Für jemanden der schon lange Jahre seines Lebens mit Wertpapierbegriffen zu tun hat, ist es ob der Selbstverständlichkeit im Umgang mit einigen Begriffen oft sehr schwierig, einfache Dinge simpel (abseits von unverständlichem Geschwafel) zu erklären. Hier ein Versuch der Geldmarie in Sachen Anleihen:
Eine Anleihe ist ein verzinsliches Wertpapier. Dieses Wertpapier verbrieft dem Käufer der Anleihe(n) seitens Anleihenverkäufer (=Emittent) einen Anspruch auf Rückzahlung des entliehenen Betrages zum Nennwert (= zumeist der ausgeliehene Betrag). Für die vorher vereinbarte Laufzeit der Anleihe erhält der Käufer laufend (oder am Ende der Laufzeit) fixe oder variable Zinsen gezahlt. Am Ende der Laufzeit zahlt der Anleiheemittent dem Anleger (=Anleihegläubiger) das gesamte ausgeliehene Kapital zurück (="Tilgung der Anleihe").
Bei Unternehmensanleihen ist der Anleihenkäufer (nicht wie bei Aktien) nicht an der Gesellschaft direkt beteiligt (am Eigenkapital) - es handelt sich bei Anleihen um Fremdkapital.
Anleihen kann man entweder im Rahmen einer sogenannten Emissionsfrist zeichnen (= vor Beginn der Laufzeit kaufen, dies wird auch als Primärmarkt bezeichnet) oder dann während der Laufzeit erwerben (bzw. auch verkaufen).
Dieser spätere Kauf oder Verkauf von Anleihen wird auf sogenannten Sekundärmärkten durchgeführt. Solche Sekundärmarkttransaktionen können entweder über den Sekundärmarkt der lokalen Börse erfolgen oder (was bei Anleihen sehr häufig vorkommt) auch außerbörslich. Banken kaufen z.B. sehr gerne von eigenen Kunden angebotene Anleihen - entweder werden diese in das Bankportfolio eingegliedert oder sie werden gleich an andere Kunden weiterverkauft.
Die Bezeichnung "Anleihe" wird für unterschiedliche Wertpapierkategorien verwendet. Auch wenn man Anleihen grundsätzlich als sicheres Investment sehen kann, gibt es auch im Bereich der Anleihen immer wieder Totalausfälle. Man sollte sich daher ganz genau ansehen, um welche Anleihe es sich da handelt.
Wie man schon an den vorsichtigen Formulierungen a la "recht sicher" ersehen kann: Garantien gibt es nirgends. Auch wenn eine Staatsanleihe der Republik Österreich wohl als sehr sicher bewertet werden kann (die Republik haftet mit ihrem Vermögen dafür) - eine Staatsanleihe einer afrikanischen Republik oder einer Fremdwährungsanleihe (Risiko von Kursschwankungen) birgt da schon einige Risken.
Bei Bankanleihen bzw. Firmenanleihen sollte man dann vielleicht schon etwas genauer hinsehen, wem man sein Geld borgt. Besonders bei marktunüblichen, hohen Zinsen (z.B. 10% wenn alle anderen 5% Zinsen zahlen) sollte man vorsichtig sein...
Darüber hinaus unterscheidet man Anleihen aber auch nach weiteren Kriterien:
Auch wenn die Anlage in Anleihen grundsätzlich keine hochriskante Anlageform ist: Wenn Sie über den Emittenten bzw. die Währung der Anleihe nichts wissen, lassen Sie als Anleihe-Neuling besser die Finger davon. Ansonsten: Prospektmaterial anfordern, Ratings (=Bewertungen von Bewertungsagenturen) ansehen, Experten fragen.
Kurzfristige Anleihen haben zumeist eine Laufzeit von mindestens 4 Jahren (sehr oft bei Banken als Alternative zu Kapitalsparbüchern angeboten). Mittelfristige Investments finden sich von 4 bis 8 Jahren - darüber hinaus spricht man von langfristigen Anleihen. Es kann durchaus sein, dass auch Anleihen mit Laufzeiten von 10,20 oder gar 30 Jahren (oder mehr) angeboten werden.
Beurteilen Sie also vor dem Anleihenkauf Ihren Anlagehorizont gründlich. Auch wenn Sie während der Laufzeit alle halbwegs sicheren Anleihen recht leicht und schnell verkaufen können - es kann auch hier ein Verlust (aber auch ein Gewinn - je nach Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus) resultieren. Ein diesbezügliches Beispiel finden Sie etwas weiter unten.
Wenn Sie Anleihen auf dem Sekundärmarkt kaufen (also schon laufende Anleihen erwerben), kaufen Sie dem Verkäufer auch gleich die laufenden, noch nicht verrechneten Stückzinsen ab. Diese Stückzinsen (abzüglich KESt.) werden Ihrem Kaufpreis hinzugeschlagen - dafür erhalten Sie aber schon bei der nächsten Zinszahlung die vollen Zinsen für das ganze abgelaufene Jahr.
Kauf einer Anleihe im Wert (Nominale) von 1.000 Euro zu 100% Kurs mit 6% Verzinsung nach 6 Monaten Laufzeit: Sie zahlen ca. 1.000 Euro für die Nominale und 30 Euro (abzüglich KESt.) für ein halbes Jahr Zinsen (+ Bankspesen). Nach weiteren 6 Monaten erhalten Sie aber schon die 60 Euro (abzüglich KESt.) für das ganze Jahr Laufzeit gutgeschrieben.
Der Verkäufer erhält seine 1.000 Euro zurück sowie die 30 Euro anteilige Zinsen (minus KESt.) abzüglich Bankspesen.
Fairer Deal, denn es z.B. Dividenden (bei Aktien) so nicht gibt.
Auch Anleihen unterliegen (zumeist) kleineren Kursschwankungen - denn während der Laufzeit der Anleihen verändert sich das Zinsgefüge des Marktes.
Kauft man Anleihen in Hochzinsphasen (z.B. in Form einer Neuemission von Anleihen zum 100% des Nennwertes) und hat sich einen Fixzinssatz über die gesamte Laufzeit gesichert, könnte das den Anleihekurs in die Höhe treiben - hier ein Beispiel:
Sie kaufen eine 10-jährige Staatsanleihe (Republik Österreich) um 1.000 Euro. Zinskupon (Zinszahlung pro Jahr): 5%. Nun fällt aber schon nach einem Jahr Laufzeit der Anleihe das allgemeine Zinsniveau für neue Staatsanleihen auf 4% (aber nicht Ihre Anleihe - die zahlt weiterhin nette 5%).
Jeder würde Ihnen nun gerne Ihre Anleihe um 1.000 Euro abnehmen wollen - denn Sie erhalten ja weiterhin jedes Jahr 50 Euro (minus KESt.) an Zinsen ausbezahlt. Für diesen Vorteil Ihrer Anleihe gegenüber den aktuellen Anleihekonditionen würde ein anderer Anleger (oder eine Bank) schon einmal gut und gerne 1.080 oder 1090 Euro (also 108 oder 109%) locker machen. 1% für jedes der 9 verbleibenden Jahre.
Ob Sie nun der Verlockung erliegen und verkaufen (es könnte ja mit den Zinsen noch weiter nach unten gehen - dann sähe die Sache als Anleihenbesitzer noch besser aus) oder ob Sie weiterhin die guten Zinsen kassieren, bleibt Ihrer Fantasie überlassen.
Auch wenn man im obigem Beispiel 13% oder 14% in einem Jahr gewonnen hätte (5% Zinsen minus KESt. + den Kursgewinn bei Verkauf abzüglich Wertpapiergewinnsteuer) - die Sache kann natürlich auch ganz genauso leicht nach hinten losgehen: Wenn Sie Anleihen mit schlechten Zinsen besitzen, kann deren Kurs während der Laufzeit schon einmal weit unter 100% fallen.
In solchen Fällen gibt es 2 Möglichkeiten: Entweder nervös verkaufen (und Verluste erleiden) und sich mit höher verzinsten Papieren eindecken oder ganz einfach zuwarten, bis sich die Zinsen wieder Ihrer Anleihe anpassen. Je näher der Ablauf der Anleihe kommt, desto näher wird sich eine schlechtverzinste Anleihe auch wieder den 100% nähern.
Anleihen sind zumeist recht sicher - aber nicht immer. Hier noch eine kleine Zusammenstellung von möglichen Risken bei Anleihen:
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