Es begann schon in den 1990er-Jahren: Bankenfusionen von großen Banken in Österreich (z.B. Z und Länderbank zur Bank Austria, später dann auch noch die Creditanstalt dazu) wurde häufiger und da oder dort sperrte auch schon eine unrentable Filiale zu.
In den 1970ern war man noch damit beschäftigt, in Österreich das weltweit dichteste Filial- oder Zweigstellennetz von Banken zu schaffen. An so mancher Kreuzung in den Städten gab es an jeder Ecke eine Bank, in fast allen mittelgroßen Dörfern eine Volksbank, Raiffeisenkasse oder Sparkasse. Expansion war angesagt - koste es, was es wolle.
Mit der beginnenden Automatisation (Bankomaten, Geldausgabeautomaten, Kontoauszugsdrucker, Geldzähler etc.) wurde dann zuerst einiges an Personal in so mancher Filiale überflüssig, dann folgten auch die ersten Schließungen von kleinen (nicht profitablen) Filialen. Trotzdem blieb die Filialdichte in Österreichs Bankenlandschaft nach wie vor sehr hoch.
1997 gründete dann die BAWAG (damals noch ohne PSK) die erste Direktbank Österreichs: Die Easybank (e@sybank). Insbesondere das Gratiskonto war bei der Easybank gut nachgefragt, für die Großbanken war der Kundenverlust aber noch zu verschmerzen.
Trotzdem gingen die Filialfusionen bzw. der (sanfte) Personalabbau im Großbankensektor heiter weiter - so mancher Kunde verlor seinen langjährigen Betreuer und stieg mit der Zeit auch auf das stark aufkommende Internetbanking um.
Die österreichischen Großbanken (Bank Austria, später dann von der Unicredit gekauft, Erste Bank Group, Raiffeisen, Volksbanken) investierten inzwischen kräftig in den ehemaligen Osten - um sich dort nach einigen Jubeljahren ein paar Jahre später oft deftige "Watschn" abzuholen.
Die einst sehr treuen heimischen Bankkunden erlagen inzwischen einer neuen Verlockung: 2004 trat der Ableger der Deutschen ING-DiBa AG, die ING-DiBa Austria in den heimischen Markt für Spareinlagen ein und hatte gleich riesige Erfolge zu feiern.
In wenigen Jahren (und mit Niki Lauda als glaubwürdigen Werbetreibenden - "ich hab' ja nix zu verschenken") konnte die ING den extrem konservativen Sparbuchsparermarkt Österreich kräftig aufmischen und hat dieser Tage schon über eine halbe Million Kunden in Österreich.
Insbesondere beim Tagesgeld (täglich fällige Einlagen) lockte die ING viele Sparbuchsparer an - die Zinsen für ungebundene Spareinlagen waren (und sind) ja auch zumeist höher als wenn man bei der Hausbank ein gebundenes Kapitalsparbuch mit kurzen Laufzeiten machen würde. Vom Eckzinssatzsparbuch bei der Hausbank gar nicht zu reden - da musste man nicht lange überlegen...
Nach anfänglicher Skepsis (die dem konservativem Österreicher eben eigen ist) wuchs die ING-DiBa in Österreich sehr rasch und grub den großen Filialbanken mächtig Spareinlagen ab. Was in Deutschland lange schon ein Renner war, ist plötzlich auch in Österreich gefragt: Tagesgeld und Termingeld (Festgeld) (gebundene Einlagen mit Fixzinsen) wird mittlerweile schon von vielen kleineren Direktbanken angeboten - und der Zustrom von Spareinlagen der Großbanken hält weiter an.
Warum die Direktbanken günstiger arbeiten können, ist leicht erklärt: Ein Filialnetz kostet viel Geld und eine Direktbank ist darüber hinaus auch in Sachen Personal viel sparsamer aufgestellt - ein gut aufgestellter Telefonsupport reicht hier völlig aus, den Rest macht ohnehin der Sparer selbst.
Hier finden Sie Informationen und aktuelle Spar-Angebote bei der ING DiBa
Nicht nur Tagesgeld, Festgeld, Fonds oder Gratiskonto sind bei Direktbanken attraktiv. Auch Kredite bei Direktbanken sind zumeist günstiger als bei Filialbanken.
Kreditvergleich der Geldmarie liegen regelmäßig 2 Direktbanken vorne. Noch haben sich die Direktbanken eher auf Konsumkredite spezialisiert - früher oder später werden sie aber wohl das gesamte Kreditprogramm bearbeiten.
Während in Deutschland längst schon ein Rennen vieler Banken um Kreditnehmer eingesetzt hat, ist Österreich hier noch Entwicklungsland. Marktführer ING DiBa legte bei Internetkrediten zuletzt aber auch in Österreich schon deutlich zu.
Die Großbanken dürfen sich fürchten: Filialschließungen, Personalabbau, flexible Öffnungszeiten bzw. Onlineberatung werden die Themen der nächsten Jahre sein. Die Direktbanken wird's freuen - die sind nämlich schon lange dort, wo die Großbanken hinwollen.
Problematisch könnte diese Entwicklung für ältere Menschen sein (und natürlich auch für betroffenes Bankenpersonal) - wenn die Bankfiliale im Ort schließt, wird die Oma oder der Opa wohl nicht so rasch ins Internet wechseln können... So mancher Bankfiliale droht (mit ein paar Jahren Verspätung) nun auch das Greißlerschicksal...
Für die breite Masse ist der Durchmarsch der Direktbanken hingegen sehr erfreulich: Gute Konditionen sind dadurch gesichert.
Ad hoc-Meldung - März 2013