Schon seit einigen Jahren boomt in Österreich das Crowdinvesting in Immobilien. Dabei stellt die Crowd Immobilienentwicklern Geld zur Realisierung von neuen Projekten (wie Neubauten, Sanierungen, Zubauten etc.) zur Verfügung und komplettiert damit in der Regel die Differenz des Projektvolumens (=den Rest) zur Bankenfinanzierung.
Nachdem diese Darlehen aber im (nicht auszuschließenden) Pleitefall des Projektes (bzw. des Immobilienunternehmens) im Gegensatz zu den Ansprüchen der Bank (welche sich in der Regel alle Sicherheiten sichert) mit ziemlicher Sicherheit nicht bedient werden, zahlen die Immobilienfirmen der Crowd auch ziemlich fette Zinsen: 5 bis 8 Prozent bei Laufzeiten von einem Jahr bis 4 Jahren sind hier zumeist die Regel, bei solchen Zinsen müsste eigentlich allen vernünftigen Anlegern klar sein, dass hier auch ein nicht zu unterschätzendes Risko evident ist...
Im Herbst 2018 startete das Immobilien-Crowdinvestingportal "Rendity" (siehe Link unten + Video) das Anlagesegment "Rendity Income" - eine Variante des Immobiliencrowdinvestings via Nachrangdarlehen, welche man testweise schon 2017 (Projekt Laendyard, 60 Monate Laufzeit, 3% Verzinsung) erstmals erfolgreich versucht hat:
Dabei wird den Anlegern kein Investment in ein neues Immobilienprojekt geboten, vielmehr dient als Finanzierungsgrundlage für die Zinszahlungen ein (bereits mehr oder minder gut vermietetes) Bestandsobjekt aus dem Portfolio des Immobilienunternehmens.
Mit 4% Zinsen bei einer Laufzeit von 48 Monaten (4 Jahren) waren die Zinsen hier deutlich unter den Zinsen für "normales" Immobiliencrowdfunding, der Anleger hat aber einerseits die Gewissheit, dass es hier schon laufende Erträge gibt und dass (bei Rendity) auch ein Zinsdepot (auf einem Treuhandkonto) eingerichtet wird, in welches der Darlehensnehmer schon zum Laufzeitbeginn die Verzinsung für ein halbes Jahr einzahlen muss. Da hier vierteljährlich eine Ausschüttung erfolgt, darf man sich demnach zumindest einmal der Bedienung von 2 Zinszahlungen (dies gilt für das erste Projekt von "Rendity Income", die Konditionen können sich natürlich von Projekt zu Projekt individuell ändern) sicher sein.
Binnen weniger Wochen war die angestrebte Million "gefundet", weitere Angebote von Bestandsimmobilien-Crowdinvesting sollten folgen.
Im März 2019 startete dann auch beim damals größten Immobiliencrowdinvestingportal, dagobertinvest, das erste Crowdinvesting in Bestandsimmobilien:
5,00% (5,25% für Schnellkäufer) auf 5 Jahre Laufzeit betrug hier die Kondition - etwas mehr als beim ersten Rendity-Projekt.
Im März 2020 ging dann auch das erste Projekt in Sachen Bestandsimmobilien bei Home Rocket an den Start, selbiges galt auch für Reval.
Mittlerweile sind derartige Immo-Crowdinvestings nach wie vor aktuell - die Mehrheit der Fundings dienen aber nach wie vor der Sanierung, dem Ausbau oder dem Neubau.
Für die Anleger ist das Gesamtrisko in etwa knapp über dem einer Unternehmensanleihe einer etablierten Immobilienfirma, hingegen etwas geringer einzuschätzen als beim herkömmlichen Immobiliencrowdinvesting. Dafür erhält der Anleger auch etwas höhere Zinsen als bei einschlägigen Immo-Anleihen, hingegen weniger Zinsen als beim normalen Immofundings.
Sehr relevant ist natürlich auch die Bonität des Schuldners (die man als Laie natürlich nur sehr eingeschränkt prüfen kann) und auch die aktuelle Lage am lokalen Immobilienmarkt.
Für die Immobilienfirmen ist ein Immobiliencrowdfunding in Bestandsimmobilien eine einfach Möglichkeit, in Boomzeiten rasch halbwegs günstiges Geld aufzunehmen (abseits der Bankenfinanzierungen). Natürlich müssen diese Unternehmen auch gut kalkulieren: Schließlich ist hier sehr wohl auch das Laufzeitende und die damit verbundene Rückzahlungsverpflichtung des aufgenommenen Kapitals verbunden.
Immobiliencrowdinvesting in Bestandsimmobilien ist demnach natürlich auch nicht risikolos - aber wer sich für's Crowdinvesting generell interessiert, und dem Portfolio (gute Streuung ist auch beim Immobilieninvestment immer wichtig!) ein wenig riskoärmere Projekte beimischen möchte bzw. einfach einmal mit kleinen Beträgen reinschnuppern möchte, könnte hier durchaus einen Versuch starten.
Die Erfahrungswerte beim Crowdinvesting mit Bestandsimmobilien sind derzeit noch kaum vorhanden, die Nachfrage bei den ersten Projekten war aber jedenfalls groß.
Natürlich sind solche Projekte deutlich sicherer einzuschätzen als Projekte "auf der grünen Wiese" - inbesondere wenn es einen soliden Mieterstamm gibt. 100%ige Sicherheit ist aber natürlich auch hier nicht vorhanden!
Seit 2021 bietet das deutsch-österreichische Portal Brickwise auch Direktbeteiligungen in Immobilien an - hier ist der Sicherheitsfaktor natürlich höher als bei einem Entwicklungsprojekt. Schließlich ist man ja an der Immobilie direkt und anteilig (nach Einlage) beteiligt. Auch hier ist natürlich ein Wertverlust möglich (bei sinkenden Immobilienpreise bzw. schlechter Vermietung) - die Immobilienverwertung kommt aber dann im etwaigen Pleitefall den Investoren (und nicht nur der Bank) zugute.
Geldmarie-Linktipps: