Seit dem 1.1.2003 gelten für neue Dienstverhältnisse nur noch die Regelungen der sogenannten "Abfertigung Neu". Die älteren Dienstverhältnisse sind von dieser Regelung nicht betroffen - diese verbleiben in der "Abfertigung Alt".
Ob der hohen Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt bzw. der Vielzahl an neuen Beschäftigungsverhältnissen und dem Trend zur Selbständigkeit war es an der Zeit, das alte Abfertigungssystem zu ändern. Denn sehr viele Arbeitnehmer kamen überhaupt nicht in den Genuss von Abfertigungen - zu kurz war die Verweildauer im gleichen Unternehmen. Denn wer nicht mindestens 3 Jahre dabeiblieb, schaute in Sachen Abfertigung durch die Finger.
Auch bei Eigenkündigung verlor man seine Ansprüche zumeist gänzlich. Nur ca. 15% der Arbeitnehmer erhielten zuletzt im alten System eine Abfertigung...
Das hat sich seit 2003 geändert: Ab dem 2. Monat des Arbeitsverhältnisses leistet der Arbeitgeber nunmehr einen fixen Betrag von 1,53% der Lohnsumme. Dieser Betrag wird mit den Sozialversicherungsbeiträgen an die zuständige Gebietskrankenkasse bezahlt und von dieser an die Mitarbeitervorsorgekasse des Unternehmens weitergeleitet.
Die Mitarbeitervorsorgekasse verbucht das Geld dann auf dem Konto des Mitarbeiters und informiert diesen auch 1x jährlich über den Erfolg (bzw. Misserfolg) der relativ konservativen Veranlagung.
Abfertigungsansprüche werden also nicht mehr gegenüber dem Unternehmen gestellt, sondern ausschließlich an die Mitarbeitervorsorgekasse. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem alten System: Man muss nicht mehr mit dem Arbeitgeber wegen der Abfertigung herumstreiten - dieser hat die Beiträge längst geleistet und kommt dadurch (wie in der Vergangenheit oft vorkam) auch nicht in existenzielle Zahlungsschwierigkeiten. Auch der Insolvenzfonds wurde durch diese neue Regelung durchaus entlastet.
Seit 1.1.2008 gilt dieses Modell übrigens auch für freie Dienstnehmer bzw. Selbständige - diese unterliegen nunmehr auch dem BMSVG (Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz).
Pro Unternehmen darf es nur eine Mitarbeitervorsorgekasse geben, an welche die Abfertigungsbeiträge zu bezahlen sind. Grundsätzlich wird die Kasse in größeren Betrieben mittels Betriebsvereinbarung ausgewählt. Bei Unternehmen ohne Betriebsrat wählt der Arbeitgeber die Vorsorgekasse selbst aus. Selbständige können sich die Vorsorgekasse selbst aussuchen - jede Bank bzw. jede Versicherung wird Ihnen bei der Suche helfen können... Falls Sie sich selber erkundigen wollen, finden Sie hier alle "Mitarbeitervorsorgekassen in Österreich".
Wie schon bei der Abfertigung alt, gibt es auch bei der "Abfertigung Neu" einige Voraussetzungen für die Auszahlung einer Abfertigung:
Bei Selbstkündigung besteht also kein Anspruch auf Auszahlung der Abfertigung - sehr wohl kann man aber das angesparte Guthaben auf das Konto bei der neuen Mitarbeitervorsorgekasse übertragen lassen (wenn der neue Arbeitgeber eine andere hat). Dies ist aber nur möglich, wenn auf das alte Konto seit zumindest 3 Jahren keine Beitragszahlungen mehr erfolgen. Eine Zusammenführung von mehreren Konten macht früher oder später sicher Sinn, da die Vorsorgekassen auch Spesen und Gebühren verrechnen.
Prinzipiell ist es möglich, vom alten Abfertigungssystem in das neue Modell umzusteigen. Dies setzt allerdings ein Einverständnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus. In der Praxis kommt dies allerdings selten vor, da beide Parteien unterschiedliche Interessen in Sachen Abfertigung haben und auch nur selten konkret einschätzen können, wie sich das Beschäftigungsverhältnis weiterentwickeln wird.
Tatsächlich könnten aber Arbeitgeber und Arbeitnehmer durchaus flexible Lösungen finden, die für beide Seiten die Abfertigungsproblematik kalkulierbarer machen. Alles reine Verhandlungssache, die -wie schon erwähnt- nur selten stattfindet.
Die Varianten:
Die Veranlagung unterliegt dem BMSVG, die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) prüft diese.
Grundsätzlich gesagt, sind die Vorsorgekassen bestrebt, das veranlagte Geld auch sicher zu veranlagen. Aber auch Aktienanteile sind den Mitarbeitervorsorgekassen erlaubt - es kann also in schlechteren Börsejahren durchaus passieren, daß sich Ihr Guthaben verringert. Die Vorsorgekassen garantieren aber jedenfalls zumindest die Auszahlung der einbezahlten Beträge. Somit gibt es eine Art der Kapitalgarantie.
Die Vorsorgekassen verrechnen jedoch auch eine Menge an unterschiedlichen Gebühren (die teilweise auch Fremdgebühren sind). Ein kleiner Auszug aus der jährlichen Kontonachricht:
Die Verwaltungskosten dürfen zwischen 1% und 3,5% der Beiträge liegen. Da es einige Vorsorgekasse gibt, können Sie die Konditionen bzw. die in den Vorjahren erwirtschaftete Performance auch relativ gut vergleichen.
Die Beiträge an die Vorsorgekasse können von Arbeitgeber als Betriebsausgabe geltend gemacht werden und unterliegen keiner Versicherungssteuer. Die Erträge aus der Veranlagung sind KESt- und KöSt-frei. Bei einer Auszahlung fällt (wie schon beim alten Abfertigungssystem) eine Lohnsteuer in der Höhe von 6% an.
Wenn man die Abfertigung jedoch als Zusatzpension verwendet, fällt keine Steuer an - die "Abfertigung Neu" soll auch die Eigenvorsorge stärken, da die Abfertigungen früher zumeist nicht als Pension verwendet wurden.
Wenn die o.g. Voraussetzungen auf Sie zutreffen, können Sie sich über die Auszahlung der Abfertigung freuen - diese kann in unterschiedlichen Varianten erfolgen:
Eine Verfügung muss der Arbeitnehmer in schriftlicher Form der betrieblichen Vorsorgekasse mitteilen (nicht beim Arbeitgeber!). Beachten Sie hier auch die Frist von 6 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses!
Viele Arbeitnehmer lassen sich nach Jobwechsel die Abfertigung Neu (soweit schon ein Anspruch besteht) auszahlen. Ende des zweiten Quartals 2024 gab es rund 11,01 Mio. Anwartschaften (oftmals sind Ansprüche bei mehreren Vorsorgekassen vorhanden) und es war ein Gesamtkapital von 19,8 Mrd. Euro in 8 Vorsorgekassen vorhanden - das Gesamtkapital und die Anzahl der Anspruchsberechtigten (Ende 2023: 3,9 Mio. Berechtigte) ist nach wie vor steigend.
Aufgrund von schlechten Veranlagungsergebnissen in der Finanzkrise und hohen Verwaltungskosten (hier ist eine Reform immer wieder in Diskussion und wohl auch notwendig) bzw. auch dem sehr niedrigem Zinsniveau nach der ersten Welle der Finanzkrise, blieb die Rendite mehr als deutlich unter den ursprünglich geplanten 6%. Angesichts der weiterhin wohl eher niedrigen Zinsen wird dem wohl auch so bleiben - von 2013 bis 2022 wurden gerade einmal durchschnittlich 1,31% Prozent Zuwachs erzielt. Für 2023 wurde eine Durchschnittsperformance von +4,42% kolportiert.
Nicht einmal die Inflation konnte von den meisten Kassen bisweilen verdient werden, tatsächlich liegen die langjährigen Erträge bei 1-3 Prozent - manche (jüngere) Abfertigungskonten waren sogar einige Zeit im Minus (was durch die Kapitalgarantie ausgeglichen werden müsste).
Eine Erhöhung der Beiträge von 1,53% wird seitens Arbeitgeber (die durch die Einführung der Abfertigung Neu durchaus profitiert haben) klar abgelehnt - eine Reduktion der Verwaltungskosten sowie eine längere Mindestdauer (mehr als 36 Monate Beitragszahlung) könnten eher der richtige Weg sein, den Arbeitnehmer ein neues Vorsorgestandbein zu bieten. Auch eine Zusammenlegung von Kassen könnte zukünftig für die Anspruchsberechtigten Kosten sparen.
Darüber ist die oft gegebene Möglichkeit von vorzeitigen Entnahmen zu hinterfragen - bei Menschen mit häufigem Arbeitsplatzwechsel werden die Mitarbeitervorsorgekassen sehr oft geleert - der ursprüngliche Sinn (Vorsorge fürs Alter bzw. Zusatzpension) bleibt auf der Strecke und der Verwaltungsaufwand ist dadurch sehr hoch.
In Summe ist die Abfertigung Neu aber durchaus eine -für viele Menschen- sinnvolle Sache.
Geldmarie-Linktipp: