Nur langsam (aber sicher) kommt das Segment der privaten Krankenversicherungen in Österreich in Schwung. Gut so - schlecht so: Positiv deswegen, weil die staatliche (gesetzliche) Krankenversicherung noch immer einen ausgesprochen guten Leistungsumfang hat (zumindest im internationalen Vergleich) und das heimische Gesundheitssystem zwar sehr wohl dem Kollaps nahe ist, aber das recht hohe Niveau noch einigermaßen hält.
Negativ: Herr und Frau Österreicher verlassen sich in Sachen Gesundheitssystem noch immer auf den Staat. Dieser schafft seit Jahrzehnten keine zukunftsorientierte Reform des maroden Gesundheitssystems. Die Finanz- und Strukturprobleme werden auf die lange Bank geschoben - und zahlen müssen das dann irgendwann einmal die lieben Nachkommen. "Hinter uns die Sintflut" - die Parole der heimischen Gesundheitspolitik.
Wer allerdings schon häufiger und länger Erfahrungen mit Ärzten bzw. Spitälern hatte wird bemerken: Schön langsam wird es mit der optimalen Gesundheitsversorgung eng. Lange Wartezeiten bei Ärzten und Spitälern, immer mehr Privatärzte (Ärzte, die nicht alle Kassen akzeptieren), immer teurer (wenn auch teilweise besser) werdende Operations- und Behandlungsmethoden, teurere Medikamente, höhere Selbstbehalte, weniger Personal, weniger Spitäler, gestresstes Personal, weniger Zeit für die Patienten etc.
Kurz zusammengefasst: Wir sind auch im Gesundheitsbereich auf dem Weg in die 2-Klassen-Gesellschaft. Auch wenn dieser Weg ohnehin schon immer beschritten war - er wird deutlicher: 1. Klasse Privatpatient, 2. Klasse Kassenpatient.
Angesichts leerer Staatskassen und einer immer älter werdenden Bevölkerung (und immer weniger jungen Steuerzahlern) ist es klar: Die Zwei-Klassen-Medizin wird sich noch verstärken. Lassen Sie sich nichts gegenteiliges einreden!
Eine private Krankenversicherung sollten Sie sich auch nicht einreden lassen - wie bei jeder Versicherung sollten Sie davon nämlich überzeugt sein. Und Sie sollten sich eine private Krankenversicherung auch leisten können. Denn diese ist als reine Zusatzversicherung zur staatlichen Krankenversicherung zwar steuerlich im Rahmen der Sonderausgaben (nur noch bis inklusive 2020 für Verträge bis Ende 2015 abgeschlossen möglich!) absetzbar - aber für viele Menschen leider fast schon reiner Luxus (weil relativ teuer).
Und es ist auch gar nicht garantiert, dass Sie überhaupt eine private Krankenversicherung bekommen: Der Gesundheitszustand wird nämlich beim Vertragsabschluss genau erfragt. Entspricht dieser nicht den strengen Annahmekriterien des Versicherers, wird der Antrag abgelehnt (oder nur mit hohen Zuschlägen auf die Prämie akzeptiert).
Man sollte also eine private Krankenversicherung möglichst früh (jüngere Menschen zahlen weniger) abschließen - und der Gesundheitszustand sollte noch gut sein. Viele Anfragen auf Abschluss einer Krankenversicherung erreichten die Geldmarie knapp vor Operationen. Hier gilt in den meisten Fällen der gleiche Grundsatz wie bei der Feuerversicherung für Häuser: Ein brennendes Haus kann man nicht mehr versichern (bzw. erst wieder, wenn es wieder heil dasteht). Leider - aber seitens Versicherer wohl verständlich.
Nun denn: Viel wurde schon über die Krankenversicherung geplaudert - aber das Wesentliche fehlt noch:
Die privaten Krankenversicherungen übernehmen die Kosten (bzw. Mehrkosten), die die staatlichen Versicherungsträger (bzw. auch die betrieblichen Vorsorgeversicherungen) nicht (oder nur zu kleinen Teilen) übernehmen bzw. abdecken. Und diese Kosten werden laufend mehr.
Es gibt jede Menge unterschiedliche Krankenversicherungen. Von 5 Euro Monatsprämie bis zu 500 Euro (oder mehr) im Monat kann man für eine private Krankenversicherung ausgeben. Natürlich unterscheiden sich hier auch die Versicherungsleistungen massiv.
Die Geldmarie hat folgend die populärsten Arten der Krankenversicherungen für Sie aufgelistet und mit einem Kurzkommentar bezüglich Leistung versehen.
Wie der Name schon sagt: Sie liegen im Spital ihrer Wahl (soweit durch die Versicherungsbedingungen gedeckt und möglich) auf Sonderklasse und genießen dort einige Vorteile. Diese könnten sein: Einbettzimmer, Zweibettzimmer, freie Arztwahl, frei Wahl des Chirurgen, Transportkosten, Entbindungsgeld, Taggeld (wenn keine Sonderklasse beansprucht), 2. Meinung vor Operation, Begleitung von Kindern, ambulante Operationen, etc.
Der wesentliche Vorteil der Sonderklasseversicherung: Sie können das Spital und den Arzt selbst wählen und haben als Sonderklassepatient Ruhe und (hoffentlich) beste Behandlung. Darüber hinaus sind Sonderklassepatienten (auch wenn das die Politik nicht hören will) viel schneller auf dem Operationstisch als der "gewöhnliche" Kassenpatient. Das kann schon ab und an ein lebenswichtiger Vorteil sein, wenn Sie nicht monatelang auf eine OP warten müssen...
Wie oben beschrieben - allerdings nur möglich, wenn der Grund für einen Spitalsbesuch ein Unfall war (keine Krankheit). Diese Versicherungen sind zwar sehr billig (und kommen häufig vor) - helfen aber nicht, wenn man aufgrund einer Krankheit ins Spital kommt.
Sie kennen die Ordinationen von Kassenärzten: Zumeist hoffnungslos überfüllt und mit Krankheitserregern gefüllt. Der Haus- oder Facharzt hat dann gerade einmal 5 Minuten Zeit (kein Wunder: er kriegt pro E-Card-Besuch ja nur ein paar Euro) und Sie sind schon wieder draußen. Dass da nicht immer die Bestberatung erfolgt, sollte eher nicht verwundern.
Als Privatpatient (=Besitzer einer Privatarztkostenversicherung) ist Ihnen das relativ egal: Sie vereinbaren einen Privatarzttermin. Da der Arzt auch wesentlich mehr dafür verlangen kann, wird er sich auch viel mehr Zeit für Sie nehmen. Oft abseits der klassischen Praxistermine.
Die Jahresleistungen sind hier individuell vereinbar - auch alternativmedizinische Heilbehandlungen (soweit erfolgversprechend und von einem zur Berufsausübung zugelassenen Arzt verordnet) sind zumeist inkludiert.
Auch Kostenersatz für Medikamente und Selbstbehalte sind hier oft mitversichert.
Insbesondere für Alleinverdiener oder Selbständige sehr interessant: Für die Tage des Krankenstandes nach Krankheit oder Unfall gibt es einen vereinbarten Tagsatz. Zumeist aber erst nach einer gewissen Karenzfrist (z.B. 21 Tage). Hilft ein wenig, den Verdienstentgang zu mindern.
Selbiges gibt es auch (meistens ohne Karenzfristen) für die Tage eines stationären Krankenhausaufenthaltes.
Nachdem die heimischen Krankenkassen Kosten im Ausland nicht oder nur sehr gering abdecken, macht eine solche Versicherung durchaus oft Sinn. Zumeist ist diese ein Zusatz zu einem Sonderklassetarif - manchmal sind derartige Versicherungen aber auch in Reiseversicherungen inkludiert. Welchen Tarif man hier wählt, hängt oft von der Dauer der Reise ab. Versicherungen haben da einiges im Portfolio.
Mögliche Leistungen: Kostenersatz für amulante und stationäre Behandlungen, Bergungskosten, Rücktransport u.ä.
Wer noch gute Zähne hat, kann eine solche Versicherung (zumeist nur in Verbindung mit einer teuren Hauptversicherung) zusätzlich abschließen. Aufgrund der hohen Kosten dieser Zahnversicherung machen das aber nur wenige.
Mögliche Leistungen: Zahnersatz, Zahnbehandlung, Zahnextraktion, Zahnregulierung, Röntgen (soweit nicht ohnehin durch die gesetzliche Versicherung gedeckt).
Wenn Kleinkinder oder Kinder ins Spital müssen, ist -soweit ein Bett für einen Elternteil überhaupt vorhanden ist- dies oft mit Kosten verbunden. Ob Sie diese selbst übernehmen können oder wegversichern wollen ist Ansichtssache. Die Geldmarie hält wenig davon - und noch weniger von Versicherungskeilern, die schon knapp nach der Geburt junge Mütter in Angst und Schrecken versetzen und zur Unterschrift bringen wollen.
Die Pflegediskussion wird auch in Zukunft in Österreich sehr laut geführt werden. Denn das gesetzliche Pflegegeld lt. Pflegestufen 1 bis 7 (je nach Stundenbedarf für die Pflege und Art der Pflegebedürftigkeit bemessen) reicht in vielen Fällen nicht aus. Besserung kaum in Sicht.
Den eigenen Pflegebedarf (der in vielen Fällen zumindest ein paar Jahre lang eintritt) kann man aber auch "wegversichern". In relativ jungen Jahren abgeschlossen, kostet das wenig Geld und entlastet später vielleicht einmal die eigenen Kinder bzw. Angehörigen (zumindest finanziell). Hier gibt es noch mehr Informationen zur: privaten Pflegeversicherung.
Ganz selten haben Menschen in Österreich keine aufrechte Sozialversicherung (z.B. bei ausländischen Staatsbürgern ohne Beschäftigungsverhältnis). Für diese gibt es die Möglichkeit, fast alle hier genannten Tarife privat zu versichern - manchmal auch für die Vergabe eines Visums notwendig.
Nachdem hier keine gesetzliche Krankenversicherung (Sozialversicherung) vorliegt, sind solche Krankenversicherungen naturgemäß recht teuer. Hier gibt es aber auch die Möglichkeit für kurzfristige Verträge (falls z.B. jemand ein paar Monate auf Besuch kommt)
Durch das noch immer relativ gute Gesundheitssystem in Österreich ist es vor allem in jüngeren Jahren kaum notwendig, die private Krankenversicherung zu beanspruchen. Wer seine Versicherung nur für den absoluten Notfall macht, fährt mit einer Selbstbehaltsvariante zumeist besser. Auch werden von den meisten Anbietern Versicherungen mit Prämienrückvergütung bzw. Prämienerlass im Krankheitsfall angeboten - das wird sich in den meisten Fällen rechnen.
Neben der Gesundheitsprüfung gibt es sogenannte Wartezeiten. Das bedeutet, dass für manche Risken sowie beim Vorliegen besonderer Umstände (von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich) erst nach der Wartezeit Leistungen erbracht werden. Die Prämien müssen aber schon während der Wartezeit bezahlt werden.
Eine ziemlich logische Wartezeit (die fast alle Krankenversicherer haben): 9 Monate bei Schwangerschaft;-). Sehr oft ist es aber selbst bei bereits eingetretener Schwangerschaft möglich, eine Sonderklasseversicherung abzuschließen: Hier verpflichtet sich die Versicherungsnehmerin allerdings zumeist für eine längere Laufzeit der Krankenversicherung oder/und müssen Baby und Vater mitversichert werden.
Krankenversicherungen sind normalerweise jährlich zu kündigen - oft gibt es aber am Anfang längere Laufzeiten. Achten Sie darauf, wie lange Sie sich binden!
Im Grunde sollte man eine Krankenversicherung aber ohnehin auf lange Sicht abschließen: Denn gerade im Alter ist das Risiko einer Erkrankung bzw. eines Spitalsaufenthaltes wesentlich höher. Die Einstiegsprämien für Jüngere sind durchaus günstig - der Einstieg wird dann von Jahr zu Jahr deutlich teurer.
Kinder oder Partner kann man oft sehr günstig mitversichern - ist zumeist günstiger als ein Einzelvertrag.
Sollten Sie sich die relativ hohen Kosten für eine private Krankenversicherung irgendwann einmal nicht mehr leisten können, gibt es die Möglichkeit, den Vertrag aufrecht zu erhalten. Sie haben zwar bei einer "Stilllegung" des Vertrages keine aktuelle Deckung - können dann aber später wieder in den günstigen Altvertrag einsteigen. Macht in vielen Fällen großen Sinn - ist aber auch kostenpflichtig.
Die Versicherungssteuer für private Krankenversicherungen beträgt 1%. Die Prämienzahlungen waren im Rahmen der Sonderausgaben beim Jahresausgleich bzw. bei der Einkommensteuererklärung absetzbar (gilt aber nur für vor dem 1.1.2016 abgeschlossene Verträge und das auch nur noch bis inkl. Jahresprämien 2020 für die Veranlagung 2020).
Nicht jede Versicherung bietet auch private Krankenversicherungen an. Wenn Sie aber Ihren Versicherungsberater nach einer Krankenversicherung fragen, wird dieser sicher einen Kooperationspartner anbieten können bzw. sogar selbst den Vertrag für Sie beraten und errichten. Populäre Anbieter von Krankenversicherungen in Österreich sind: Wiener Städtische, Uniqua, Generali, Allianz, Merkur, Donau oder auch MUKI (Verein Mutter Kind im Krankenhaus).
Seit 2021 bietet das Vergleichsportal Durchblicker (siehe Link unten) auch einen Vergleich von Krankenversicherungen an - durchaus eine gute Möglichkeit der Erstinformation. Durch die Komplexität der Materie ist hier individuelle und kompetente Fachberatung aber durchaus auch gefragt!
Zur Absicherung des Verdienstentganges bei Berufsunfähigkeit (durch Unfall oder schwere Krankheit) würde sich übrigens auch das Produkt Berufsunfähigkeitsversicherung anbieten.
Geldmarie-Linktipp: