Die Zeiten des unmüdigen Patienten sind längst vorbei - das merken Ärzte, Versicherungen und Gerichte anhand von unzähligen Prozessen bezüglich angeblicher Fehlbehandlungen ganz deutlich. Die Klagefreudigkeit der Patienten (bzw. deren Angehörigen) ist in den letzten Jahrzehnten stetig angestiegen - kaum ein Arzt weiß hier nicht schon über den einen oder anderen unangenehmen Fall zu berichten.
Auch wenn schon in der Vergangenheit die Schlichtungsstellen der Ärztekammer den Versicherungen einiges an Arbeit abgenommen haben - an einer Ärztehaftpflichtversicherung kommt man heute kaum mehr vorbei. Seit August 2011 ist eine solche Versicherung laut Ärztegesetz sogar den meisten Ärzten vorgeschrieben - so müssen seither alle freiberuflich tätigen Ärzte und Gruppenpraxen sowie auch Zahnärzte und Ambulatorien eine Ärztehaftpflichtversicherung mit Mindeststandards vorweisen können, was von der Ärztekammer auch überprüft wird.
Eine Haftpflichtversicherung für Ärzte kostet für die meisten Ärzte gerade einmal ein paar hundert Euro pro Jahr - hier sollten Ärzte wohl auf keinen Fall sparen. Schadenersatzklagen in Sachen Verdiententgang, Schmerzensgeld, Begräbniskosten, Heilungskosten, Unterhalt für Hinterbliebene etc. können nämlich selbst für gutsituierte Ärzte rasch existenziell problematisch werden - und vor Fehlern (wie auch immer diese dann bewertet werden) sind natürlich auch -oft gestresste- Ärzte nicht gefeit.
Bei den am Markt tätigen Anbietern (v.a. Allianz, Donau, Generali, Helvetia, Uniqa, Wiener Städtische, Zürich/Ärzteservice) sind teilweise bei gleichen Leistungen große Prämienunterschiede auszumachen, und -trotz Pflichtversicherung- auch erhebliche Leistungsunterschiede vorhanden.
Gegenüber dem Stand der Ärzteversicherung vor 10 oder 20 Jahren ist der Deckungsumfang aber fast durchwegs unvergleich weitergehend. Wer also schon vor längerem seinen Vertrag abgeschlossen hat, sollte hier durchaus einmal einen Vergleich wagen bzw. den aktuellen Betreuer bitten, den Vertrag zu prüfen und wenn möglich inhaltlich positiv zu adaptieren.
Besonders die Auswahl von kompetenten Versicherungsbetreuern sind bei Arztversicherungen sehr wesentlich - dieser wird Sie vielleicht (in Kenntnis Ihrer Person und Tätigkeit) auch darauf aufmerksam machen, dass Sie die (günstige) Turnusarztversicherung nach der Ausbildung umgehend in eine klassische Ärzteversicherung umwandeln müssen.
Unabhängigkeit des Versicherungsbetreuers ist immer sinnvoll, damit er grundsätzlich mit allen Versicherern arbeiten kann. Zusätzlich wird er aber vermutlich auf Ärzte spezialisiert sein müssen, weil die allermeisten Versicherungsmakler sich mit diesem Spezialbereich sonst wohl nicht sehr häufig auseinandersetzen.
Die Prämien bei der Ärztehaftpflichtversicherung richten sich nach dem Fachgebiet des Arztes. Während Allgemeinmediziner, Kinderärzte oder in der Psychiatrie tätige Ärzte mit ca. 200 bis 350 Euro (bei einer Versicherungssumme von 4 bis 5 Mio. Euro) rechnen müssen, sind die Prämien für Internisten, Urologen, HNO-Ärzte oder Dermatologen schon oft doppelt so hoch. Maximal sind in Österreich Ärzte mit 10 Mio Euro haftpflichtversicherbar.
Noch tiefer in die Tasche greifen müssen natürlich Chirurgen, Orthopäden, Radologen, Gynäkologen oder auch Zahnärzte - bei häufigen operativen Eingriffen ist das Risiko für die Versicherung entsprechend höher. Erfragen Sie im Bedarfsfall bei Ihrem Versicherungsberater auch, wieweit kosmetische Behandlungen bzw. OP's inkludiert sind bzw. ob diese eingeschlossen werden können. Hier liegt in den Bedingungen eine der häufigsten Fallstricke und einige Anbieter schließen kosmetische Behandlungen gänzlich aus bzw. schränken die Deckung hier ein oder bieten Versicherungsschutz nur, wenn lückenlos schriftlich dokumentiert wurde.
Neben dem Fachgebiet ist natürlich auch die Funktion (insbesondere bei Spitalsärzten) relevant - ein Primararzt (ärztlicher Leiter) mit Privatordi trägt mehr Verantwortung (und versicherungstechnische Risikokomponente) mit sich als ein "normaler" angestellter Spitalsarzt ohne Ordination.
Es ist keinesfalls auszuschließen, dass nach der Pensionierung eines Arztes noch Schadensersatzansprüche gestellt werden. Der richtige Schutz dafür heißt Nachdeckung. In modernen Verträgen sollte diese Nachdeckung jedenfalls schon gegeben sein. Aber wer noch ältere Verträge hat, muss sich für die Vergangenheit diesen Schutz womöglich noch besorgen. Das sollte jedenfalls vor Pensionsantritt noch geprüft und erledigt werden.
Wer eine Haftpflichtversicherung hat, ist gegen Schadenersatzansprüche Dritter schon relativ gut versichert. Um sich gegen Anschuldigungen aber individualisiert verteidigen zu können bzw. sogar selbst in den Angriff übergehen zu können (oder einfach auch nur ein paar überfällige Honorarnoten einzuklagen), ist eine Rechtsschutzversicherung auch für Ärzte durchaus ratsam.
Die Inhalte einer solchen Rechtsschutzversicherungen können -je nach Bedarf- äußerst unterschiedlich sein und sich an die Wünsche des Arztes anpassen. Auch nichtberufliche Risken (z.B. KFZ-Rechtsschutz) können hier zumeist auch mitversichert werden.
Es gibt die relativ junge (aber sehr bedeutende) Entwicklung, dass Patienten nicht nur Schadenersatzforderungen stellen, sondern die Ärzte auch bei Polizei und Staatsanwaltschaft anzeigen. Am häufigsten geschieht dieswegen fahrlässiger Körperverletzung.
Anders als für Geldforderungen ist die Arzthaftpflicht für Strafverfahren und Ermittlungsverfahren aber unzuständig. Daher brauchen Ärzte heute vielfach zusätzlich neben der Arzthaftpflicht auch einen Spezial-Strafrechtsschutz.
Speziell deshalb, weil im Strafrechtsschutz für andere Berufe die Körperdelikte häufig nur sehr eingeschränkt versichert sind. Naturgemäss ist das für einen Arzt oder Zahnarzt nutzlos. Erstaunlich viele Ärzte haben aber (wie die Erfahrung zeigt) einen solchen Rechtsschutz, vermutlich weil die Versicherungsberater hier die Besonderheiten selbst nicht kannten.
Eine Besonderheit im Strafverfahren und im Ermittlungsverfahren ist, dass die Kosten jedenfalls immer selbst zu tragen sind, auch im Fall des Freispruchs oder der Einstellung der Ermittlungen. Der Staat wird Ihnen die Kosten für Anwalt, Gutachten, etc. nicht ersetzen. Das kann schnell teuer werden. Eine andere Besonderheit liegt darin, dass auch angestellte Ärzte hier typischerweise nicht weniger gefährdet sind. Das Strafrecht unterscheidet nicht nach angestellt oder selbstständig. Sie brauchen hier also dieselbe Absicherung wie ein freiberuflich tätiger Kollege. Dazu kommt noch, dass das Krankenhaus häufig Haftpflichtschutz bietet - aber nicht für strafrechtliche Verfolgung!
Ärzte mit eigener Ordination sollten diese natürlich auch gegen die klassischen Elementarrisken (Feuer, Leitungswasser, Sturm etc.) absichern. Ordinationsversicherungen sind zumeist recht günstig - und durchaus mit einer spezialistierten Haushaltsversicherung zu vergleichen.
Neben der Einrichtung stehen in Ordinationen aber oft auch extrem teure Geräte, welche man ebenfalls ausreichend versichern sollte. Das Äquivalent einer solche Geräteversicherung wäre die Kfz-Kaskoversicherung, gedeckt sind vor allem auch Eigenbeschädigungen.
Eine für Ärzte ganz wesentliche Versicherung ist wohl die Unfallversicherung. Speziell für Ärzte haben die meisten Versicherungen hier eigene Pakete entwickelt, welche sich von normalen Unfallversicherungen zumeist in der Gliedertaxe ziemlich unterscheiden.
So ist der Verlust eines Fingers für einen Chirurgen oft gleichbedeutend mit dem beruflichen Aus - was in vielen anderen Berufen wohl kaum ein massives Problem wäre, würde hier die Existenz des Arztes ziemlich beeinträchtigen.
Aber auch Sonderthemen wie das Flugarztrisiko und Berufsrisken durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten von Patienten erfordern Sonderklauseln. Sowohl die Gliedertaxe als auch die sonstigen Unfallklauseln weichen im Detail extrem voneinander ab. Nur wenige Berater befassen sich in diesem Detail mit der Ärzte-Unfallversicherung, Sie werden hier also relativ gut die Kompetenz erkennen können. Vor allem auch daran, ob der Berater die vorhandenen Sonder-Rahmentarife für Ärzte oder Freiberufler kennt und in seinem Vergleich berücksichtigt.
Ein guter Berater wird Sie hier individuell beraten - auch der Vorschlag einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist sicher ein Zeichen von Kompetenz.
Zum Abschluss nochmalig der Hinweis: Suchen Sie sich gerade bei der Arztversicherung einen kompetenten Fachmann als Betreuer aus (kann natürlich auch eine Frau sein) - Ärzteversicherungen gehören im Versicherungsbereich schon zur "höheren Kunst".
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