den Nachtstunden (in welchen weniger Strom benötigt wird) unsere Pumpspeicherkraftwerke günstig anzufüllen.
Das war am 19.11. allerdings nur eingeschränkt möglich - die anfangs starke Windkraftleistung in Deutschland flaute deutlich ab und auch die in Deutschland sehr wichtige Photovoltaik lief nur mittelprächtig.
Daraus resultierte einerseits ein durchschnittlicher (=brauchbarer) Spotmarkt-Strompreis (von 45-50 Euro pro MWh) und einiger Strombedarf in unseren Nachbarländern Ungarn, Schweiz, Slowenien und auch Italien kam hinzu, auch der Stromverbrauch in Österreich selbst war normal für die Jahreszeit und (eher warme) Temperatur.
Eher unüblich für einen Herbsttag: Die meisten heimischen Flüsse führten Mittelwasser (und kein Niederwasser) und ob der starken Regenfälle in Kärnten bzw. Tirol gab es sogar teilweise Hochwasser - eine gute Basis für eine gute Produktion der Lauf- und Schwellwasserkraftwerke (=Wasserkraftwerke).
Insgesamt standen damit die Zeichen für die heimische Stromproduktion durchaus gut - und ergaben einen deutlichen Stromexportüberschuss.
In den Nachstunden zwischen 0 und 6h ist auch im Herbst die Stromproduktion relativ niedrig - es ist ja auch der Stromverbrauch deutlich geringer: Zwischen 5.500 und 6.000 MW Leistung wurden von heimischen Kraftwerken produziert, der Großteil davon von der Wasserkraft.
Über den gesamten Tag ziemlich konstant produzieren auch Strom: Müllverbrennung (100 MW), Kohle (180-200 MW) und Biomasse (200 MW). Die Kohle ist dabei ein Auslaufmodell - nachdem die EVN Dürnrohr schon geschlossen hat, ist diesen Winter nur noch Mellach mit Kohlestromproduktion unterwegs, im Laufe des nächsten Jahres wird dann in Österreich keine Kohle mehr verstromt. Die Biomassestromproduktion hat sich ob der Tarifprobleme schon gedrittelt und dürfte auch in den nächsten Jahren keine große Rolle mehr bei der Stromproduktion spielen.
Den Rest zu den produzierten 5.500 bis 6.000 MW trugen die Windkraft (im Winter oft schon sehr relevant!) und Gas bei.
In den ersten 6 Stunden des Tages konnte man auch (wie fast üblich) die heimischen Pumpspeicherkraftwerke mit Billigstrom versorgen - in der Nacht wird dieses hochgepumpt, benötigt man am Tag dann flexibel Strom, wird es (teurer) wieder runtergelassen. Ein lohnendes (und wichtiges) Werk...
Ab 6h erwacht dann Österreich (sowie natürlich auch die Nachbarländer) und der Strombedarf (und damit natürlich auch die Produktion) steigt massiv an: Werden um 7h schon fast 8.000 MW Leistung aus Österreichischen Kraftwerken produziert, sind es deren um 8-9h schon fast 9.500 MW. Österreich hilft da auch kräftig mit, die Morgenspitze in anderen Ländern auszugleichen.
Während die klassische Wasserkraft hier kaum Veränderungen zeigt, laufen Gaskraftwerke, Pumpspeicher und Speicherkraftwerke kräftig an und bleiben diesen Tag auch laufend im Betrieb.
In der Regel ist Gas tagsüber die wichtigste Ergänzung zur Wasserkraft, dann produzieren auch die Pumpspeicher sehr viel flexible Zusatzleistung und schließlich hat man auch noch die Speicherkraftwerke, die man bei höherem Stromverbrauch laufen lässt.
Um 8h (ca. 9.500 MW Gesamtproduktion) sieht das dann z.B. so aus: 1. Lauf- und Schwellwasser (3.140 MW), 2. Gas (2.360), 3. Pumpspeicher (2.270), 4. Windkraft (1.040).
Nachdem die Windkraft diesen Herbsttag dann aber auch in Österreich ein wenig abflaut (mittags dann nur noch etwas über 500 MW, am Nachmittag dann wieder etwas mehr), laufen Gaskraftwerke und Pumpspeicher auf verhältnismäßig hohem Niveau.
Den ganzen Tag über bis hinein fast 22h gibt es in Österreich Stromproduktionswerte zwischen 8.500 bis 10.500 MW - nachdem der Inlandsverbrauch maximal ca. 9.000 MW beträgt (ein durchschnittlicher Herbstwert), ist man ab den Morgenstunden fast ständig Stromexporteur. Anfangs beschränken sich die nennenswerten Exporte noch auf Ungarn, die Schweiz und Slowenien und aus Tschechien und Deutschland wird -wie üblich- importiert, durch den starken Windrückgang in Deutschland wird am späten Nachmittag bis Mitternacht sogar Deutschland zum Stromimporteur aus Österreich, was eher die Ausnahme denn die Regel ist...
Durch den großen Stromhunger in den Nachbarstaaten (und der soliden Stromnachfrage in Österreich selbst) produziert Österreich diesen Herbsttag ab dem Nachmittag bis gegen 21h fast durchgehend um oder über 10.000 MW Leistung - das ist eher ein Wert, der an kalten Wintertagen den Eigenbedarf darstellt.
Um 19.00h setzen sich die rund 10.500 produzierten MW dann derart dar: 1. Lauf- und Schwellwasser (Wasserkraft normal, 3.160 MW), 2. Gas (2.700 MW), 3. Pumpspeicher (2.051 MW), 4. Wind (1.308 MW), 5. Speicher (696 MW). Rest: Biomasse, Kohle und Müll mit konstanten 100 bis 200 MW.
Weniger Relevanz bei der herbstlichen Stromproduktion hat die Photovoltaik: Die schafft um die Mittagsstunde herum zwar auch rund 300 wertvolle MW - von November bis Februar ist diese Komponente aber ob des noch immer eher schwachen Ausbaus und des geringen Sonnenscheins in den Wintermonaten eher vernachlässigbar.
Im Herbst auch sehr wesentlich (wiewohl am 19.11. nicht spektakulär) ist oft auch schon die Windkraft in Österreich: Klar über 2.000 MW Leistung sind da keine Seltenheit (und wurden die letzten Tage auch mehrmals übertroffen) - schon ein wichtiger Beitrag in Sachen grüner Strommix. 2019 liegt die heimische Windkraft übrigens in Sachen Produktion über Plan - der Ausbau stockte in den letzten Jahren allerdings gewaltig.
Fazit der herbstlichen Stromproduktion: Wenn die Wasserführung passt und der Wind in Deutschland schwach ist, sind Exporttage durchaus möglich - aber eher eine Seltenheit. Sehr wesentlich bleibt -wohl noch lange- die Stromproduktion durch Gaskraftwerke sowie die ebenfalls sehr flexibel einsetzbaren Pumpspeicher- und Speicherkraftwerke.
Über den herbstlichen Stromverbrauch sowie die Stromimporte und Stromexporte Österreichs im Herbst wird hier berichtet: Stromverbrauch, Stromexporte und Stromimporte Österreich, Herbst 2019
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - November 2019