Stromverbrauch und grenzüberschreitende Stromlastflüsse (Stromimport-Stromexport) haben wir schon im Sommer 2019 Stromverbrauch, Stromimporte und Stromexporte in Österreich, Sommer 2019 , im Herbst 2019 Stromverbrauch, Stromexporte und Stromimporte Österreich, Herbst 2019 sowie auch im Winter 2020 Stromverbrauch, Stromimport, Stromexport - Winter 2020 beschrieben, nun ist der Frühling 2020 im Lande - und es ist natürlich kein normaler Frühling!
Coronabedingt ist der Stromverbrauch in Österreich gegenwärtig um 5-15% niedriger als in Boomzeiten - das bleibt ist auch in der Analyse der Zahlen des 12.5.2020 (ein etwas kühler Frühlingstag) nicht verborgen...
Zwischen 4.800 und 7.400 MW betrug am Wochentag Dienstag (12.5.2020) die Last in den heimischen Netzen. An "normalen" Maitagen ohne Corona-Effekt wären dies wohl 5.000 bis knapp über 8.000 MW gewesen.
Von 0h bis 6h ist der Stromverbrauch in Österreich gering - zwischen 4.800 MW und 5.500 MW wurden seitens APG (siehe Link unten) hier aufgezeichnet. Zwischen 2h und 4h sind die Zahlen besonders niedrig.
Dann erwacht Österreich mehr oder minder und um 8h ist die Last schon auf 7.000 MW angestiegen. Bis 11.45 steigt dann der Verbrauch leicht weiter - um dann mit 7.400 MW das Tageshoch zu erreichen. Das Mittagessen ist somit zumeist gekocht und der Stromverbrauch beginnt dann nach der Mittagsspitze den ganzen Nachmittag leicht zu sinken - bis 17h auf 6.600 MW.
In den späteren Nachmittagsstunden bzw. frühen Abendstunden steht dann wieder oft Gekochtes auf den Tischen, Körperpflege nach dem Job steht am Programm und auch die TV-Geräte werden verstärkt eingeschaltet, sodass es dann wieder ein leichtes Plus auf bis zu 6.900 MW (19h) gab.
Dann flacht der Stromverbrauch wieder etwas ab (22h: 6.150 MW) um nach dem Hauptabendfilm um 22h noch einen kurzen Ausschlag nach oben zu zeigen (6.240 MW). Dann aber geht es konstant runter mit dem Stromverbrauch um schließlich mit rund 5.500 MW aus dem Tag zu gehen.
Der Anteil der Nettostromimporte ist 2019 (ob guter Wasserführung und einem guten Windjahr) erfreulicherweise von 14% auf 5% (=3,1 Mrd. kWh) gesunken - 2020 könnte (baldige bzw. in Folge normale Regenfälle vorausgesetzt) ebenso ein gutes oder sogar besseres Jahr in Sachen "grenzüberschreitende Lastflüsse" (=Import/Export von Strom) werden.
Nachdem der heimische Stromverbrauch 2020 deutlich sinken wird (wie stark, kann man jetzt seriöserweise wohl noch nicht sagen, mindestens 4-5% werden es aber schon werden), sind auch Stromimporte deutlich seltener notwendig. Primär wenn die Flüsse wenig Wasser führen (ist im Sommer, Herbst und Frühwinter ziemlich wahrscheinlich) und auch der Wind auslässt, ist Österreich derzeit Stromimporteur - das kam aber zuletzt eher selten vor.
Natürlich fließt laufend Strom über die Grenzen Österreichs hin und her - im Normalfall von oben (Deutschland und Tschechien) rein und unten (Ungarn, Slowenien, Italien) raus - mit der Schweiz gibt es zumeist eine eher neutrale Bilanz.
Insbesondere die Wetterverhältnisse in Deutschland beeinflussen die Lastflüsse in Österreich deutlich: Weht dort kräftig der Wind und scheint dazu auch noch die Sonne stark, kann sich Österreich unter Tags oft mit billigem Importstrom eindecken - oft wird dieser auch zum Befüllen von Pumpspeicherkraftwerken verwendet. Am 12.5. war bezüglich Sonne ein recht guter Tag in Germanien, der Wind hingegen blies nur durchschnittlich stark.
Daraus resultierten in den ersten Stunden des Tages und in den Morgenstunden (bis 9h) deutliche Stromexporte nach Deutschland, bis 18h (Sonne!) importierte Österreich dann (um ca. 16h bis 2.000 MW) kräftig um am Abend dann wieder zum Stromexporteuer zu werden.
Normalerweise ist die Strombilanz mit Deutschland klar negativ - der 12.5. jedoch erbrachte sogar leichte Exportüberschüsse. Genaue Zahlen gibt es diesbezüglich auf den Seiten der APG (siehe Links).
Insgesamt gesehen war der Dienstag eindeutig ein Exporttag: Von 0 bis 10.30h gab es teils hohe Exporte, in der Morgenspitze (auch viel Strom nach Deutschland!) betrug der Exportsaldo sogar 2.920 MW.
Von 10.45h bis 19h überwogen dann die Stromimporte (billiger Strom aus Deutschland aus den Solaranlagen), um 16h wurde der höchste Stromimport von 1.460 MW erreicht.
Ab 19h überwogen in Österreich dann wieder die Stromexporte, was sich bis Tagesende auch fortsetzen sollte.
Während sich die Import-Export-Bilanz mit Deutschland häufig dreht (zumeist sind es ja Stromimporte), ist die Stromrichtung aus Tschechien ziemlich eindeutig: Auch am 12.5. gab es laufend nur Stromimporte aus den Leitungen, die über Tschechien ins Land führen. Maximal waren dies 1.500 MW (im Winter sind das oft deutlich höhere Werte), zumeist rund um die 1.000 MW.
Die Ungarn sind hingegen zumeist Stromabnehmer - so auch am Dienstag, als durchschnittlich rund 1.000 MW Richtung Balaton & Co. zischten.
Auch Slowenien ist zumeist Importeur von Strom, der aus Österreich kommt: Recht konstante 600 bis 700 MW waren es am 12.5.
Mit Italien gab es am 12.5. nur wenig Stromaustausch - zumeist flossen rund 150 bis 200 MW in den Süden.
Deutlich mehr los ist im Stromaustausch mit der Schweiz: Bis 9h gab es da Importe, bis 17h dann Exporte, dann wieder Importe. In Summe kann man hier eine ziemlich ausgeglichene Bilanz ziehen.
Zusammenfassend: 2020 wird der Stromverbrauch in Österreich (und wohl auch in fast allen anderen Ländern dieser Welt) coronabedingt wohl deutlich sinken. Die Stromimporte könnten auch 2020 recht bescheiden ausfallen - und mit etwas Glück könnte sich sogar eine ziemlich ausgeglichene Import-Export-Bilanz ausgehen. Der Anteil der Erneuerbaren hängt bei uns massiv von der Wasserführung (also von den Niederschlägen und Temperaturen) ab - könnte aber ob weniger Verbrauch und leichtem Ausbau 2020 sogar leicht steigen.
Abschließend ein Gruß an die Preisgestalter bei den Stromanbietern: Es ist zwar nett, dass Ihr gegenwärtig niemanden den Strom abdreht - die Haushalte verbrauchen derzeit aber ob "Home-Office" etc. deutlich mehr Strom und sollten ob der gewaltig gefallenen Großhandelspreise schon längst mit einer Strompreissenkung bedacht werden!
Die Stromerzeugung am 12.5.2020 ist übrigens hier dokumentiert: Stromerzeugung Österreich Frühling 2020
Geldmarie-Linktipps:
Ad hoc-Meldung - Mai 2020