Nicht ganz unerwartet trennt die italienische Unicredit zukünftig das Ostgeschäft aus der Bank Austria - und ebenso erwartungsgemäß möchte man das österreichische Privatkundengeschäft (immerhin eine Sammelmasse aus Länderbank, Zentralsparkasse und CA-BV) entweder verkaufen oder radikal umstrukturieren. Unter "Umstrukturierung" sind wohl primär weitere Filialschließungen und Massenkündigungen zu verstehen - mehrere Arbeitsplätze bei der Bank Austria wackeln somit ab sofort noch deutlicher - egal, ob nun verkauft wird oder nicht.
...geht mit der Zeit. So ein ziemlich verlässliches Sprichwort für viele Lebenslagen, welches insbesondere in der Finanzwelt zutreffend ist. Und damit ist gar nicht gemeint, dass man laufend alles neu erfinden muss - vielmehr wäre ein gutes Management gefordert, eindeutige Trends zu erkennen, zu deuten bzw. dann auch daraus Konsequenzen zu ziehen.
Dass das Internet eines Tages ein wesentlicher Bestandteil der Finanzbranche sein wird, war der Geldmarie schon in den späten 1990ern klar. Als ich dann vor ca. 6 oder 7 Jahren erfuhr, dass man in Deutschland schon rund 30% des Banken- und Versicherungsgeschäftes über das Internet abschließt (mittlerweile wohl auch schon deutlich mehr) und Österreich bei einem Prozent "herumkrebst", war klar: Da haben die Chefetagen in Österreich wieder einmal sehr wenig kapiert...
Inzwischen hat sich zwar in Österreich auch schon einiges getan (wiewohl in den Führungsetagen noch immer Leute herumsitzen, die das Internet wohl nur vom Hörensagen kennen) - hinter Deutschland hinken wir aber in Sachen "Finanzen und Internet" noch meilenweit hinterher.
Als "Fintech" oder "FinTech" bezeichnet man junge Unternehmen (Start-Ups) in Sachen Finanztechnologie, welche im Bereich der Finanzdienstleistungen tätig sind.
In Österreich kennt man diesbezüglich eigentlich nur das Vergleichsportal Durchblicker.at, welches seit 2010 seine Bekanntheit von Jahr zu Jahr steigert und den Maklern bzw. dem Stammvertrieb im Versicherungsbereich wohl schon spürbar weh tut. Jüngst auch mit frechen Werbeslogans...
Nahezu alle Banken und Versicherungen aus Österreich, aber auch die Bausparkassen etc., haben das Onlinegeschäft in den letzten Jahren (ja sogar schon Jahrzehnten) sträflich vernachlässigt und starten maximal den einen oder anderen Versuchsballon.
Mittlerweile sehen die Fintechs aus Deutschland auch schon die Chancen auf dem (zurecht als unbeweglich geltenden) kleinen österreichschen Markt - in den letzten 3 Jahren sind inzwischen sehr viele Auslands- und Direktbanken ins Onlinegeschäft eingestiegen und steigen den einstigen "Monopolisten" easybank und ING Diba ziemlich auf die Füße und tun damit natürlich auch den Alt- bzw. Systembanken gehörig weh. Natürlich auch der Bank Austria, welche ob der Mailänder "Kreativabteilung" ein mieserables Onlinebanking (schlechter als der Vorgänger) hingelegt hat und keine Alternativen zu Einsparungen und Schließungen sieht und daher weiter Marktanteile verlieren wird. Unter welchem Namen (und Besitzer) auch immer...
Ein paar Beispiele aus Deutschland gefällig, was da in Sachen Fintechs so "abgeht"? Hier einige Fintechs, über die die Geldmarie schon berichtet hat bzw. laufend berichtet:
Billige Fondverwaltung: vaamo (jetzt Moneyfarm - Achtung: 2020 Einstellung des Geschäfts in DACH-Region)
Anlegen in Grünstroom: greenXmoney
Kredite von und an Privat: Lendico
Internationale Anlage in Festgeld und Tagesgeld: Savedo oder Weltsparen
Eine Aufzählung, die man noch lange fortsetzen könnte - und welche leider auch zeigt, dass Fintechs in Österreich ziemliche Mangelware sind und daher via Deutschland zu uns kommen.
Einzig beim Online-Crowdfunding (die Geldmarie berichtet hier regelmäßig) hat man in Österreich halbwegs früh die Chancen erkannt und hinkt nur wenig nach. Auch hier gilt: Auch diese Art der Unternehmensfinanzierung kostet den Banken natürlich Umsatz und Ertrag...
An allen Ecken und Enden knabbern also moderne (und vor allem kostengünstig aufgestellte) Unternehmen an den alten Bank- und Versicherungsriesen - Zeit also für noch einen Klassiker aus der Serie "Belästigungssprüche mit Wahrheitsgehalt": "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben".
Ad hoc-Meldung - November 2015