Die vorzeitige Kündigung (vor Laufzeitende) einer Kapitalversicherung (Lebensversicherung, Pensionsversicherung, Fondsversicherung etc.) durch den Versicherungsnehmer bezeichnet man als Rückkauf. Diese Bezeichnung ist etwas irreführend - schließlich hat der Versicherungsnehmer ja nichts verkauft, dass er zurückkaufen möchte. Er möchte zumeist nur seine eingezahlten Prämien zurück. Und genau dieser Anspruch ist beim Rückkauf oft schon zu hoch. Denn:
Der Rückkauf einer Kapitalversicherung sollte wirklich nur vorgenommen werden, wenn es keine andere Alternativen (siehe unten) dazu gibt.
Kapitalbildende Versicherungen werden auf längere Sicht abgeschlossen (zumeist von 10 bis 45 Jahren Laufzeit). Da kann sich während der Laufzeit dieser Versicherung punkto Lebensplanung und finanzieller Lage schon einiges ändern.
Und doch sollte man beim Abschluss von Kapitalversicherungen immer bedenken: Zumindest das bereits in die Polizze einbezahlte Kapital sollte man über die gesamte Laufzeit des Vertrages nicht antasten müssen. Denn ein Rückkauf hat zumeist sehr negative Folgen und ist mit sehr hohen Kosten verbunden. Kapitalversicherungen kommen aufgrund der hohen Abschlusskosten nämlich erst nach vielen Jahren so richtig in die Gewinnzone (im Vergleich mit anderen Sparvarianten).
Bei Abschluss einer Kapitalversicherung erhält man eine Versicherungspolizze mit Versicherungsbedingungen. Die zukünftigen Rückkaufswerte werden in der Polizze mittels Tabelle (pro Jahr) dargestellt. Zu diesen Rückkaufswerten werden noch etwaige (bis dahin angefallene) Gewinnanteile addiert.
Ausnahme Fondsversicherung: Nachdem hier zumeist keine konstante und wertgesicherte Veranlagung erfolgt, richtet sich der jeweilige Rückkaufswert nach dem Fondswert zum Rückkaufstag, dem noch ein fix vereinbarter Abschlag (lt. Polizze, meistens 1-5%) abgezogen wird. Rückkäufe in den ersten Jahren der Laufzeit sind aber auch hier mit starken Fixkosten (z.B. Abschlusskosten) verbunden.
Vertraglich ist ein Rückkauf oft erst nach 1-3 Jahren nach Versicherungsbeginn möglich - und zwar mit einer Kündigungsfrist von zumindest 3 Monaten. Oft ist dies nicht nur zur nächsten Prämienhauptfälligkeit (= zumeist Folgejahr auf den Versicherungsbeginn) sondern auch unter dem Versicherungsjahr möglich. Die Prämien müssen jedoch bis zum möglichen Rückkauftermin weiter bezahlt werden (unterjährige Zahlungsweise) bzw. bezahlt sein (bei jährlicher Zahlung).
Wenn man das Geld äußerst dringend braucht und keine unten genannten Alternativen in Frage kommen, sollte man unbedingt das Gespräch mit der Versicherung suchen und um eine vorzeitige Vertragsauflösung ersuchen - dies sollte für Stammkunden durchaus flexibel möglich sein.
So keine Rechte Dritter (z.B. könnte die Versicherung abgetreten worden sein) bestehen, kann man gegen Vorlage der Originalpolizze und Unterschrift auf einem Rückkaufsantrag (ist nicht formgebunden) den Vertrag zum nächstmöglichen Rückkaufstermin (zumeist der Monatserste in 3 Monaten) rückkaufen. Die Angabe einer Kontonummer/IBAN für die Überweisung des Guthabens ist hier erforderlich - der Betrag langt dann ein paar Werktage nach dem vereinbarten Monatsersten ein.
Achtung: Sollte der Vertrag nicht prämienfrei gestellt worden sein, zahlt man bis zu diesem Datum weiterhin die Folgeprämien ein - diese werden im Rückkaufswert auch berücksichtigt.
Der Rückkauf ist oft eine kleine (finanzielle) Katastrophe!
Denn in den meisten Fällen werden Sie wesentlich weniger Geld aus der Polizze erhalten, als Sie einbezahlt haben. Nur bei ganz neuen Verträgen ist beim Rückkauf zumindest die eingezahlte Prämiensumme garantiert - diese Verträge sind aber kaum noch im Umlauf.
Besonders bei Rückkauf in den ersten Jahren einer Kapitalversicherung ist die Kostenbelastung enorm hoch. In die Gewinnzone kommen die meisten Versicherungen nämlich erst viel später. In den ersten Jahren werden sämtliche Kosten der Vertragserrichtung abgezogen: Provision für den Vermittler, Kosten für die Versicherung, die auf alle laufenden Beiträge zu bezahlende Versicherungssteuer (4% bei Kapitalversicherungen), KESt auf Erträge bei Nichteinhaltung der 10-Jahres-Grenze u.a. machen es nahezu unmöglich, dass der Rückkauf einer solchen Versicherung nicht mit einer kräftigen "finanziellen Watschn" einhergeht.
Dabei wurde erst per 1.1.2007 das Versicherungsvertragsgesetz etwas zugunsten der Versicherungsnehmer geändert: Die Abschlusskosten wurden bis dahin umgehend im ersten Jahr (bzw. im Folgejahr, wenn höher als die erste Jahresprämie) dem Vertrag angelastet. Die Folge: Von der ersten Jahresprämie blieb zumeist überhaupt nichts mehr übrigen - im Folgejahr dann wenig bis gar nichts.
Nunmehr gibt es eine gesetztliche Regelung über einen Mindestrückkaufswert für Neuverträge und die Abschlusskosten werden auf 5 Jahre anteilsmäßig verteilt (auch der Abschließende erhält die Provisionen verteilt). Manche Versicherungen haben ab 2014 Kapitalversicherungen allerdings auch ganz neu kalkuliert - hier werden die Abschlusskosten auf die Gesamtlaufzeit verteilt und oft werden zumindest die eingezahlten Nettoprämien rückerstattet.
Sollten Sie mit den Rückkaufsummen bei älteren Verträgen (z.B. Abschluss zwischen 1994 und 2006) nicht einverstanden sein, wenden Sie sich diesbezüglich an eine Konsumentenschutzorganisation (z.B. VKI, Link unten) - vielleicht bestehen hier noch Möglichkeiten, mehr rauszuholen.
Eine weitere negative Auswirkung beim Rückkauf: Wenn Sie die Prämien bisweilen im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung bzw. Einkommensteuererklärung steuermindernd abgesetzt haben, erfolgt eine Meldung an das Finanzamt. Eine Nachversteuerung wäre in der Regel die Folge.
Sollten Sie Verträge zugunsten eines Kreditgebers abgetreten oder verpfändet haben, ist ein Rückkauf nur nach Zustimmung des Vinkulargläubigers möglich.
Ein Rückkauf von Versicherungen sollte wirklich nur im Extremfall erfolgen - es wäre schade, eine prinzipiell gut gewählte Veranlagung zu "zerstören". Eine Unzahl von Verträgen wird aus reinem Unwissen über mögliche Alternativen rückgekauft. Hier finden Sie einige Möglichkeiten:
Die beste Versicherung gegen Rückkauf ist jedoch eine gediegene Beratung durch einen qualifizierten Versicherungsberater sowie eine sorgfältig überlegte Kaufentscheidung beim Versicherungsnehmer. In der Praxis sind Kunden oft einfach mit der ursprünglich gewählten Prämienhöhe überfordert.
Auch wenn Einzelverträge mit kleineren Beträgen höhere Stückkosten haben: Sie erlauben dem Versicherungsnehmer mehr Flexibilität in den zukünftigen Lebenslagen. Ein 20-jähriger Single, der 300 Euro pro Monat auf einen Vertrag mit einer Laufzeit von 45 Jahren einzahlt, wird diesen wohl nur selten auch "durchhalten". Wenn man in solchen (und ähnlichen) Fällen mehrere kleine Verträge (=kleinere Beträge) mit unterschiedlichen Laufzeiten und unterschiedlichen Produkten macht, kann der Versicherungsnehmer im Notfall viel flexibler agieren.
Darüber hinaus sei gesagt, dass es keine Pflicht ist, NUR mit Versicherungsprodukten vorzusorgen! Vorsorge und Sparen mit Versicherungen ist nämlich zumeist nur dann einigermaßen lukrativ, wenn man die eigenen Verpflichtungen (=Prämienzahlung) auch über die vereinbarte Laufzeit einhält.