Für Stromproduzenten, welche ihre Stromerzeugung nicht schon zuvor verkauft haben, sind negative Strompreise natürlich unangenehm. Für (flexible) Stromkonsumenten hingegen eine gute Chance, die Stromrechnung deutlich günstiger ausfallen zu lassen.
Durch den starken Ausbau erneuerbarer Energien (primär Windkraft bzw. Photovoltaik) kommt es in Europa und auch sehr häufig in Österreich seit ca. 2023 immer häufiger zu Zeiten/Stunden, in denen zu viel Strom in den Netzen verfügbar ist. Strom, der an den Strombörsen dann oft mit Negativpreisen bzw. zu sehr günstigen Preisen angeboten wird.
Insbesondere in den wärmeren und sonnigeren Monaten von April bis September ist es immer wieder zu beobachten, dass es Strom an den Strombörsen in einigen Stunden am Tag gratis gibt bzw. man sogar den einen oder anderen Cent für die Stromabnahme erhält. Gerade an Wochenenden und Feiertagen (an denen Industrie und Betriebe wenig bis keinen Strom verbrauchen) kann man in diesen Monaten die eine oder andere Stunde Negativpreise beobachten.
Gibt es solide bis gute Wasserführung in den Flüssen Österreichs, weht noch dazu der Wind und die Sonne strahlt kräftig auf die Photovotaikanlagen, kommt es da gerne (zumeist zwischen 12 und 16h, wenn besonders viel Sonne vorhanden ist) zu Stunden mit Negativpreisen.
Ist gar viel Wasserführung in den Flüssen mit Wasserkraftwerken vorhanden (in Österreich besonders relevant) und/oder scheint dazu auch noch die Sonne bzw. weht der Wind kräftig, sind Negativpreise für Strom sogar noch an mehreren Stunden eines Tages möglich.
Aber Achtung: Nur der Strom ist dabei für die Stromkunden gratis bzw. wird sogar mit ein paar Cent vergütet - die Netzgebühren (die in der Regel deutlich höher sind als die Vergütung für die bezogenen Kilowattstunden) für den gratis bezogenen Strom erspart man sich dabei aber nicht!
So man nicht unnötig Strom verbraucht, sind die Stunden mit negativen oder niedrigen Strompreisen aber eine sehr gute Gelegenheit, stromintensive Gerätschaften in Betrieb zu nehmen. Das wissen auch die Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken, die dann die Pumpen wieder anlaufen lassen und damit die bergwärts liegenden Speicher wieder günstig befüllen - um sie dann abzulassen, wenn der Strom wieder teurer ist.
2 Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Negativpreisen bzw. Billigpreisen als Stromkunde: Ein Smart-Meter als Stromzähler (ohnehin schon fast überall vorhanden) sowie ein dynamischer Stromtarif seitens des vorhandenen Stromanbieters.
Dynamische Stromtarife ("Stundenfloater") sind mittlerweile bei mehreren Stromanbietern vorhanden. Verwechseln sie diese aber nicht mit den normalen "Floatertarifen", welche sich z.B. 1x im Monat oder 1x im Quartal an einen Index orientieren. Um "Gratisstrom" (ob Netzgebühren ja nicht wirklich gratis) zu beziehen müssen Sie schon einen Stundenfloater haben.
Bevor man einen solchen Tarif auswählt, sollte man sich einmal die Frage stellen, ob dieser auch wirklich für das eigene "Stromnutzungsprofil" passend ist. Ein Betrieb, der z.B. primär am frühen Nachmittag viel Strom benötigt, könnte damit (insbesondere bei Sonnenschein) durchaus seine Freude haben.
Mit dem Stundenfloater hat man aber natürlich auch stark schwankende Tagespreise (die man schon am Vortag an der zugrundeliegenden Börse sieht) abgeschlossen. Gut möglich, dass der Strompreis pro Kilowattstunde zwar die eine oder andere Stunde negativ ist, in anderen stromintensiven Zeiten aber extrem teuer. Schwankungen von -10 Cent bis +40 Cent pro kWh (und mehr) wurden da schon gesehen.
Hier ist also eine Analyse der individuellen Lastenprofile sehr wichtig - und auch der Einsatz von moderner Technik zur Steuerung des Stromverbrauchs absolut zu empfehlen.
Nicht nur für die Industrie sind dynamische Stromtarife interessant - auch Private können einen solchen Tarif jederzeit abschließen.
Verbraucht man den benötigten Strom dann in jenen Stunden, in welchen er billig ist bzw. sogar negative Börsenpreise aufweist, kann sich daraus schon eine nette Ersparnis ergeben. E-Auto laden (oft auch als Speicher verwendbar), Stromspeicher füllen, Wärmepumpen aktivieren, Pool heizen, Waschmaschine und Trockner laufen lassen, Geschirrspüler, Staubsauger, Herd, Backrohr etc. genau dann aktivieren (oft auch schon mit moderner Technik und Apps programmierbar), wenn der Strom billig ist. Moderne Haustechnik kann dabei helfen...
So nett und logisch das auch klingen mag: Mit einem dynamischen Stundentarif können Sie natürlich auch draufzahlen! Passt das persönliche Verbrauchsprofil nicht zum Stundentarif (also zu den günstigen Stunden) und sind die Zeiten mit günstigen Strom-Stundentarifen rar (was z.B. im Winter ob Strommangel aus Erneuerbaren bei uns häufig vorkommt), könnte ein Fixtarif sogar günstiger sein.
Darüber hinaus beeinflussen diese Rechnung auch weitere Faktoren: Hat man z.B. schon eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und vielleicht sogar auch einen Stromspeicher im Haus, ist Strombezug in so manchen Zeiten ohnehin nicht notwendig...
Grundsätzlich gilt aber wohl die nächsten Jahre: "Stundenfloater" (dynamische Floatertarife) werden in der Sommersaison ob viel Photovoltaik (die ist da noch verlässlicher als der Wind, der ohnehin lieber im Herbst/Winter weht) durchaus vermehrt eine Option werden. So es die jeweiligen Kündigungsfristen erlauben, könnten Sie ja im Frühjahr auf einen Stundenfloater wechseln und im Winter dann einen Fixtarif wählen. Aber Achtung: Vertragslaufzeiten beachten - Stundenfloater wird es wohl bald nur noch als Jahresvertrag geben...
Wie schon erwähnt: Der Bezug von Strom via "Stundenfloater" ist auch bei Negativpreisen nicht gratis. Einerseits gilt es natürlich die anfallenden Netzkosten pro kWh zu bezahlen, andererseits sichert sich natürlich auch der Tarifanbieter eine kleine Gebühr (ca. 1,50 bis 2 Cent pro kWh).
Stundenfloater sind demnach nur für gute Rechner sinnvoll - Kunden, die es auch schaffen, Strom primär dann zu verbrauchen, wenn die Spotpreise an den Börsen günstig sind. Ein Restrisiko gegenüber "Normaltarifen" ist natürlich gegeben - denn fix ist hier nix (außer vielleicht die Grundgebühr bzw. die Netzkosten)!
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