Mit der wachsenden Verbreitung des Internets entwickelte sich mit dem Crowdfunding eine neue Möglichkeit der Finanzierung von Projekten, Produkten bzw. Ideen. Mittels "Schwarmfinanzierung" ("Crowd" steht hier für eine Menge bzw. Menschenmenge) konnte plötzlich für diverse Finanzierungslücken einfach Geld gesammelt werden.
War Crowdfunding anfangs oft noch als Unterstützung für Projekte gedacht, welche nicht einfach zu Förderern bzw. Sponsoren kamen (Kulturprojekte, Musikbands, karitative Organisationen etc. finanzierten somit oft ihre Planungen), so entwickelte sich daraus immer häufiger eine interessante Finanzierungsmöglichkeit für kleinere Unternehmen:
Start-Ups (z.B. im Internet) bzw. KMU's (Klein- und Mittelbetriebe) haben es oft besonders schwer, einen Kredit zu erhalten. Mittels Internet hat sich mit dem Crowdinvesting auch für Kleinunternehmen eine interessante Finanzierungsmöglichkeit für höheres Eigenkapital ergeben. Neben Beteiligungen am Kapital des Unternehmens (mittels Genussrecht) sind beim Crowdinvesting auch Nachrangdarlehen als Finanzierungsform möglich. Jüngst werden hier gerne auch sogenannte partiarische Nachrangdarlehen als Beteiligungsform/Finanzierungsvariante gewählt.
Gab es früher (wie auch heute noch möglich) sogenannte Business Angels (Kapitalgeber) aufzusuchen oder Banken abzuklappern, so reicht es dieser Tage oft, eine gute Idee zu haben und diese via Geschäftsplan ("Busniness-Plan") zu konkretisieren um damit Investoren anzulocken.
Im Überbegriff "Crowdfunding" sind viele Varianten der Kapitalverwendung möglich. Über ein Portal wird ein Projekt vorgestellt, welches von vielen unterschiedlichen Menschen (der "Crowd") finanziert wird. Zumeist werden hier eher kleinere Beträge gesammelt - die Masse macht dann vielleicht Kasse...
Wieweit diese Geldleistung dann für die Investoren Profit abwirft, definiert der jeweilige Charakter des Fundings: Manchmal dient die Zahlung einfach als Unterstützung (z.B. für Bands, Kulturprojekte, gesellschaftspolitische Organisationen, NGO's etc.) und die Spender erhalten keine oder kleine Gegenleistungen (z.b. Eintrittskarten, kostenlose Downloads etc.).
Dient das Crowdfunding der Anlage bzw. dem Investment, können sich Kleininvestoren -oft schon mit ein paar hundert Euro Investment- an diversen Start-Ups bzw. KMU's beteiligen. In solchen Fällen spricht man dann aber auch primär vom "Crowdinvesting" oder auch vom "Equity based Crowdfunding bzw. Crowdinvesting" (bei Beteiligung am Unternehmen).
Ein bereits bestehendes (aber oft auch ein gerade neu gegründetes) Unternehmen sucht Kapital, stellt die Business-Idee und einen Businessplan zur Ansicht und sucht dann via Internetportal Investoren.
Ist das Projekt für die potenziellen Anleger interessant, wird das gesuchte Kapital recht bald gefunden sein und der Investor ist dann zumeist in Form einer stillen Beteiligung (Genussrecht oder Genussschein beim equity based crowdinvesting) am Unternehmen beteiligt. Aber auch eine Anlage via Darlehen (Nachrangdarlehen) ist via Crowdinvesting möglich - dann hat der Kreditgeber Rechte auf laufende Zinsen bzw. Benefits lt. Vereinbarung und erhält nach der Vertragslaufzeit (idealerweise) seinen Kapitaleinsatz zurück. Seit 2015 sind wurden in Österreich fast nur noch Nachrangdarlehen angeboten - oft auch mit einer Erfolgsbeteiligung (aber keiner Direktbeteiligung am Unternehmen!) gekoppelt.
Werden bei der Beteiligungsvariante früher oder später Gewinne ausgeschüttet bzw. das Unternehmen wird verkauft so haben die Beteiligten dann Rechte auf Ausschüttungen bzw. anteilsmäßigen Anspruch auf den Erlös - dies kann natürlich auch nach einer vereinbarten Laufzeit (nach Unternehmensbewertung) der Fall sein.
Wie hoch dieser jeweilige Anteil für die Investoren ist, wird vertraglich festgelegt. Bei schon länger bestehenden Firmen (die vielleicht sogar schon Gewinne machen) wird dieser anteilig geringer ausfallen als bei ganz neuen Unternehmen, welche erst auf der "grünen Wiese" bauen müssen...
Im Regelfall sichern sich natürlich die Voreigentümer bzw. Vorinvestoren einen Mehrheitsanteil - schließlich möchte man bei Zielerreichung ja auch selbst profitieren und hat auch schon in der Gründungsphase einiges an Arbeit gehabt. Achten Sie aber bei einem Einstieg unbedingt auf den Anteil, der den Crowdinvestoren zur Verfügung steht - damit können Sie sich (anhand Ihrer Beteiligungshöhe im Verhältnis zum Kapitalbedarf beim Crowdfunding) ihren ungefähren Gewinnanteil ausrechnen. Die entsprechenden Sätze sind schon vor einer Beteiligung vertraglich festgeschrieben und können nachgelesen werden.
Die Unternehmensbewertungen im Vorfeld des Crowdfundings können übrigens oft sehr abenteuerlich sein...
Bis jetzt war hier ja nur von Gewinnen die Rede: Es ist natürlich auch ein Totalverlust möglich. Die Wahrscheinlichkeit bei jungen Unternehmen ist diesbezüglich gar nicht so gering - in Crowdinvesting eingesetztes Geld ist absolutes Risikokapital mit hoher spekulativer Komponente. Insbesondere equity based Crowdinvesting an Start-Ups ist sehr riskant - bei schon länger etablierten KMU's sind Nachranganleihen natürlich auch ein Risikoinvestment, jedoch deutlich sicherer als eine Direktbeteiligung.
Wiewohl man zumeist nur kleinere Summen investieren kann - auch hier ist wohl Risikostreuung (in mehrere Projekte und Firmen) sehr zu empfehlen.
Crowdinvesting in jeder Form ist jedenfalls nichts für konservative Anleger. Einerseits sollte man sich die möglichen Chancen einer Idee schon selbst ein wenig vorstellen können, andererseits sollte man sich auch genau in die jeweils zugrundeliegenden Verträge einlesen.
Wie schon oben erklärt, treten in Sachen Crowdfunding oft sehr unterschiedliche Finanzierungen mit unterschiedlichen Risken auf. Wir versuchen folgend, die häufigsten Arten des Crowdfundings kurz zu beschreiben:
Lending-based Crowdfunding: Oft auch "Crowdlending" bezeichnet. Hier erhält der Geldgeber (Investor) in der Regel eine fixe Verzinsung (kann auch durch Erfolgsprämien aufgefettet werden) über eine fixe Laufzeit. Im Normalfall werden hier Nachrangdarlehen verwendet, es gibt aber z.B. auch Crowdlending für Kredite - hier sammelt ein Portal Kapital für eine Kreditvergabe ein. Eine Beteiligung am Unternehmen erfolgt nicht (eine Erfolgsbeteiligung bei Erreichen von Zielen könnte aber dabei sein) - ein Ausfallsrisiko ist aber jedenfalls vorhanden. Seit 2015 werden ist Österreich fast nur noch Finanzierungen via (partiarischen) Nachrangdarlehen angeboten, zumeist gibt es hier aber auch oft eine interessante Exit-Beteiligung (aus einer vereinbarten Unternehmensbewertung am Beteiligungsende).
Eine Art des Lending-based Crowdfundings ist das Impact Loan: Dieses trifft für Unternehmen zu, welche einerseits soziale und/oder ökologische Wertschöpfung anbieten, aber auch finanziell erfolgsorientiert tätig sind und die Investoren wirtschaftlich davon profitieren lassen.
Equity-based Crowdfunding: Oft auch "Crowdinvesting" genannt. Hier beteiligt man sich (im Normalfall in Form eines Genussrechtes) direkt am Unternehmen und erhält dafür im Idealfall Ausschüttungen (Gewinnbeteiligungen) bzw. auch bei Ablöse der Beteiligung einen Anteil am vielleicht gestiegenen Unternehmenswert. Bei vielen Start-Ups müssen Sie aber mit Totalausfällen rechnen! Seit Mitte/Ende 2015 kaum noch angeboten.
Reward-based Crowdfunding: Wie der Name schon verrät: Hier gibt es eine Belohnung (Reward) für den Anleger. Man ist am Unternehmen nicht beteiligt und erhält auch keine Zinsen, erhält für ein bestimmtes Investment (oft gestaffelt) aber eine Gegenleistung wie z.B. ein neues Produkt (den Prototypen, dessen Fertigung man mitfinanziert). Bei Künstlern oft beliebt: Eine CD, eine Einladung zum Konzert, ein "Meet-and-greet" etc.
Donation-based Crowdfunding: Die ursprüngliche Form des Crowdgedankens - die Gemeinschaft legt für ein (nicht gewinnorientiertes) Projekt zusammen, die Einzahlung kommt einer Spende (z.B. für ein Umwelt-, Menschenrechts- oder Sozialprojekt) gleich.
Crowdfunding bzw. Crowdinvesting sind in Österreich noch relativ neu:
Seit 2010 gibt es Respekt.net (siehe Linktipps) - eine Plattform für gesellschaftspolitisches Engagement. Mehrere Hunderttausend Euro wurden in den ersten Jahren an diverse semipolitische und karitative Projekte gespendet und schon viele Projekte konnten damit realisiert werden.
In Deutschland (auch in Österreich tätig) ist Startnext seit 2010 dick im Geschäft und hat schon unzählige Crowdfundingprojekte erfolgreich finanziert. Mit März 2015 gibt es auch Verstärkung aus der Schweiz: wemakeit (bedeutet: "we make it") ist die größte Schweizer Crowdfunding-Plattform und "fundet" nun auch in Österreich.
Seit Anfang 2013 gibt es das erste österreichische Crowdinvesting-Portal: 1000x1000.at ist im Besitz der Neurovation GmbH, welche auch gleich das erste (ausfinanzierte) Projekt der Finanzierungsplattform war.
Im März 2013 startete die Crowdinvesting-Plattform CONDA mit dem ersten Projekt, im Oktober des selben Jahres legte Green Rocket gleich einen tollen Start hin und Regionalfunding.at ging online. Im März 2014 folgte mit crowd capital die Crowdinvestingplattform Nummer 5, diese ist aber seit Anfang 2017 nicht mehr tätig.
Ausschließlich Crowdinvesting mittels "nachrangigen Darlehen" betreibt seit Juni 2014 (also die Nummer 6) dasErtragReich. Nummer 7 in Sachen "klassisches Online-Crowdinvesting" war dann im Februar 2016 dagobertinvest, etwa zur gleichen Zeit startete auch RENDITY (ab Herbst 2015 im Testlauf) mit Crowdinvesting in Immobilien. Es folgte fast zeitgleich Evercrowd und im Sommer 2016 der nächste Immobilien-Schwarmfinanzierer IMMOFUNDING.
Mittels Nachrangdarlehen agiert auch das Immobilien-Crowdfunding-Projekt "HOME ROCKET" - wie der Name schon verrät, ein Ableger von GREEN ROCKET. Mehr zum Thema hier: Crowdinvesting in Immobilien
Im September 2016 bekamen "GREEN ROCKET" und "HOME ROCKET" dann noch ein Geschwisterchen: "LION ROCKET" (für bereits etwas etablierte KMU's) ging an den Start. Gleichfalls im September losgelegt hat firstcap.eu (mittlerweile inaktiv) der Boom von Crowdinvesting in Österreich ist schon fast beängstigend...
Ein komplett neues Thema brachte dann im Herbst "Crowd4Climate" (später "Klimja") an den Start: Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländer unterstützen und dafür sogar Zinsen bekommen: Crowd4Climate - Klimja
2017 ging dann crowd capital offline, dafür startete im März mit REVAL der nächste Anbieter von Immobiliencrowdinvesting.
Auch in den Folgejahren zeigten sich neue Anbieter - aber auch eine Marktbereinigung: So manches Portal stellte den Betrieb ein oder es tat sich nichts mehr, die 3 größten Anbieter blieben jedenfalls Jahr für Jahr (bis 2023, da tauchte dann die Immokrise auf) auf Rekordkurs.
Per Stichtag 1.9.2015 wurde die Grenze für Crowdinvesting/Crowdfunding auf 5 Mio. Euro erhöht (erst dann wäre ein voller Kapitalmarktprospekt vonnöten). von 1,5 (2,0 ab Mitte 2018) bis 5 Mio. Euro gilt die "Prospektpflicht light" (ein vereinfachter Prospekt), bis 1,5 Mio. Euro (ab Mitte 2018: 2 Mio.) reicht ein Informationsblatt lt. WKO-Vorlage.
Pro Projekt und pro Anleger dürfen laut Alternativfinanzierungsgesetz ("Crowdfunding-Gesetz") maximal 5.000 Euro pro Jahr investiert werden. Hat der Anleger ein monatliches Einkommen von über 2.500 Euro netto, kann er auch das zweifache Monatsnetto (bei 4.000 Euro Netto wären das dann 8.000 Euro Grenze) pro Jahr investieren. Auch Investments von max. 10% des Nettovermögens sind zugelassen - in beiden Fällen bestätigt der Anleger der Plattform diese Ausnahmen ohne Nachweispflicht.
Von den Grenzen ausgenommen sind professionelle Anleger sowie juristische Personen, die keine Verbraucher lt. Konsumentenschutzgesetz sind.
2018 wurde das Alternativfinanzierungsgesetzt nochmals leicht angepasst: Nunmehr ist es nicht nur kleinen oder mittelgroßen Unternehmen (KMU) erlaubt, die Crowd zu bemühen, auch größere Unternehmen dürfen sich mittels Schwarmfinanzierung Geld holen. Von 100.000 Euro bis 250.000 Euro Finanzierungsvolumen gibt es keine Vorschriften in Sachen Informationsblatt, von 2 bis 5 Mio. Euro ist ein vereinfachter Kapitalmarktprospekt vorgeschrieben.
Man darf sehr gespannt sein, wie es mit Crowdfunding und Crowdinvesting in Österreich weitergeht - die Geldmarie hat hier schon testweise ein paar Euro investiert und hält Sie im News-Bereich bzw. in der Crowdinvesting-Rubrik immer auf dem Laufenden.
Ein Erfolg wäre dem Crowdfunding jedenfalls zu wünschen - die Investitionsbereitschaft in Risikokapital ist in Österreich nämlich bisweilen eher erbärmlich gering...
Aktuelle Crowdinvestingprojekte aus Österreich finden Sie immer unter: Crowdinvesting Österreich
Nachdem die Zinsen bzw. Kapitalerträge, Bonuszahlungen, Wertsteigerungen, Verkaufsgewinne etc. beim Crowdinvesting im Regelfall nicht direkt vom finanzierten Unternehmen besteuert werden, hat dies der Crowdinvestor zu erledigen.
Unter Versteuern Erträge aus Crowdinvesting und P2P-Krediten haben wir versucht, die gar nicht so einfachen Regelungen zur Besteuerung zu erläutern.
Geldmarie-Linktipps: