In Sachen Österreichische Stromproduktion haben wir den 19.11.2019 ins Auge genommen (Artikel unter: Stromproduktion Österreich, Herbst 2019), der 20.11.2019 soll nunmehr zeigen, wie denn ein halbwegs typischer (wiewohl eher warmer) Herbsttag in Österreich in Sachen Stromverbrauch sowie Stromimport und Stromexport aussieht.
Am 29.7.2019 haben wir (zu finden unter Stromverbrauch, Stromimporte und Stromexporte in Österreich, Sommer 2019 den sommerlichen Stromverbrauch in Österreich unter die Lupe genommen und uns auch den Strom-Import-Export-Saldo angesehen, die Daten dazu liefert die APG (siehe Links), bei welcher man sich aktuell (nur leicht zeitverzögert)Stromverbrauch, Stromproduktion bzw. die Stromlastflüsse mit den Nachbarländern Österreichs wunderbar ansehen kann.
Im Vergleich zum Sommer gibt es im Herbst einen Mehrverbrauch (bzw. eine "Mehrlast") von rund 1.000 bis 2.000 MW: In der Industrie ist wieder Hochsaison, die Tage sind deutlich kürzer und es ist auch deutlich kälter als im Sommer. Somit laufen nun statt den Klimaanlagen die Heizungen bzw. Warmwasseranlagen heiß - und die benötigen in Summe doch noch mehr Strom als dies im Sommer der Fall ist.
So beträgt zwischen 0 und 5 Uhr im Sommer die Stromlast in Österreich normalerweise zwischen 4.500 und 5.000 MW, am 20.11 lag in dieser Zeitspanne der Verbrauch zwischen 5.800 und 6.300 MW.
Wie im Sommer zieht dann mit dem Aufstehen der Menschen die Stromlast dann deutlich an - und liegt um 6 Uhr schon bei 7.000 MW. Um 8 Uhr sind dann die meisten Österreicher schon wach bzw. sogar schon am Arbeitsplatz und die Stromlast liegt bei 8.800 MW.
Bis 11.30h bleibt der Stromverbrauch dann ziemlich konstant zwischen 8.700 und 8.900 MW um dann ab 11.30h (Mittagspause!) leicht abzusinken. Um 13h geht es dann wieder etwas nach oben, bis 15.30h pendelt die Stromlast dann zwischen 8.600 und 8.800 Megawatt.
Es folgt wieder einleichter Anstieg, der zwischen 16.45h und 18.15h mit einer Last von 9.000 bis 9.100 MW seinen Höhepunkt findet: Da wird es auch wieder etwas kälter und schon früh dunkel, Wärme zu Hause, Duschen oder Essen nach der Arbeit sind hier wohl die Hauptursachen für den hohen Verbrauch.
Um 20h liegt dann der Verbrauch noch bei rund 8.300 MW, um dann bis 22h auf 7.300 MW zu sinken - Österreich geht schön langsam ins Bett. Durchaus interessant hier der kurze Verbrauchsanstieg zwischen 22h und 22.15h - hier dürfte es sich primär um die Abendtoilette nach dem Hauptabendprogramm handeln;-)
Bis 24h bzw. 0h sinkt dann die Stromlast im heimischen Netz wieder auf 6.400 MW.
Bei den Stromexporten und Stromimporten, von der APG als "Grenzüberschreitende Lastflüsse" bezeichnet, gibt es über das ganze Jahr gesehen immer ziemliche Schwankungen. Der 20.11. verlief da hingegen ziemlich unspektakulär - es gab (in beide Richtungen und saldiert) kaum nennenswerte Importe bzw. Exporte.
Im Herbst sind ob der üblicherweise geringen Wasserführung der heimischen Flüsse bzw. Speicherseen Importüberschüsse durchaus an der Tagesordnung - insbesondere wenn in Deutschland der Wind kräftig weht, gibt es von dort günstigen Strom zu erwerben.
Überschussstrom, mit dem wir auch (billig und gerne) die heimischen Pumpspeicher befüllen und welcher dann, wenn es (zumeist untertags) mit dem Strom etwas enger wird, (teurer) aktivieren. Ein durchaus nettes bzw. zukunftsweisendes Prinzip (solange es noch keine günstigen Speicherbatterien gibt), welches aber seitens deutscher Netzbetreiber auch schon für Kritik gesorgt hat und zu einer Limitierung dieser Billigimporte (und auch zu leichten Preisanstiegen in Österreich) geführt hat.
2018 importierte Österreich noch fette 14,2% des Stromverbrauchs. Diese Importmenge resultiert aber auch wesentlich aus der im Vorjahr sehr schwachen Wasserführung der heimischen Lauf- und Schwellkraftwerke, darüber hinaus war 2018 auch ein eher schwaches Windjahr.
2019 sind sowohl Wasserführung als auch Wind gut bis sehr gut - zum Halbjahr 2019 war die Export/Import-Bilanz demnach fast ausgeglichen. Schwächere Wasserführung im Sommer/Herbst/Winter werden aber auch 2019 dafür sorgen, dass die Stromlastflussbilanz Österreichs wieder ein einstelliges Minus aufweist.
Der 20.11.2019 war demnach ein eher ungewöhnlicher Herbsttag: In Deutschland gab es nämlich kaum Wind und wenig Sonne (=Photovoltaik), die Importe und Exporte hielten sich mit allen Nachbarländern ziemlich die Waage. Dadurch resultierten Strom-Spotmarktpreise von durchschnittlich 60 Euro pro Megawattstunde- da lohnt es sich schon, die Gaskraftwerke bzw. die Pumpspeicherkraftwerke in Österreich in Betrieb zu nehmen...
Die grenzüberschreitenden Lastflüsse waren (in Summe) in den ersten Tagesstunden leicht exportlastig, erst in den späteren Abendstunden gab es dann einen Importüberschuss. Die Salden lagen aber ganztägig unter 1.000 MW - blieben also ziemlich gering.
Aus Tschechien gab es laufend Importe, die aber verhältnismäßig gering ausfielen. Auch aus Deutschland (wenig Wind, wenig Sonne!) gab es bemerkenswert wenig Stromimporte - in den Morgen- und frühen Abendstunden exportierte Österreich sogar einige Stunden Strom nach Deutschland. Im Normalfall kommen aus Tschechien und Deutschland fast immer größere Stromimporte rein - die wir dann aber auch oft in unsere südlichen Nachbarländer bzw. in die Schweiz verteilen.
Aus der Schweiz gab es hingegen -ausnahmsweise- ganztätig Stromimporte - das kann sich aber täglich drehen, wie z.B. der 21.11. gleich bewies.
Die Lastflüsse nach Ungarn und Italien waren am 20.11. eher unbedeutend - zumeist waren es Stromexporte, was auch der Usus ist. Slowenien exportierte ganztägig Strom aus Österreichs Netz - auch ziemlich üblich.
Oben rein, unten raus - so die grobe "Lastflussformel" beim Strom in Österreich - wobei am Ende des Tages zumeist der Stromimport überwiegt.
Fazit: Ob des weiterhin steigenden Stromverbrauchs darf man sich keinesfalls auf die (feine) heimische Wasserkraft verlassen. Ist es politisch wirklich ernst, bis 2030 bilanziell den heimischen Stromverbrauch mit 100% Ökostrom abzudecken, ist man noch meilenweit davon entfernt und schon schwer im Ausbaurückstand.
Dies gilt einerseits für den Leitungsbau, andererseits auch für Förderungen und Anreize in Sachen Ökostrom. Auch wenn nun vielleicht Türkis-Grün einige Meilensteine setzen wird - 2019 war hier ein Jahr der Versäumnis. Auch wenn die Zahlen ob Wasser- und Windlotterieglück wohl besser aussehen werden - das kann sich 2020 aber rasch wieder zurückdrehen...
Geldmarie-Linktipps:
Ad hoc-Meldung - November 2019