Nein - die Slowakei ist wirklich kein klassisches Reiseziel für Österreicher. Am ehestens wird unser jüngstes Nachbarland (seit 2003 von der Tschechoslowakei getrennt) noch mit günstigen Tagesausflügen nach Bratislava (Pressburg) verbunden. Doch mit Bratislava ist zumeist auch schon die Reise zu Ende.
Apropos Bratislava: Wer eine langsam aufblühende Nachbarstadt von Wien (nur ca. 50 Kilometer entfernt) besuchen möchte, kann dies heutzutage aus den meisten Regionen Österreichs ganz leicht und locker mit dem Auto machen: Die schikanösen Grenzenkontrollen (in diesem Fall: Danke Schengen) gehören der grauen Vergangenheit an und via Autobahnanbindung (oder aber auch über Hainburg) ist man zumeist sehr rasch in der Stadt an der (nicht mehr existenten) Grenze Österreichs.
Auch eine Bootsfahrt via Wien-Schwedenplatz nach Bratislava und zurück (mit dem Twin-City-Liner) sei an dieser Stelle empfohlen.
Bratislava hat die Geldmarie aber nur immer sehr kurz besucht - schon die grässlichen kommunistischen Plattenbauten im Stadteil Petrzalka (den man sieht, wenn man via Perg fährt) waren ziemlich abschreckend. Der Gedanke an Horden heimischer "Billigeinkäufer" ebenso - doch diesbezüglich hat sich in den letzten Jahren schon einiges zum Positiven geändert. Vielleicht auch, weil das Bier nicht mehr sooo billig ist wie nach der Wende...;-)
Eher durch Zufall verschlug es die Geldmarie schon häufig in die Westslowakei. Auch wenn man zuerst noch in die Tschechoslowakei fuhr - um neue Mannschaftskollegen aus dem heimischen Fußballverein zu besuchen und dies gleich mit einigen Festen zu verbinden.
Am ehesten sieht man den Wandel der Slowakei auf der Autobahn: Fuhr man vor Jahren noch einsam und verlassen mit 110 km/h über die holprige Autobahn und überholte man alle paar Minuten einen alten Lada, Skoda, Trabi, Wartburg etc., so ist man mit einer derartigen Geschwindigkeit heute ein Hindernis. Von den kommunistischen Paradefahrzeugen der alten Bauart ist keine Spur mehr, die Autobahn ist gut ausgebaut - der Kapitalismus hat die Slowakei voll erfasst.
Damit verbunden war anfangs auch eine ziemlich rücksichtlose Fahrweise der übermotorisierten Neureichen - dies beruhigt sich aber schön langsam wieder.
Wissenswertes über den slowakischen Verkehr sowie die Autobahnvignette finden Sie übrigens hier: Autobahnvignette Slowakei
Nun aber endlich ab nach Novemesto nad Vahom (Neustadt an der Waag). Diese Kleinstadt in der Westslowakei erreicht man dieser Tage ganz einfach über die Autobahn D1. Via Bratislava zuerst an Trnava und dann an Piestany vorbei - schon in ca. 1 Stunde (von der Grenze Österreichs aus) sind Sie in Novemesto.
Novemesto ist eine ehemalige Industriestadt (der Klimatechnikbetrieb Vzduchotechnika beschäftigte einst die halbe Stadt) - und das sieht man ihr leider auch heute noch immer an. Auch wenn in den letzten Jahrzehnten die kommunistische Bauweise teilweise kompensiert wurde - der optische Charakter der Stadt ist weniger einladend. Mit den Details aus vergangenen Tagen (z.B. Sanitäranlagen in Hotels) verschone ich Sie.
Aber was machen Sie dort? (die Geldmarie besucht ja immerhin Freunde - das ist Grund genug)
Nun ja: Novemesto nad Vahom liegt eigentlich direkt im Grünen. Eingebettet in Ausläufern der Kleinen Karpaten, der Weißen Karpaten und dem Gebirgszug Inowetz plätschert am Rande der Stadt die Vah langsam dahin.
Schon vor der Stadt (gleich nach der Abfahrt von der Autobahn) könnte Ihr Urlaubsdomizil liegen: Zelena Voda.
Zelena Voda bedeutet "Grüner See" und ist auch ein solcher. Umgeben von Ferienanlagen wie Hotels, Appartements, Camping bzw. auch Bungalows bleibt dort noch immer viel Platz für Grün. Ein Urlaub am See wie er auch in Österreich üblich ist ist die Hauptattraktion von Novemesto.
Wurde Zelena Voda früher hauptsächlich von Urlaubern aus kommunistischen Partnerstaaten (DDR, Ungarn etc.) besucht, so verirren sich dieser Tage auch schon heimische Urlauber an den See.
Novemesto (bzw. Zelena Voda) kann man auch wunderbar als Basislager für Ausflüge in die nahen Berge nehmen. Neben der Autobahn liegen nämlich eine Menge ursprünglich belassene (das muss nicht immer heißen: verfallene) Dörfer, von denen aus man so manche unbeschwerliche Tour in weite Wälder unternehmen kann. Burgen, Ruinen und ein paar Seen sind fast überall zu finden - einfach jüngere Menschen (diese sprechen fast alle schon Englisch oder Deutsch) nach lohnenswerten Ausflugszielen fragen.
Ein Geheimtipp im Winter: Nur ca. eine halbe Stunde von Novemesto (an der Grenze zu Tschechien) findet sich der Berg Javorina. Dort gibt es bei guter Schneelage die Möglichkeit zu Skifahren. Zwar entspricht der Standard nicht ganz den heimischen Skianlagen - ein Abenteuer ist es jedenfalls.
Für ältere Semester bzw. erholungssuchende Menschen sei die naheliegende (ca. 20 km) Kurstadt Piestany empfohlen. Mehr Informationen über diesen (teilweise) durchaus prächtigen Kurort finden Sie in der Linksammlung ganz unten.
Mit ca. 5,5 Mio. Einwohnern ist die Slowakei ein relativ kleines Land - erst 1993 wurden die Slowaken zum 2. Mal ein selbständiger Staat. Nur zwischen 1939-1945 war die Slowakei unter Jozef Tiso schon eine eigenständige Republik - allerdings unter starkem Einfluss (der "Gnade") von Hitler-Deutschland.
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wurde viel privatisiert und der Kapitalismus zog (erwartungsgemäß) sehr rasch ein. Viele mitteleuropäische Betriebe (vor allem auch aus Österreich) errichteten (billigere) Produktionsstätten in der Slovakei und profitierten dabei hauptsächlich vom geringen Lohnniveau sowie der soliden Arbeitskraft der Slowaken.
Die Bankenlandschaft der Slowakei wird dieser Tage primär von heimischen Banken (Erste-Bank!) beherrscht. Auch haben viele Autohersteller die Produktion in die Slowakei verlegt - damit sind die Slowaken jedoch sehr konjunkturabhängig. Historisch begründet gibt es noch immer einen sehr hohe Anteil an Landwirtschaft.
Mussten viele junge Slowaken ob der hohen Arbeitslosigkeit nach der Wende ins benachbarte Ausland pilgern, so wiederholt sich die Geschichte wohl mit umgekehrten Vorzeichen: Derzeit drängen viele Menschen aus der Ukraine (und dahinter) ins EU-Mitgliedsland (seit 2004) Slowakei.
Reizthemen für Slowaken: Ungarische Minderheit (ca. 10%), Nationalismus (Vladimir Meciar), Roma ("cigan"), Politik, Eishockey (sehr erfolgreich) und (ab und an) Fußball. Vorher gründlich informieren, dann diskutieren;-)
Die mit der Geldmarie befreundeten Slowaken sind ausgesprochen nette und intelligente Menschen. Leute die gelernt haben, sich in schwierigen Zeiten (Kommunismus) zu organisieren. Menschen, die das Familien- und Freundesgefüge hochhalten - nicht nur aus Selbstzweck. Gute Leute.
Dass es hier auch (wie bei uns) massenhaft Ausnahmen gibt, bestätigt schon die relativ hohe Kriminalität in der Slowakei. Bratsilava ist z.B. noch immer bei Autodieben sehr beliebt.
Sollten Sie eine slawische Sprache sprechen können, werden Sie selbst in der tiefsten Slowakei keine Verständigungsprobleme haben. Ältere Semester haben als Zweitsprache zumeist nur Russisch gelernt - können aber oft auch ein paar Brocken Deutsch. Jüngere Slowaken lernen heute in der Schule Englisch oder Deutsch. Ideal ist es jedenfalls (und Sie machen sich schnell Freunde), wenn Sie auch ein paar Worte Slowakisch erlernen.
In Sachen Mentalität besteht zwischen Österreichern und Slowaken kein wesentlicher Unterschied - die Monarchie hinterlässt auch heute noch Spuren. Manche Wahrnehmung bezüglich Servicequalität in der Gastronomie verstärkt allerdings den Eindruck, dass die Slowakei wohl nie ein Tourismusland wie Österreich wird (bzw. werden will) - der Lebensblues ist vielen Slowaken wohlbekannt. Aber besuchen Sie diesbezüglich nur einige Gasthäuser im Marchfeld, Weinviertel oder Waldviertel. Wenig Unterschied.
Der Billigladen Slowakei hat schon einige Zeit geschlossen.
War ein Essen im slowakischen Restaurants (die man früher lange suchen musste - es wurde zumeist zu Hause gegessen) nach der Wende eine Okkasion, so nähern sich die Preise schön langsam dem heimischen Niveau. Vor allem in Grenznähe. Nach Bratislava wird es dann wieder ein wenig günstiger - aber das ist wohl auch der Nachteil von Großstädten.
Starkes Wirtschaftswachstum und westliche Orientierung haben die Slowakei rasch europareif gemacht (Beitritt: 2004). Schon 2009 hat der Euro die slowakische Krone ersetzt.
Auch wenn man heutzutage auch in der Slowakei fast alles käuflich erwerben kann: Eine reine Einkaufsfahrt nach Bratislava lohnt sich schon lange nicht mehr. Kombiniert mit einer Schiffsreise Wien-Bratislava-Wien, einem feines Essen (ja, das geht!) und einem Stadtbummel ist die Slowakei aber für einen Kurzbesuch schon eine Reise wert.
Billiger Tanken in der Slowakei? Vergessen Sie's - das war einmal.
Abseits von den wenigen touristischen Zentren der Slowakei sollten Sie aber noch immer einen deutlichen Unterschied zu heimischen Hotelpreisen, Restaurantpreisen oder Grundlebensmittelpreisen feststellen können. Für einige diesbezüglich positive Überraschungen ist die Slowakei noch immer gut. Dass die Qualität in vielen Segmenten auch mit dem Preis Hand in Hand geht, sei nur nebenbei erwähnt.
Den die Geldmarie mag die Slowakei!
Geldmarie-Linktipps: