Über die aktuelle Stromproduktion in Österreich haben wir gerade berichtet, nunmehr gilt es auch Stromverbrauch (="Last") sowie den Stromimport bzw. Stromexport Österreichs im Sommer ein wenig zu beleuchten. Und auch hier hat die APG (siehe Link unten) wunderbare und aktuelle Zahlen, die man analysieren bzw. interpretieren kann.
Der 29.7.2019 (ein Montag) dient uns hier als Beispiel für den Stromverbrauch in Österreich:
Die Last (= der Endverbrauch) liegt hier von 0h bis 1h noch über 5.000 MW Leistung und sinkt dann bis 4h auf ca. 4.700 MW - der Tiefstwert an diesem Julitag. Man sieht schon: Auch in den Nachtstunden wird fleißig Strom verbraucht - ob Kühlung, Beleuchtung, Standby, Nachtjobs bzw. durchgehender Betrieb von Maschinen etc.
Ab 4h steht dann Österreich langsam auf und es gibt einen leichten Anstieg in der Stromlast zu verzeichnen. Um 5h sind es dann schon etwas mehr als 5.000 MW Last, um 6h schon 5.700 MW, um 7h 6.700 MW, um 8h 7.400 MW und um 9h ist dann mit 7.700 MW schon der Großteil Österreichs wach bzw. in der Arbeitsstätte. Bis 12h steigt dann die Last noch weiter an - rund 8.000 MW sind dann an normalen Sommertagen die Mittags- bzw. Tagesspitze.
Um 11.45h sieht man dann in Sachen Stromlast fast täglich die nahende Mittagspause: Die Computer/Maschinen in den Büros bzw. den Fabriken werden oft heruntergefahren, das Fließband ab und an verlassen, der Herd hat ausgekocht: Essen gibts!
Von 11.45h bis 13.00 dann normalerweise ein leichter Rückgang der Stromlast, ab 13h ist dann in der Regel noch ein kleiner Anstieg zu beobachten: Die Arbeit geht weiter...
Schön langsam verabschieden sich aber im Laufe des frühen Nachmittags und dann auch am Nachmittag die Menschen von den Stromfressern im Büro und es geht ab nach Hause - die Last sinkt den ganzen Nachmittag leicht ab und um 18h liegt diese dann bei rund 7.500 MW.
Um 20h liegt die Last dann bei 7.200 MW und sinkt bis 22h auf 6.600 MW ab. Um 22h kann man dann oft noch einen leichten Anstieg beobachten: Nach dem Hauptabendprogramm läuft dann wohl noch oft eine Dusche oder eine Badewanne (Warmwasser!), um 0h liegt die Last dann bei 5.700 MW.
Im Winter ist die Last bzw. der Verbrauch zwar nach wie vor deutlich höher als im Sommer (oft liegt die Last an kalten Tagen klar über 10.000 MW), die zunehmende Hitze und die damit verbundenen Kühlgeräte benötigen aber auch im Sommer immer mehr Strom. Übrigens ist das ein absolutes Argument für die Sinnhaftigkeit von Photovoltaikanlagen: Dieser Strom fließt nämlich immer dann, wann er besonders benötigt wird - und zwar wenn es sonnig und heiß ist...
"Grenzüberschreitende Lastflüsse" bezeichnet die APG die sich laufend verändernden Stromflüsse zwischen Österreich und seinen Nachbarländern.
Grundsätzlich gilt es hier anzumerken, dass Österreich leider im letzten Jahrzehnt vom einstigen Stromexporteur klar zum Stromimporteur geworden ist. 2018 waren es (lt. IG Windkraft) immerhin 8,9 TWh Nettostromimport - ein Plus von einem Drittel gegenüber 2017.
2019 läuft aber bisweilen gegen den Trend: Guter bis ausgezeichneter Wasserstand (auch aktuell gerade gibt es viel Wasser in den meisten Flüssen), guter Wind, viel Sonne - wiewohl es da keine ganz aktuellen Zahlen gibt, könnte man derzeit sogar auf "Stromexporteur" stehen. Das Jahr ist aber noch lang - und bleiben die Niederschläge aus bzw. so mager wie im letztjährigen Herbst, kann das noch deutlich drehen.
Importe und Exporte drehen übrigens fast jeden Tag und das hängt auch sehr von den aktuellen Strompreisen an den Börsen ab: So lag der Strompreis (Spotpreis) an der EXAA für den 29.7.2019 bei durchschnittlichen 45 bis 48 Euro pro MWh - aktuell ist sowohl in Österreich als auch in den Hauptbezugsländern Deutschland und Tschechien in ausreichenden Mengen vorhanden.
Gibt es (so wie am 29.7.) genug Solarstrom und etwas Wind in Deutschland, sind die Strompreise günstiger und es kommt in Österreich in der Regel zu mehr Stromimporten als Exporten. Österreich hätte sich zwar den 29.7. locker alleine versorgen können (was sowieso immer der Fall ist), gibt es aber billigen Überschussstrom, so nutzen wir den sehr gerne dafür, unsere Pumpspeicherkraftwerksseen mit Billigstrom zu befüllen. Diese Pumpspeicherkraftwerke geben dann wieder Strom ab, wenn dieser passende Marktpreise erzielt bzw. dringend benötigt wird.
Der 29.7. verlief in Sachen grenzüberschreitende Lastflüsse lange untypisch für das bisherige Jahr 2019: Die längste Zeit des Tages gab es nämlich Importüberhänge mit über 1.000 MW. Bis 6h wurde billiger Strom für Pumpspeicher verwendet, ab 7h ließen dann die Pumpspeicher das Wasser wieder talwärts laufen.
Von 7h bis 9h (die erste Spitzenzeit am Tag) reduzierten sich dann die Importe aus Deutschland klar (kurz gab es sogar Exporte, der Süden Deutschlands ist dann besonders stromhungrig), den gesamten Tag über gab es (wie üblich) aber einen deutlichen Importüberhang aus Deutschland. Noch deutlicher und auch konstanter ist auch der Import aus den Leitungen Tschechiens (in denen wohl auch einiger Windstrom aus dem Norden Deutschlands ist): Dauerhafte 1.000 bis 2.000 MW kommen hier aus dem Norden zu uns.
Generell kann man sagen: Der Strom kommt in Österreich von oben rein (Deutschland, Tschechien) und fließt in der Regel nach unten ab - nach Slowenien, Ungarn und Italien wird in der Regel exportiert, in Sachen Schweiz gibt es laufend Schwankungen in beide Richtungen.
Bis 15h wurde am 29.7. kräftig importiert, dann drehte sich aber alles rasch: Der Wind kam in Österreich (insbesondere in Ostösterreich) kräftig auf und reduzierte die Stromimporte massiv.
Ab 18h war dann Österreich plötzlich wieder Stromexporteur: Deutschland braucht dann ob der sich reduzierenden Photovoltaikerträge in den frühen Abendstunden deutlich mehr Strom selbst und in Österreich rotieren die Windräder, die Speicherkraftwerke, die Pumpspeicherkraftwerke und auch die Wasserkraft hat ob der vielen Niederschläge in den Alpen feine Produktionszahlen zur Verfügung. Da kann man in Österreich sogar die sonst sehr wichtigen Gaskraftwerke auf "standby" laufen lassen - die sonst sehr rasch und gerne eingesetzt werden.
Von 20 bis 21 Uhr gehen sogar bis 2.400 MW in den Export!
In Summe verbleibt für den 29.7. zwar ein Negativsaldo (mehr Stromimporte als Exporte) - dafür hat man kaum bis gar nicht auf die Nichterneuerbaren zurückgreifen müssen. Es war also ein guter Stromtag!
Wie sich der Stromverbrauch und die Stromimporte bzw. Stromexporte im Herbst 2019 darstellen, ist hier zu lesen: Stromverbrauch, Stromexporte und Stromimporte Österreich, Herbst 2019
Geldmarie-Linktipps:
Ad hoc-Meldung - Juli 2019