Während in Deutschland und vielen anderen Ländern die sogenannten "Peer-to-Peer-Kredite" (P2P-Kredite) schon boomten, wurde ein entsprechendes Projekt aus Österreich (Bankless Life) nach kurzer Zeit im Jahr 2009 von der FMA (Finanzmarktaufsicht) "abgewürgt" - es war kein Banklizenz vorhanden. Crowdlending in Österreich musste also noch ein wenig warten.
Den nächsten Versuch in Österreich startete im März 2014 Lendico - diesmal mit Bank im Hintergrund, daher auch erfolgreich. Leider aber nicht dauerhaft...
In den letzten Jahren sind die privaten Kredite international stark in Mode gekommen - verstärkt durch die Finanzkrise und der sehr vorsichtigen Kreditvergabe durch die "ofiziellen" Kreditorgane (Banken, Sparkassen, Kreditinstitute) haben sich in vielen Ländern interessante Modelle und Systeme für die private Kreditvermittlung entwickelt.
In England (U.K.) ging bereits 2005 "Zopa" an den Start. 2006 folgte in den USA "Prosper" - 2007 trat in Deutschland "Smava" in die Kreditszene ein (ist nunmehr aber als Vergleichsportal tätig). Sogar die relativ kleine Schweiz (zumindest der Einwohnerzahl nach - keineswegs in Sachen Finanzplatz) hat mit "Cashare" einen eigenen Anbieter von Privat-zu-Privat-Krediten.
In Österreich wurde das 2009 gestartete Projekt "Bankless Life" sehr rasch wieder von der FMA (Finanzmarktaufsicht) vom Netz genommen - die fehlende Bankenlinzenz war die Begründung. Ab 2014 war mit Lendico.at ein (deutsches) P2P-Portal (2013 in Deutschland gestartet) auch in Österreich tätig - das Portal wurde aber relativ rasch wieder vom Netz genommen.
Die Portale stellen in den meisten Fällen nur die technische Abwicklung zur Verfügung und bringen Kreditvermittler, Kreditnehmer und Kreditgeber zusammen.
Die Kredite werden den Kreditnehmern auch oft von einer operativen Bank zur Verfügung gestellt aber dann auch gleich wieder an die privaten Kreditgeber anteilig verkauft.
In den meisten Fällen teilt sich die Kreditsumme in viele kleine Summen auf (z.B. 500 Euro von Kreditgeber A, 250 von Kreditgeber B, 1.000 von Kreditgeber C etc.).
Zuerst muss sich ein Kreditnehmer bewerben und seine Bonität (bzw. seine Sicherheiten) wird überprüft (ähnlich wie bei Bankkrediten). Aus dieser Prüfung resultiert dann eine Bonitätsbewertung, welche auch die Höhe des zu zahlenden Zinssatzes stark beeinflusst.
So wird ein Kreditwilliger ohne Einkommen bzw. Sicherheiten (nur mit vielleicht guten Absichten, das geliehene Geld auch zurückzuzahlen) wohl kaum einen Top-Zinssatz erhalten. Während z.B. Topschuldner (mit viel Sicherheiten) schon um 3% Zinsen viele Anleger finden, könnte der riskante Kreditnehmer auch mit 10% Zinsen keine (oder zu wenige) Geldgeber finden.
Denn der Kreditgeber hat natürlich auch Interesse, dass der Kreditnehmer seine Schulden zurückzahlt - was logischerweise auch bei Peer-to-Peer-Krediten manchmal nicht gelingt. Das Risiko eines Kreditausfalles wird jedoch bei den meisten einschlägigen Kreditportalen sinnvollerweise auf mehrere Kreditgeber aufgeteilt (in einem "Risikoportfolio" zusammengefasst).
Auch wenn man durch diese Risikoaufteilung einigermaßen vor dem Totalausfall seiner Anlage geschützt ist: Sie sollten sich den Kreditnehmer (soweit wie möglich) selbst auch so gut wie möglich ansehen. Auch hier gilt: Nicht von hohen Zinsen locken lassen - wenn Sie z.B. nur 50% Kapitalrückzahlung erhalten, werden Sie sich auch über 10% p.a. (solange diese bezahlt werden) nicht so sehr freuen können...
Ist ein Kreditnehmer mit einer Rückzahlungsrate säumig, wird umgehend gemahnt - und sehr bald an ein Inkassobüro übergeben. Bei manchen Portalen kann man sich (vor Kreditvergabe) übrigens auch ein Bild vom Kreditnehmer machen - auch das könnte (neben dem Verwendungszweck) eine Entscheidungsgrundlage sein. Aber lassen Sie sich nicht von hübschen Buben und Mädels, kleinen lieben Kindern, Hunden etc. täuschen...
Das Procedere ist bei fast allen Anbietern (siehe Links unten) unterschiedlich - zumeist gibt es aber klassische Auktionen: Die privaten Kreditgeber bieten ihr Geld für Kredite - bis die benötigte Kreditsumme finanziert ist. Gibt es zu wenig (oder gar keine) Gebote, muss der Kreditnehmer den gebotenen Zinssatz wohl oder übel noch ein wenig erhöhen - bis er genug Bieter findet.
Nein - solche Kredite sind zumeist keineswegs die günstigsten Kredite am Markt! Es kann aber schon vorkommen, dass (beste Bonität vorausgesetzt) der Peer-to-Peer-Kredit günstiger kommt als das Angebot der Hausbank.
Die Vermittlungsgebühr ist mit einmaligen 1, 2 oder 3% des Kreditbetrages normalerweise nicht exorbitant hoch (wenn auch nicht wirklich supergünstig). Auch der Risikoaufschlag (je nach Bonität) ist oft geringer als die Gewinnspanne der Banken. Ein Vergleich kann sicher nicht schaden.
Der "Privat-zu-Privat-Kredit" ist erst in der Startphase - auch wenn es schon durchaus sinnvolle und etablierte Portale gibt (siehe Linksammlung). Man kann aber davon ausgehen bzw. hoffen, dass sich diese Kreditmärkte weiter etablieren werden und eine interessante Alternative zur klassischen Kreditlandschaft darstellen.
Zuletzt wurden bei den deutschen Peer-to-Peer-Portalen Kreditinstitute mit Vollbanklizenz eingebunden (und rechtlich zwischengeschaltet) - damit wurde den Vorschriften der BaFin (deutsche Bankenaufsicht) Rechnung getragen.
In manchen Ländern ist Geld von österreichischen Kreditgebern durchaus willkommen - fragen Sie einfach individuell bei den unten genannten Portalen an. Gerade im Baltikum (Estland, Lettland, Litauen) boomt das P2P-Geschäft auf vielen Portalen, Anleger aus Österreich sind dort sehr willkommen.
Das Risiko, privater Geldgeber zu sein, ist oft gar nicht so extrem hoch (besonders, wenn dieses auf viele Projekte verteilt wird) - für einen soliden Tipp der Geldmarie ist es aber noch eindeutig zu früh - der Markt muss sich erst entwickeln.
Es wird sich jedoch schon bald weisen, ob diese Internetkredite von Privat für Privat eine höhere Ausfallsrate haben als die konventionellen Kredite.
Auch Unternehmenskredite werden in der p2p-Form schon häufig vergeben - in Deutschland gibt es mit "Funding Circle" (vormals "zencap") sogar ein Spezialportal für Firmenkredite. Aber auch andere Portale sind in Sachen Firmenkredit von Privat schon offen. Zuletzt haben sich international die Finanzierungen von Immobilienkrediten gehäuft.
Die Zinserträge aus P2P-Krediten sind in Österreich im Rahmen der Einkommensteuer zu veranlagen - eine häufige Frage von Geldmarie-Lesern.
Hier trifft somit nicht die Versteuerung mittels KESt. zu - wiewohl dies noch immer bei manchen Finanzämtern oder Steuerberatern noch nicht bekannt ist (weil Zinserträge aus P2P-Krediten dort noch relativ neu sind).
Unsere diesbezüglichen Erkenntnisse zum Thema finden Sie hier: Versteuern Erträge aus Crowdinvesting und P2P-Krediten
Geldmarie-Linktipps: