Während der Anleihenmarkt Österreichs in den letzten Jahrzehnten eher von Staatsanleihen, Pfandbriefen, Bankanleihen oder zuletzt auch Wohnbauanleihen beherrscht war, wurden in den letzten Jahren auch Unternehmensanleihen ("Corporate Bonds") immer häufiger auf den Markt gebracht - und erfreuten sich auch großer Nachfrage.
Bei Unternehmensanleihen handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen, welche zur Finanzierung von Unternehmen emittiert werden. Während z.B. in den USA die Firmenfinanzierung via Corporate Bonds schon lange Tradition hat, ist hierzulande primär das Gespräch mit der Bank der erste Weg eines Unternehmens.
Bietet die Bank gerade keine günstigen Konditionen an bzw. ist dieser eine Finanzierung zu riskant (wird die Finanzierung abgelehnt), lässt sich das Unternehmen Projekte (bzw. auch benötigtes Kapital) via Anleihen von diversen Anlegern (Privatanleger, institutielle Anleger) finanzieren.
Solche Corporate Bonds kann man im Regelfall bei allen Banken erwerben (gleich bei der Emission oder auch während der Laufzeit) und ins Depot einbuchen lassen.
Der große Vorteil für die Unternehmen gegenüber der Ausgabe von Aktien: Die Eigentümerstruktur des Unternehmens wird durch die Ausgabe von Corporate Bonds nicht verändert - man erhält zu den marktüblichen Konditionen Fremdkapital.
Damit ist natürlich auch gleich der wesentlichste Nachteil verbunden: Man muss nicht nur während der Laufzeit des Bonds entsprechende Zinszahlungen leisten (und verdienen!) - auch die Rückzahlung des gesamten Kapitals zum Laufzeitende muss gesichert werden.
Und hier steckt auch das wesentliche Risiko für Privatanleger: Unternehmensanleihen sind nämlich im Regelfall riskanter als sichere Staatsanleihen oder auch Wohnbauanleihen & Co.
Wie auch bei klassischen Anleihen erwirbt man einen Nominalbetrag einer Anleihe zum aktuellen Kurs. Dies kann entweder im Zuge einer Neuemission (Neuausgabe) von Anleihen zum Ausgabepreis erfolgen - oder aber auch während der Laufzeit der Anleihe zum Tageskurs.
Im Regelfall bieten Corporate Bonds jährliche Ausschüttungen an die Käufer der Anleihen, welche (abzüglich KESt) den Geldverrechnungskonten der Depots gutgeschrieben werden.
Unternehmensanleihen weisen (im Gegensatz zu vielen anderen Anleihearten) oft nur eher kurzfristige Laufzeiten auf - z.B. 3 bis 10 Jahre. Nach der vereinbarten Laufzeit muss dann (im Normalfall) der vom Unternehmen aufgelegte Betrag an die Anleihegläubiger zur Gänze zurückgezahlt werden.
Wer solche Anleihen erwirbt, sollte sich keinesfalls von oft hohen Zinsangeboten locken lassen. Denn oft stecken hinter diesen Angeboten finanzielle Probleme von Unternehmen. Die Unternehmen würden via Aktienemission kaum nennenswerte Beträge lukrieren und kriegen auch sonst keine günstige Finanzierung - daher die oft extrem hohen Zinsangebote. Solche Angebote sind nur für Vollprofis mit hoher Risikobereitschaft geeignet.
So Sie Unternehmensanleihen zeichnen oder an der Börsen (bzw. bei der Bank) kaufen, beschäftigen Sie sich vorher unbedingt ein wenig mit der Bonität des Unternehmens. In der Regel gilt: Je sicherer das Unternehmen, desto geringer die Zinskupons.
So Sie dem Unternehmen jedoch zutrauen, das aufgenommene Kapital auch wieder zurückzahlen zu können (gerade staatsnahe Betriebe sollten in Österreich hier keine großen Probleme bekommen), kann ein Corporate Bond durchaus überdurchschnittliche Renditen erzielen.
Beachten Sie auch bei Unternehmensanleihen die Möglichkeiten von vorzeitigen Rückzahlungen bzw. die Möglichkeiten der Zinssatzänderung seitens Emittent.
Ganz wichtig zu wissen ist jedenfalls für Anleiheneulinge: Bei Anleihen ist ein Totalverlust nicht ausgeschlossen - bei Unternehmensanleihen könnte dieses Risiko in vielen Fällen noch etwas höher sein. Auch hier gilt: Rating beachten, Unternehmen analysieren und beobachten - erst dann kaufen.
Im Regelfall erkennt man ohnehin schon ob der gebotenen Zinszahlungen, wieweit sich das Unternehmen für frisches Kapital "rauslehnen" muss. Höhere Rediten - höheres Risiko.
Sehr oft kann man auch schon vom kolportierten Verwendungszweck des Fremdkapitals einigermaßen ableiten, wie riskant das Investment ist: Wird der Emissionserlös für Zukäufe und/oder dem Erschließen neuer Märkte verwendet, sollte dies beruhigender sein, als wenn es zur Abdeckung von Altlasten und Verbindlichkeiten dient.
Lassen Sie sich jedenfalls nicht von hohen Zinssätzen blenden - bei manchen Corporate Bonds wäre es wohl (aufgrund des hohen Risikos) sogar manchmal besser, die entsprechenden Aktien (welche im Normalfall gerade nicht überbewertet ist) anstatt der Anleihen zu kaufen. Schafft nämlich ein gefährdetes Unternehmen inzwischen den Turnaround, steigen Sie mit Aktien a la longue normalerweise besser aus.
Bei Unternehmensanleihen aus dem Ausland ist oft nicht nur das unternehmerische Risiko des Schuldners interessant - Anleihen in Fremdwährung bergen auch das Fremdwährungsrisiko in sich (welches natürlich auch als Chance betrachtet werden kann).
Hier finden Sie übrigens: Neue Corporate Bonds aus Österreich
Erfragen Sie beim Kauf von Unternehmensanleihen unbedingt vorher auch die Depotgebühren Ihrer Wertpapierdepotbank. Diese Kosten drücken naturgemäß auf die Erträge. Bei Bankanleihen (welche ja auch Unternehmensanleihen im weiteren Sinn sind) der Hausbank werden oft keine Depotgebühren bzw. Kaufspesen verrechnet!
Insbesondere in der riskanten Anlageklasse "Crowdinvesting" werden sehr gerne Nachrangdarlehen verwendet - eine dem Corporate Bond nicht unähnliche Anlagevariante. Hier unbedingt einlesen (in der genannten Rubrik), was es hier zu beachten gibt - das Risiko ist in der Regel deutlich höher als bei einem "normalen" Corporate Bond eines etablierten Unternehmens.