Ein wesentlicher Bestandteil der Versicherungsbedingungen in der Unfallversicherung ist die Gliedertaxe. Mit dieser wird nach einem gedeckten Unfall der versicherten Person der Schaden bewertet. Die Grundlage für die Bewertung ist der Invaliditätsgrad, welcher in der Gliedertaxe für die vom Unfall betroffenen Körperteile (Gliedmaßen) oder auch von Sinnesorganen festgeschrieben ist.
Relevant ist die Gliedertaxe also nur dann, wenn es nach einem Unfall lt. Versicherungsbedingungen zu einer dauerhaften Beeinträchtigung von Gliedmaßen kommt (=dauerhafte Invalidität). Diese Invalidität wird dann von einem Arzt festgestellt und in Form des Invaliditätsgrades dargestellt. Bei Zweifel an den festgestellten Invaliditätsgraden hat der Versicherer das Recht, einen Vertrauensarzt herbeizuziehen.
Ist man z.B. mit dem Angebot der Versicherung (nach ärztlicher Untersuchung) nicht einverstanden, so hat der Unfallversicherte die Möglichkeit eines Schiedsverfahrens. Ein solches sollte 6 Monate ab Erhalt des Angebots eingefordert bzw. eingeleitet werden.
Die Gliedertaxen sind von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich. Auch wenn diese nur unwesentlich variieren - für besonders harte Vergleicher könnte dies beim Abschluss einer Unfallversicherung auch ein Argument darstellen.
Folgend einige Beispiele, wie einzelne Körperteile und Sinnesorgane in etwa bewertet werden:
Versicherungfall | Invalidität in % |
---|---|
Verlust beider Beine oder Füße | 100 |
Verlust ein Bein | 70 |
Verlust ein Fuß | 50 |
Verlust beider Arme oder Hände | 100 |
Verlust ein Arm | 70 |
Verlust Sehkraft beide Augen | 100 |
Verlust Sehkraft ein Auge | 35 |
Komplettverlust des Gehörs | 70 |
Verlust Gehör ein Ohr | 20 |
Verlust Geruchssinn | 10 |
Verlust Daumen | 20 |
Verlust Zeigefinger | 15 |
Verlust anderer Finger | 10 |
Verlust große Zehe | 5 |
Verlust andere Zehe | 2 |
Verlust Niere | 20 |
Sind mehrere Körperteile bzw. Sinnesorgane von einem Unfall betroffen, werden die entsprechenden Invaliditätsgrade addiert - können aber maximal bei 100% Invalidität liegen.
Sehr häufig unterscheiden Versicherungen bei den Händen auch in "Aktivseite" und "Passivseite". Des Rechtshänders Aktivseite ist demnach die rechte Hand. Da bei einer Beeinträchtigung der "Arbeitshand" (oder auch "Aktivhand") der Schaden höher ist, gibt es dann auch höhere Invaliditätsentschädigung als bei der "Passivhand" (der linken Hand).
Sehr häufig bieten Unfallversicherungen auch eine Invaliditätsprogression an. Diese Regelungen sind ebenfalls sehr individuell (von Versicherung zu Versicherung anders) und könnten z.B. so aussehen: Wenn der Invaliditätsgrad 50% übersteigt, wird die entsprechende Entschädigung verdoppelt. Bei 100% wird die Leistung verdreifacht.
Für einige Berufsgruppen eigene (oft bessere) Gliedertaxen. Macht z.B. bei Ärzten durchaus Sinn: Wenn ein Arzt laufend Operationen durchführt, wird der Verlust eines Fingers wesentlich dramatischer sein, als bei anderen Berufszweigen.
Noch ganz wesentlich: Innerhalb der in der Gliedertaxen genannten Werte gibt es auch noch die Teilinvalidität von betroffenen Körperteilen oder Sinnesorganen. Ist z.B. der Daumen nicht zu 100% ab und noch zu 50% verwendbar, könnte eine Teilinvalidität lt. obenstehender Gliedertaxe von 10% (50% von 20%) geltend gemacht werden. Dies ist oft auch bei schweren Sportverletzungen anwendbar: Der Fuss ist zwar noch gänzlich dran, die Bewegungsfreiheit allerdings eingeschränkt. Fragen kostet hier nichts!